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REPRESSION/1526: Der lange Schatten des KPD-Verbotes (SB)



Der Gründungskonsens der Bundesrepublik war antinazistisch, die regierungspolitische Praxis eine andere. Nur so konnte es geschehen, daß der dem Schwur des Niemals Wieder zugedachte Grundgesetzartikel Art. 21 Abs. 2, der ein antidemokratisches Parteiverbot möglich machte, nur sieben Jahre nach Konstitution der BRD zur Kriminalisierung der linken klassenkämpferischen Opposition eingesetzt wurde. Bis heute zieht sich die widersprüchliche Spur von verfassungsrechtlichem Anspruch und realpolitischer Wirklichkeit durch die Geschichte der BRD. Jüngste Initiativen zur Verschärfung der Inneren Sicherheit knüpfen nahtlos an den antikommunistischen Furor, mit dem die Bundesrepublik ihren Teil der Aufgaben als Fronstaat im Kalten Krieg erfüllte. Zwischen Extremismusdoktrin und Totalitarismustheorie marschiert eine neue Rechte auf, der die radikale wie sozialdemokratische Linke immer weniger entgegenzustellen hat. Die Geschichte des Verbotes der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), die sich in der BRD nach ihrer tödlichen Verfolgung in der NS-Zeit ganze sieben Jahre lang legal betätigen durfte, wirft ein bezeichnendes Licht auf diese Entwicklung.

Restauration für alte Kameraden und Volksgenossen

Als eines der ersten Gesetze der Bundesrepublik wurde am 13. Dezember 1949 mit Zustimmung des gesamten Bundestags gegen Widerstand der Alliierten das Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit beschlossen, das am 31. Dezember 1949 in Kraft trat. Das in nur drei Monaten verfaßte und durch die Legislative gejagte Gesetz amnestierte alle Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr und Geldstrafen bis zu 5000 Mark. Da die Strafen für die Masse der NS-Täter selbst bei Körperverletzung mit Todesfolge durch Richter, die meist selbst loyal zum NS-Staat gestanden hatten, diese Schwelle nicht überschritt, war damit der Großteil der Menschen, die sich etwa an Pogromen gegen Juden beteiligt, an ihrem Eigentum bereichert oder Gegner des Systems denunziert hatten, rehabilitiert.

1948 entstammten in Bayern den US-Alliierten zufolge 60 Prozent der Richter und 75 Prozent der Staatsanwälte der NS- Justiz, und im Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf hatten zu dieser Zeit 24 von 36 Oberlandesgerichtsräten, 14 von 24 Landesgerichtsdirektoren, 51 von 60 Landgerichtsräten und 124 von 153 Amtsgerichtsräten bereits unter Hitler Dienst getan. NS-Juristen wurden generell als Beamte betrachtet, die nach Gesetzbuch und Gewissen nur ihre Pflicht erfüllt hatten. Von den Richtern und Staatsanwälten des Freislerschen Volksgerichtshofes wurde keiner rechtskräftig verurteilt, und Marinerichter Filbinger wurde als Ministerpräsident zum Symbol auch durch fragwürdige Todesurteile nicht zu trübender Karrierechancen.

In den Frühzeiten der Bundesrepublik war man sich weitgehend darüber einig, daß die Opfer des verlorenen Krieges nicht etwa die von Wehrmacht und SS getöteten Menschen überall in Europa waren, sondern die "Entnazifizierungsgeschädigten" und anderweitigen von politischer Säuberung Betroffenen. Dem formal gegen den NS-Staat gerichteten Gründungskonsens der Bundesrepublik entsprach man durch die Rehabilitierung all jener, die von ihrer belasteten Vergangenheit Abstand nahmen. Die Integration vieler Funktionsträger des NS-Staates und der Wehrmacht in die sich wieder in Frontstellung befindliche Bundesrepublik sollte möglichst glatt vonstatten gehen.

