Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → FINANZEN


INTERNATIONAL/099: Schweizer Nationalrat gefährdet Demokratie durch Privatisierung des Frankens (Pressenza)


Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin

Schweizer Nationalrat gefährdet Demokratie durch Privatisierung des Frankens

Pressemitteilung der Vollgeld-Initiative [1] vom 15. Dezember 2017


Bern - 15.12.2017. Mit der Ablehnung der Vollgeld-Initiative stellt der Nationalrat das Geldherstellungs-Privileg von UBS, CS und anderen Geschäftsbanken höher als die Souveränität der Demokratie. Der Zusammenbruch der UBS 2008 und die systemische Instabilität des Finanzsystems scheinen im Parlament vergessen zu sein.

Dr. oec. Reinhold Harringer, Sprecher des Initiativkomitees der Vollgeld-Initiative, erklärt: "Das Geld- und Währungswesen ist Sache des Bundes, so steht es in Art. 99 der Bundesverfassung. Trotzdem hat sich der Nationalrat grossmehrheitlich für ein weiteres Voranschreiten der Privatisierung elektronischer Schweizer Franken durch Banken und Fintech-Firmen ausgesprochen, dabei besteht die Geldmenge bereits zu 90 Prozent aus Bankengeld. Die Ablehnung der Vollgeld-Initiative ignoriert den Volkswillen und die Verfassung. Dabei besteht gerade im Hinblick auf die Entstehung einer neuen Geldart - dem digitalen Geld (Krypto-Währungen) - dringender Handlungsbedarf."


Alternative Fakten, verbreitet im Nationalrat

In der Nationalratsdebatte kursierten viele alternative Fakten und falsche Behauptungen über die Vollgeld-Initiative. Sogar Bundesrat Ueli Maurer beschwor den vermeintlichen Untergang der Schweiz herauf - Nebenschauplätze wurden breit bewirtschaftet. Das Hochrisiko-Experiment findet allerdings heute mit Negativzinsen und enormer Geldflut statt. Auf die wichtigen Grundsatzfragen, die die Vollgeld-Initiative stellt, wurde nur vereinzelt kaum eingegangen. Entgegen der vorgebrachten Behauptungen existieren zahlreiche Studien, welche belegen, dass eine Umstellung schrittweise und planbar vollzogen werden kann.


Wer soll Schweizer Franken herstellen?

Die Vollgeld-Initiative fragt die Stimmbürger: Wer soll unsere Schweizer Franken herstellen - die Nationalbank oder die UBS, CS und die anderen Geschäftsbanken? Der Nationalrat hat sich mehrheitlich entschieden, dass er die von Banken vorangetriebene Privatisierung des Schweizer Frankens nicht in die Schranken weisen will. Das Zahlungsmittel in Schweizer Franken besteht heute zu 90 Prozent aus der privaten Währung der Geschäftsbanken (Buchgeld, Giralgeld).


Bankengeld ist nur ein Gutschein

Dieses elektronische Geld auf den Konten der Kunden entspricht de facto bloss einem Gutschein auf echte Schweizer Franken, also auf Bargeld. Das elektronische Geld ist aber keine gesetzliche Währung. Dieser Fakt und die vielen Probleme, die daraus entstehen, wurden in der Nationalratsdebatte nicht erwähnt. Neben der Kreditvergabe können die Banken mit selbst hergestellten Geld auch Wertschriften, Aktien, Gold oder Immobilien kaufen. Die eigenmächtige Geldschöpfung der Banken begünstigt Finanzblasen, Wirtschaftskrisen, führt zu systemischer Verschuldung und unsicheren Konten.


Geldschöpfende Banken regieren die Schweiz

Raffael Wüthrich vom Kampagnen-Team der Vollgeld-Initiative: "Die Mehrheit des Nationalrats beweist mit dieser Entscheidung, dass er die Abhängigkeit des Staates, der Demokratie und der Realwirtschaft von der Geldschöpfung der privaten Geschäftsbanken aufrecht erhalten will. Diese Entscheidung ist nicht im Interesse der Bevölkerung." Die Vollgeld-Initiative sei eine Chance für die Schweiz, die Übermacht der Finanzwirtschaft zu verringern.

Der Präsident der Vollgeld-Initiative, Hansruedi Weber, erläutert: "Das grundsätzliche Problem ist, dass das privat hergestellte Buchgeld der Banken die Souveränität der Schweiz untergräbt. Denn ohne monetäre Souveränität gibt es keine unabhängige, demokratische Souveränität. Die demokratische Kontrolle der Geldschöpfung bedeutet monetäre Souveränität und ohne demokratische Kontrolle des Geldes gibt es keine Demokratie. Obwohl diese Tatsache insbesondere unsere Volksvertreter aufschrecken sollte, wurde sie im Nationalrat nicht mal thematisiert."


Verschuldungsproblematik nicht erwähnenswert

Wenn im heutigen System die Geldmenge steigen soll, so muss einer der Wirtschaftsteilnehmer bereit sein, sich zu verschulden und darauf Zinsen zu bezahlen - denn anders kann Geld heute nicht entstehen. Mit dem Vollgeld-System würde es möglich, dass die Geldmenge erhöht werden kann, ohne dass gleichzeitig die Schulden mitsteigen müssen. Diese grosse Chance, um den Staat zu entschulden und die Allgemeinheit zu entlasten, wurde im Nationalrat kaum zur Kenntnis genommen.


Anmerkung:
[1] https://www.vollgeld-initiative.ch


Der Text steht unter der Lizenz Creative Commons 4.0
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

*

Quelle:
Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin
Johanna Heuveling
E-Mail: johanna.heuveling@pressenza.com
Internet: www.pressenza.com/de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Dezember 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang