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PROPAGANDA/1379: Israel feilt an seinen Imageproblemen im Ausland (SB)



Staatsbürger Israels, die ins Ausland reisen, sollen künftig als Botschafter ihres Landes dessen Ansehen in der Welt von Grund auf verbessern. Dies sieht eine Propagandaoffensive der israelischen Regierung vor, die um ihr Image fürchtend möglichst viele Landsleute schulen möchte, damit sie im persönlichen Gespräch mit Ausländern das Bild des Staates Israel aktiv und positiv prägen. Benjamin Netanjahus Minister für öffentliche Diplomatie und die Diaspora, Yuli Edelstein, hat dafür ein Konzept entwickelt, das politische Minenfelder komplett ausklammert und sich auf alltägliche Sichtweisen von Land und Leuten beschränkt.

Dotiert mit rund 1,5 Millionen Dollar soll das Programm Besucher von Sportveranstaltungen, Symposien, Konferenzen und Geschäftstreffen in anderen Ländern darauf vorbereiten, Vorurteile zu entkräften, positive Einschätzungen zu fördern und einen guten Eindruck zu hinterlassen. In bislang 70 Workshops lernen die Teilnehmer, wie man moderat auftritt, anderen zuhört und seine Argumente unaufdringlich vorträgt. Da Israelis in manchen anderen Kulturen als laut, arrogant und fahrig wahrgenommen würden, gilt es Edelstein zufolge, weder zu streiten, noch zu schreien, sondern den Gesprächspartner durch Gelassenheit und zurückhaltende Umgangsformen für sich einzunehmen.

Zugleich werden im Rahmen des Projekts "Israel erklären" Fernsehspots ausgestrahlt, die Vorurteile hinsichtlich Israels im Ausland bis an den Rand der Komik überzeichnen. Zu sehen ist beispielsweise ein imitierter britischer Reporter, der das Kamel als typisches israelisches Verkehrsmittel bezeichnet. Auf der Internetseite des Projekts berichtet ein fiktiver Spanier, die Israelis müßten immer grillen, weil sie keine Küche hätten, während ein vorgeblicher Franzose warnt, in allen israelischen Städten explodierten ständig Bomben auf der Straße. Abschließend wird der Zuschauer gefragt, ob ihm nicht auch dieses Bild Israels zum Hals heraushängt und er deshalb nicht dazu beitragen wolle, es zu verändern.

So harmlos und ins Absurde übertrieben muten diese Videoclips an, daß man sich fast schon automatisch fragt, was auf diesem Wege verschleiert werden soll. Wesentlich deutlicher und weitaus näher an realen Sichtweisen und Imageproblemen angesiedelt war eine Propagandakampagne des israelischen Außenministeriums im Jahr 2008. Wie mehrere in Auftrag gegebene Studien gezeigt hatten, denkt der Durchschnittsbürger westlicher Länder bei Israel nicht wie erhofft an freundliche Gesichter und sonnige Strände, sondern an Stacheldraht und rollende Panzer.

Hat man aus den damaligen Erfahrungen den Schluß gezogen, man sei besser bedient, heiße Eisen erst gar nicht anzufassen? Der Christian Science Monitor (22.02.10) zitiert Edelstein mit den Worten, er verlange von seinen Landsleuten nicht, alle Beschlüsse der Vereinten Nationen zu kennen oder die Politik der Regierung Netanjahu zu erklären. Was ihm Sorgen bereite, sei das verzerrte Bild Israels bei Durchschnittsbürgern im Ausland. In diesem Klima blühe der Antisemitismus auf, so der Minister. Israelische Redner könnten auf dem Universitätscampus nicht auftreten, ohne drangsaliert und ausgebuht zu werden. Ja es würden sogar furchtbare Lügen verbreitet wie jene, Israel habe sein Medizinerteam nach Haiti geschickt, um dort Organe zu ernten.

Nach dem Massaker im Gazastreifen, der Aufrechterhaltung der Blockade, der Diskreditierung des Goldstone-Berichts, der Erniedrigung des türkischen Botschafters oder jüngst der mutmaßlichen Verantwortung für die Ermordung eines Hamas-Führers in Dubai hat die israelische Führung zweifellos enormen Bedarf, das Ansehen des Landes in den Augen ausländischer Durchschnittsbürger aufzupolieren, die andernfalls ihren Regierungen die Gefolgschaft bei der bedingungslosen Unterstützung israelischer Regierungspolitik verweigern könnten.

Glaubt man jedoch allen Ernstes, auf diese Weise Freunde in aller Welt zu gewinnen, die vor fröhlichem Strandleben und anderen Urlaubsklischees den Stacheldraht und die Panzer vergessen? Soll die Keule des Antisemitisvorwurfs jegliche Kritik im Keim ersticken? Ist es besser für Israel, wenn seine Bürger die UNO-Beschlüsse nicht kennen und gar nicht erst versuchen, die Politik ihrer Regierung zu verstehen?

27. Februar 2010