1951 amnestierte US-Hochkommissar John McCloy unter erheblichem Druck der Bundesregierung alle Urteile der Nürnberger Nachfolgeprozesse mit Strafen unter 15 Jahren. Von 142 Verurteilten sprach McCloy 77 frei, darunter alle noch in Haft befindlichen Industriellen, zudem wurden die Strafmaße herabgesetzt, so daß 1958 die letzten, eigentlich lebenslänglich Verurteilten freikamen. Auch die Kirchen setzten sich tatkräftig für in Militärgerichtsverfahren angeblich zu Unrecht verurteilte Soldaten ein. So wurden aus Kriegsverbrechern bald "sogenannte" Kriegsverbrecher und schließlich "Kriegsverurteilte". Diese wurden 1954 in einem unisono vom Bundestag verabschiedeten zweiten Amnestiegesetz rehabilitiert, das vom FDP-Abgeordneten Ernst Achenbach vorgelegt worden war, in dessen Essener Kanzlei Werner Best, ehemaliger Reichsbevollmächtigter für Dänemark und hochrangiges Mitglied des Reichssicherheitshauptamtes, selbst Hand an den Text gelegt hatte.

Als am 8. Mai 1960 die in der NS-Zeit begangenen Totschlagsdelikte verjährten, hatte die SPD zuvor einen Gesetzesentwurf für die Verlängerung der Verfolgbarkeit dieser Verbrechen vorgelegt. Er war von der Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP unter Verweis auf das Rückwirkungsverbot nach Artikel 103 Grundgesetz abgelehnt worden - das damals geltend gemachte Argument einer Respektierung der Rechtsgrundlagen fand bei den Strafverfahren gegen Funktionäre der DDR kein Gehör mehr. Als es im März 1965 zu einer zweiten Verjährungsdebatte, dieses Mal wegen der damals nach 20 Jahren verjährenden Strafbarkeit von Mord, im Bundestag kam, sprach sich der FDP-Abgeordnete Thomas Dehler, der als Bundesjustizminister bis 1953 wesentlich an der ersten NS-Amnestieregelung beteiligt war, unter Verweis auf die unbedingte Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit gegen die Aussetzung der fristgemäßen Verjährung aus:

Was können wir tun, um im Einklang mit der Stimmung, mit dem Willen der Welt zu sein? Wollen wir mit ihr hassen, verfluchen, Schuld und Sühne verewigen, können wir dadurch Schaden von unserem Volke wenden? Nein, wir können ihn nur schlicht und fest unseren Willen zum Recht dartun. Ein Mehr gibt es nicht. Und zum Rechte, zu unserem Rechte gehört auch, daß Schuld, daß jede Schuld verjährt. Auch das gehört zu den Erfahrungen meines Lebens, daß der Mangel an Recht, der Mangel an Rechtstaatlichkeit Schaden bringt. Der Weg zum Staat des Unrechtes ist gebahnt worden dadurch, daß der Wille zur unbedingten Rechtsstaatlichkeit nicht lebendig genug war.

Diese Rechtsstaatlichkeit bestand auch darin, daß Urteile von NS-Gerichten weiterhin Gültigkeit behielten und daß Berufs- und Parteiverbote gegen links erlassen wurden. Das Verbot der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), das am 17. August 1956 durch das Bundesverfassungsgericht verhängt wurde, hat bis heute formalrechtlich Bestand. Bislang stießen alle Initiativen zu seiner Aufhebung ins Leere, obwohl auch bürgerliche Politiker inzwischen eingestehen, daß die politische Justiz dieser Zeit eine Waffe im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion war. So wurde die Opposition gegen die Remilitarisierung, Atombewaffnung und andere Staatsaktionen der restaurativen Adenauer-Ära unter dem Mantel der Rechtsstaatlichkeit unter vielfacher Beteiligung ehemaliger NS-Juristen kriminalisiert und mundtot gemacht. Vielen Kommunisten, die gegen Hitler Widerstand geleistet hatten, wurden die Wiedergutmachungsrenten aberkannt, die ihnen wegen erlittener KZ- und Zuchthaushaft zustanden.

Schon vor dem KPD-Verbot von 1956 waren an die 10.000 Verfahren gegen Mitglieder der KPD und der bereits 1951 verbotenen FDJ sowie linke Antimilitaristen mit dem Resultat von bis zu 3000 Verurteilungen eingeleitet worden. Nach dem Verbotsurteil sollen in 150.000 Fällen Ermittlungen gegen KPD-Mitglieder aufgenommen worden sein, die in über 4000 Verurteilungen resultierten. Es kam häufig zu Haftstrafen sowie dem Entzug der Rentenansprüche von den Nazis verfolgter Oppositioneller, was für diese besonders bitter war, da sie aufgrund langer Aufenthalte in Zuchthaus und KZ häufig schwere körperliche Schäden hatten und nicht arbeiten konnten.

Die Einheit von Faschismus und Kapitalismus leugnen

Im Kern richtete sich die politische Repression der Adenauer-Ära gegen die damals noch verbreitete Einsicht, daß Faschismus und Kapitalismus zwei Seiten einer Medaille sind. Die Rolle der Großindustrie und des Finanzkapitals beim Aufstieg der NSDAP zur Staatspartei, ihre Beteiligung an der Aufrüstung Deutschlands und an der Ausbeutung der KZ-Insassen hatte dazu geführt, daß antikapitalistische Vorstellungen nicht nur in der KPD zum zentralen politischen Bekenntnis gehörten. In Erinnerung an das unselige Bündnis der Sozialdemokraten mit der Reichswehr, das alle Bestrebungen, nach dem Ersten Weltkrieg eine sozial gerechtere Republik aufzubauen, zunichte gemacht hatte, erklärte zum Beispiel der spätere Parteivorsitzende der SPD, Erich Ollenhauer, 1942 im Londoner Exil:

Zwischen 1918 und heute liegt eine Welt von Erfahrungen und Erkenntnissen für uns alle. Es gibt kein Zurück zum November 1918 und zur Republik von Weimar. Heute wissen wir: Es ist wichtig für die Arbeiterklasse, die politische Macht zu erkämpfen, aber noch wichtiger ist es, sie zu behaupten und zielbewußt anzuwenden. Die neue Revolution muß die politische Demokratie sichern durch einschneidende Veränderungen in der bestehenden wirtschaftlichen Ordnung. Die Hintermänner Hitlers in der Schwerindustrie und im Großgrundbesitz müssen mit Hitler stürzen. Die Basis ihrer Macht, ihr wirtschaftlicher Besitz, muß ihnen genommen werden.

Auch die 1945 gegründete Christlich-Demokratische Union schlug in ihrem Ahlener Programm vom Februar 1947 Töne an, die schnellstens zu unterdrücken waren, was Konrad Adenauer auch gelang. Die Präambel verkündete voller begründeter Einsicht:

Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensbedingungen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren politischen, wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruch als Folge einer verbrecherischen Machtpolitik kann nur eine Neuordnung von Grund aus erfolgen.

So hatten CDU-Politiker der ersten Stunde die entschädigungslose Enteignung und Bestrafung von Kriegsverbrechern und belasteten Nazis in ihr Programm geschrieben, sie wollten Schlüsselindustrien in Gemeineigentum überführen, die Macht von Großbanken und Konzernen einschränken, eine Bodenreform mit dem Ziel einer Entmachtung des Großgrundbesitzes durchführen und den privaten Wirtschaftsbesitz auf zehn Prozent pro Familie begrenzen. Daß der Antibolschewismus Hitlerdeutschlands im Antikommunismus der NATO-Staaten fast bruchlos wiederauferstand, legitimierte auch die Kontinuität unter den Funktions- und Kapitaleliten zwischen NS-Staat und BRD.

Streitfall Gesamtdeutschland

Obwohl viele Politiker aus der SPD mit KPDlern zusammen im Konzentrationslager gesessen und die Kommunisten den größten Blutzoll von allen Parteien im Kampf gegen Hitler erbracht hatten, drifteten SPD und KPD in den drei Westzonen schnell auseinander. Die Grundlage einer Zusammenarbeit zwischen Kommunisten und bürgerlichen Parteien zur Schaffung eines ungeteilten Deutschlands, die bei Kriegsende durchaus gegeben war, wurde durch die konträr verlaufenden Interessen der Sowjetunion und der Westalliierten zunichte gemacht. Fortan wurde der westdeutschen KPD, die von nichts anderem als Gesamtdeutschland ausging und aus ihrer Verbindung zur SED daher kein Hehl machte, der Vorwurf gemacht, sie handle ausschließlich im Interesse Moskaus und könne daher keine nationalen Ziele verfolgen.

Nachdem Deutschland 1949 durch die Konstituierung der Bundesrepublik und die kurz darauf in Kraft gesetzte Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik mit zwei vollwertigen Regierungen ausgestattet war, nahm die Zweiteilung ihren Lauf. Das sogenannte Wirtschaftswunder führte zu einem deutlichen Wohlstandsgefälle, was im Verbund mit der antikommunistischen Ausrichtung der BRD aus der KPD eine chancenlose Kleinpartei machte, die zudem von internen Richtungskämpfen zerrissen war. Parteimitglieder, die eine eigenständige Strategie für Westdeutschland forderten, wurden mit Parteiausschlußverfahren belegt oder traten aus, und von 1948 bis 1952 verlor die KPD beinahe 200.000 Mitglieder. Derart geschwächt war sie zu dem Zeitpunkt, als ein Verbot beantragt wurde, sicherlich weniger denn je eine echte Bedrohung für das politische System der Bundesrepublik.

Bei der Wahl zum ersten Bundestag am 14. Juli 1949 erhielt die KPD noch 5,7 Prozent der Stimmen. Es sollte ihr bestes Ergebnis bleiben, denn die über 1,3 Millionen Deutschen, die damals kommunistisch wählten, wurden in der Zeit bis zum Parteiverbot durch den erfolgreichen Versuch, die Politik der KPD als ausschließliche Strategie zur Übernahme Deutschlands durch den kommunistischen Staatenblock darzustellen, von einer weiteren Gefolgschaft abgeschreckt. 1953 kam die Partei nur noch auf 2,2 Prozent der Stimmen und war im Bundestag nicht mehr vertreten, obwohl der Widerstand gegen die Remilitarisierung und die kompromißlose Westintegration Adenauers auch im bürgerlichen Lager viele Anhänger hatte. Nicht wenige Menschen votierten für ein neutrales Deutschland nach dem Vorbild Österreichs und für Verhandlungen mit der Sowjetunion, galt es doch, die Katastrophe des Krieges dauerhaft zu verhindern.

Rechte Apologie des Rechtsstaates

Die Überzeichnung der kleinen KPD zur Bedrohung der Freiheit fiel unter dem Eindruck des Koreakriegs nicht schwer, mit dem der Kalte Krieg endgültig entbrannt war. Im Eilverfahren verabschiedeten die Regierungsparteien und die SPD ein Strafrechtsänderungsgesetz, das neben klassischem Hoch- und Landesverrat schwammig definierte Delikte wie "staatsgefährdende Störung", "verfassungsverräterische Zersetzung", "landesverräterische Täuschung" und "fahrlässiger Landesverrat" beinhaltete. Selbst der spätere Bundespräsident Gustav Heinemann gehörte, wie viele andere bürgerliche Aktivisten, zu den Opfern der Kommunistenhatz. Er trat 1950 aus Protest gegen Adenauers Remilitarisierungspolitik als Innenminister zurück und wurde 1952 Mitbegründer der Gesamtdeutschen Volkspartei (GVP), die unter ständiger Observation des Verfassungsschutzes stand.

Die politische Justiz hatte wieder Einzug in deutsche Gerichte gehalten, und so einflußreiche Juristen wie Eberhard Rotberg machten kein Hehl aus der Zuständigkeit der Richter für die Urteilsfindung nach Maßgabe der Staatsräson. Der zeitweilige Vorsitzende des Staatsschutzsenates beim Bundesgerichtshof forderte im September 1950 auf dem Frankfurter Juristentag zu freizügiger Rechtsauslegung auf:

Warum soll der deutsche Richter nicht auch bis zu einem gewissen Grade teilhaben an der politischen Verantwortung, indem er in schöpferischer Einfühlung in eine vielleicht nicht immer vollkommen gefaßte Norm aus ihr die Erkenntnisse und die Grundsätze entwickelt, die nun einmal unter elastischer Anpassung an die jeweiligen Zeitbedürfnisse das Mindestmaß an rechtlicher Sicherung gewähren?

Der kommunistischer Umtriebe sicherlich unverdächtige Jurist Max Güde, Ex-Generalbundesanwalt und CDU-Bundestagsabgeordneter, kritisierte 1978 die juristische Offensive gegen linke Politik in der jungen Bundesrepublik mit eindeutigen Worten:

Unter Hitler war das traditionelle Konzept systematisch, brutal und bedenkenlos, das heißt ohne rechtliche Schranken zur totalen Verfolgung des Feindes ausgebaut worden. Statt uns grundsätzlich von dieser Entwicklung zu distanzieren und rechtspolitisch einen neuen Weg einzuschlagen, haben wir, Gesetzgebung, Verwaltung und Justiz, die alte verdorbene Leitidee - Vorrang des Staates, Unbeschränktheit des Staatsschutzes und einseitige Linksfürchtigkeit - weitergeführt. Die heutige politische Justiz judiziert aus dem gleichen gebrochenen Rückgrat heraus, aus dem das Sondergerichtswesen Hitlers zu erklären ist.“

Schritte zum KPD-Verbot

Am 23. November 1951 stellte die Bundesregierung einen Antrag auf Verbot der KPD. Diesem Schritt wurde durch den kurz zuvor erfolgten Verbotsantrag gegen die offen neonazistische Sozialistische Reichspartei (SRP) zwar der Anstrich der politischen Ausgewogenheit gegeben, man vergaß dabei jedoch, daß Art. 21 Abs. 2 GG, aufgrund dessen das Verbot der SRP im Oktober 1952 ausgesprochen wurde, vor allem deshalb ins Grundgesetz aufgenommen worden war, um einer neuerlichen faschistischen Diktatur vorzubeugen und nicht, um antikapitalistische Politik zu verhindern. Zudem erfreuten sich Nachfolgeorganisationen der SRP wie die NPD oder die Organisation ehemaliger SS-Angehöriger eines legalen Status, während sich das KPD-Verbot ausdrücklich auch auf Ersatzorganisationen erstreckte.

Im Januar 1952, nur zwei Monate nach dem Verbotsantrag, führte eine Änderung der Geschäftsordnung des Bundestags dazu, daß der KPD die parlamentarische Arbeit praktisch unmöglich gemacht wurde. Die Mindestzahl an Abgeordneten zur Erlangung des Fraktionsstatus, ohne den man im Parlament keine Anträge und Anfragen stellen kann, wurde kurzerhand von zehn auf fünfzehn erhöht, so daß der KPD wesentliche parlamentarische Befugnisse verloren gingen. Als sich zeigte, daß Kommunisten nicht nur im Bundestag, sondern durch das Verbot ihrer Organisationen auch im gesellschaftlichen Leben neutralisiert werden sollten, ging die KPD ihrerseits in die Offensive und lieferte ihren Gegnern damit weitere Munition für das Parteiverbot.

Im November 1952 gab sie das "Programm der Nationalen Wiedervereinigung" heraus und forderte den revolutionären Sturz der Regierung Adenauer. Diese Aufforderung wurde erfolgreich zur Spaltung der breiten Bewegung gegen Wiederbewaffnung und NATO-Beitritt verwendet, die die endgültige Polarisierung der Machtblöcke auf dem Gebiet Deutschlands mit anwachsender Kriegsgefahr verhindern wollte. Der Prozeß zum Verbot der Partei hatte unmittelbar nach der Londoner Neunmächtekonferenz im Oktober 1954 begonnen, auf der beschlossen worden war, einer wiederbewaffneten Bundesrepublik den Weg in die NATO freizumachen. Dabei war die KPD als Partei längst funktionsunfähig. Aufgrund des "Programms der Nationalen Wiedervereinigung" waren die meisten Vorstandsmitglieder unter Verdacht des Hochverrats verhaftet worden, und nur eingeschworene Kommunisten, die schon im NS-Staat ein Leben unter permanenter Bedrohung geführt hatten, standen noch zur isolierten Partei.

Am Bundesverfassungsgericht nahmen die Dinge ihren Lauf, und so nützte es nichts mehr, daß die KPD im April 1956, unmittelbar nach dem 20. Parteitag der KPdSU, auf dem der Stalinismus offiziell beendet wurde, die 1952 ausgegebene Losung zum Sturz der Adenauer-Regierung für falsch erklärte. Die Verfassungsrichter in Karlsruhe lehnten einen Wiedereintritt in die Beweisaufnahme ab und sprachen am 17. August 1956 das Verbot der KPD aus.

Zuvor waren die wohl zu zögerlich verlaufenden Beratungen mit einem verfahrenstechnischen Trick beschleunigt worden. Da zu dieser Zeit nur gegen die KPD verhandelt wurde, mußte die Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes, die alle Verfahren nach Artikel 21 zum 31. August 1956 vom Ersten auf den Zweiten Senat übertrugen, als ultimative Aufforderung verstanden werden, zu einem Urteilsspruch zu gelangen. Andernfalls hätte nach der ohnehin schon langen Zeit von drei Jahren, die es dauerte, bis das Verfahren eröffnet worden war, alles von vorne beginnen müssen, was einer außerordentlichen Diskreditierung des Gerichts gleichgekommen wäre. 14 Tage vor Ablauf der Frist verkündete der Erste Senat das Urteil, das auch die Schaffung eventueller Ersatzorganisationen verbot und die Einziehung des Parteivermögens verfügte, das gemeinnützigen Zwecken zugeführt werden sollte.

Verbotsurteil mit Ewigkeitscharakter

Das Urteil war so abgefaßt, daß es nicht mehr ausreichte, sich zur Freiheitlich demokratischen Grundordnung zu bekennen, die KPD hätte auch allen Inhalten ihrer Ideologie abschwören müssen, die auf eine vielleicht erst in ferner Zukunft entstehende Bedrohung der Demokratie hätte schließen lassen können. So heißt es in der Urteilsbegründung:

Eine Partei kann nach dem Gesagten auch dann verfassungswidrig im Sinne des Art. 21 Abs. 2 GG sein, wenn nach menschlichem Ermessen keine Aussicht darauf besteht, daß sie ihre verfassungswidrige Absicht in absehbarer Zukunft werde verwirklichen können. Ebensowenig ist die Anwendung des Art. 21 Abs. 2 GG deshalb ausgeschlossen, weil eine Partei etwa die Realisierung ihrer verfassungswidrigen Ziele zurückstellt, da sie im Augenblick keine Aussicht auf Verwirklichung sieht; wenn die verfassungsfeindliche Absicht überhaupt nachweisbar ist, braucht nicht abgewartet zu werden, ob sich die politische Lage ändert und die Partei nun die Verwirklichung ihrer verfassungswidrigen Ziele tatsächlich in Angriff nimmt.

Zusammen mit dem später in der Urteilsbegründung getätigten Verweis auf die immer in Rechnung zu stellende mögliche Geheimhaltung verfassungsfeindlicher Ziele einer Partei, die bloßen Verdächtigungen Tür und Tor öffnet, wurde der KPD mit dieser weithin auslegbaren Formel schlichtweg jede Glaubwürdigkeit aberkannt. Es reichte also nicht aus, daß die Partei auf das gesetzestreue Handeln ihrer Aktivisten hinwies, die keine Anstalten machten, die Bundesrepublik revolutionär umzuwandeln, und es genügte auch nicht, das bloße Ziel eines gewalttätigen Umsturzes auszuschließen. Das Urteil diskreditierte die Partei so gründlich, daß eine Überprüfung auch zu einer Zeit, wo sie im Rahmen der deutsch-deutschen Annäherung als positives Signal zur Entspannung hätte verstanden werden können, dem Wortlaut nach immer ausgeschlossen werden konnte.

Auch der zur Urteilsbegründung an zentraler Stelle verwendete Begriff von der “"Diktatur des Proletariats" reicht nur so weit, wie er von der verbotenen Partei vertreten wird. Spätestens zu einer Zeit, als andere westeuropäische Kommunisten im Rahmen des sogenannten Eurokommunismus bewiesen, daß sie nicht notgedrungen zu den Zerstörern der parlamentarischen Demokratie gehörten, hätte es zu einer Überprüfung des Verbotsurteils kommen müssen, zumal die KPD seit 1968 in der DKP eine nunmehr geduldete Nachfolgerin gefunden hatte. Der im Westen als DDR-Dissident hofierte Robert Havemann wies 1976 in einem Beitrag des “Kursbuches auf eine paradoxe Folge der Urteilsbegründung hin:

Als sich die Kommunistische Partei Frankreichs in diesem Jahr von der alten marxistischen Forderung nach der Diktatur des Proletariats lossagte, erschien im Neuen Deutschland ein mit marxistischen Klassikerzitaten gespickter Artikel, in dem nachzuweisen versucht wurde, daß es ohne die Diktatur des Proletariats niemals einen erfolgreichen Sozialismus geben könne und daß zweitens die "sozialistische Republik", wie sie in den osteuropäischen Staaten existiert, nichts anderes sei als eben diese Diktatur des Proletariats. Damit ergibt sich das fatale Kuriosum, daß zwischen den Theoretikern der SED und der Führung der westdeutschen CDU/CSU wenigstens in dieser Frage eine lückenlose Übereinstimmung besteht. Es ist wohl unumstritten, daß Marx und Engels sich die Diktatur des Proletariats nicht als Diktatur eines Politbüros vorgestellt haben, sondern als die Unterdrückung einer kleinen Minderheit einstiger Ausbeuter durch die Massen des Volkes.

Antikommunistische Repression in der BRD

Während Nazis in der Bundesrepublik höchste Regierungsämter bekleideten, saßen ihre Gegner von einst wieder im Gefängnis und konnten auch nach der Generalamnestie für alle politischen Straftaten am 28. Juni 1968 ihren Anspruch auf freie Beteiligung an der demokratischen Willensbildung nicht wahrnehmen, da ihre Partei weiterhin verboten blieb. Kommunisten, die im NS-Staat unter Lebensgefahr Widerstand leisteten und viele Jahre in Zuchthaus oder KZ verbrachten, standen nicht selten erneut vor NS-Juristen, die über sie urteilten, als hätte sich seit 1933 nichts geändert.

Mit der Verkündigung des KPD-Verbots am 17. August 1956 brach eine dramatische Zeit für Kommunisten und solche, die dafür gehalten wurden, an. Obwohl Bundesinnenminister Gerhard Schröder anläßlich der Urteilsverkündigung bekanntgab, daß es zu keiner Kommunistenhatz käme, geschah genau dies. Innerhalb weniger Tage wurden 199 KPD-Funktionäre vorläufig festgenommen, und bald setzte eine Verfolgungswelle gegen Mitglieder von Verbänden und Interessensvertretungen ein, die Kontakte zu DDR-Organisationen unterhielten oder als der KPD nahestehend galten. Insgesamt veranschlagt man die Zahl der Menschen, die in den 17 Jahren von 1951, als der Verbotsantrag gestellt wurde, bis zum Strafrechtsänderungsgesetz von 1968 zum Ziel staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren wurden, auf 150.000 bis 200.000. Etwa jedes zwanzigste Verfahren endete mit einer Verurteilung, doch allein die im Rahmen der Ermittlungen vorgenommenen Hausdurchsuchungen, die Vernehmungen von Nachbarn und Arbeitskollegen sowie die Durchsuchungen am Arbeitsplatz haben die Existenzgrundlage manches Arbeiters vernichtet und wirkten sich dementsprechend als effiziente Einschüchterungsmaßname aus.

Es war die Anwendung klassischer politischer Justiz, die auch viele nichtbetroffene Bürger empörte und an die Zeit der vermeintlich überwundenen Nazidiktatur erinnerte. Anläßlich einer Polizeiaktion gegen 80 Bürger des Landes Baden-Württemberg im Jahre 1966, die zu zwei auf schwachen Füßen stehenden Anklagen wegen angeblicher Arbeit für die KPD führten, schrieb der Stuttgarter Stadtrat Eugen Eberle an Bundeskanzler Ludwig Erhard:

Der Umfang, die Art und Weise dieser polizeilichen Maßnahmen erinnern mich an die Märztage des Jahres 1933, als die Gestapo im gleichen Stil gegen Sozialdemokraten, Kommunisten und andere aufrechte Demokraten vorging.

Einem der sogenannten Väter des Grundgesetzes, dem kurzzeitigen nordrhein-westfälischen Verkehrsminister Heinz Renner, wurde wegen Mitgliedschaft in der KPD kurzerhand die Rente aberkannt, die er als ehemaliger Häftling der Nazis zugesprochen bekommen hatte. Die Landesrentenbehörde forderte von dem 67jährigen Renner 1959 sogar die Rückzahlung aller bisher gewährten Leistungen in Höhe von 27.000 Mark, die er aufgrund des Bundesentschädigungsgesetzes erhalten hatte. Dort wurde der Widerstand gegen Hitler als ein Verdienst für das deutsche Volk gewertet, allerdings hatte man einschränkend festgelegt, daß die Renten wieder aberkannt werden könnten, wenn ihre Empfänger gegen die Freiheitlich demokratische Grundordnung verstießen. Das wurde bei Kommunisten stillschweigend vorausgesetzt.

Während des Mordes angeklagte Nazis häufig Haftverschonung erhielten, wurde dem schon im NS-Staat inhaftierten Widerstandskämpfer Emil Bechtle dieses Privileg nicht gewährt, so daß er seine ebenfalls kranke jüdische Frau, deren Familie von den Nazis umgebracht worden war, nicht mehr besuchen konnte. Sie verstarb während seiner Untersuchungshaft, er wurde zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Derartige Beispiele mitleidsloser Härte gegen Kommunisten bei gleichzeitiger Nachsichtigkeit gegen Schergen der Naziherrschaft waren bezeichnend für die Bewertung der roten Gefahr, die man sehr viel höher einstufte als faschistische Ermächtigungsgelüste.

Ein recht absurdes, aber nicht minder schmerzhaftes Urteil wurde gegen Gertrut Schröter ausgesprochen, die in der Zentralen Arbeitsgemeinschaft frohe Ferien für alle Kinder (ZAG) seit 1954 für jährlich rund 1000 Kinder aus besonders armen Familien Urlaub in DDR-Ferienlagern vermittelten. Noch bevor ihre Vereinigung als kommunistische Tarnorganisation verboten wurde, klagte man die BRD-Bürgerin wegen "landesverräterischer Beziehungen", "Rädelsführerschaft bei der Förderung einer verfassungsfeindlichen Organisation" und "staatsgefährdenden Nachrichtendienst" an. Ein Jahr Gefängnis in Einzelhaft, fünf Jahre Aberkennung des aktiven und passiven Wahlrechts und Polizeiaufsicht nach der Haft stellte die Quittung für ein ideologisch unkorrektes Herz für Kinder dar, die vermutlich keine positiven Erfahrungen im anderen deutschen Staat machen sollten.

Eine besonders prekäre Rechtsverbiegung leistete sich der Bundesgerichtshof mit der Aussage, die Tätigkeit für die KPD sei immer schon strafbar gewesen, aber erst seit dem Verbotsurteil verfolgbar, wodurch die Möglichkeit eröffnet wurde, Ermittlungsverfahren auch gegen Mitglieder einer legalen Partei, die zu einem späteren Zeitpunkt verboten wurde, zu eröffnen. Diese Regelung wurde zwar im Frühjahr 1961 vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben, da sie gegen das fundamentale Prinzip verstieß, eine Tat nur zu ahnden, wenn ihre Strafbarkeit zum Zeitpunkt ihrer Ausführung rechtskräftig ist, bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie jedoch zu einer Vielzahl von Verurteilungen geführt.

Insbesondere der 1961, als es nach Schätzung des Bundesinnenministeriums nurmehr 7000 Kommunisten in der Bundesrepublik gegeben haben soll, vom Bundesgerichtshof präzisierte Terminus der Ersatzorganisation, deren Schaffung mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden kann, ermöglichte die Verfolgung Oppositioneller auf denkbar breitester Basis:

Eine Ersatzorganisation ist ein Personenzusammenschluß, der anstelle der aufgelösten Partei deren verfassungsfeindliche Nah-, Teil- oder Endziele ganz oder teilweise, kürzere oder längere Zeit, örtlich oder überörtlich, offen oder verhüllt, weiterverfolgt oder weiterverfolgen will.

Es reichte aus, daß Mitglieder einer Organisation, selbst wenn sie vor dem Verbot der KPD gegründet worden war, ähnliche Auffassungen wie die KPD auch vor ihrem Verbot vertraten, um sie als Ersatzorganisation zu bezeichnen. Diese Rechtsprechung, die damals zum Beispiel gegen den Turn- und Sportbund der DDR zur Anwendung kam, dessen Mitglieder auf Reisen nach Westdeutschland als Mitglieder einer KPD-Ersatzorganisation verhaftet werden konnten, und die aus westdeutschen Sportlern mit Kontakten zu dieser Organisation Verfassungsfeinde machte, könnte theoretisch auch heute noch verwendet werden.

Eine weitere höchst fragwürdige Praxis bestand in der Nutzung anonymer Zeugenaussagen bei politischen Strafverfahren. Dadurch ließen sich beliebige Aussagen zur politischen Gesinnung des Angeklagten rechtskräftig verwerten, die möglicherweise nur allgemeines Hörensagen repräsentierten oder auf gar keiner konkreten Grundlage beruhten. Auch die Sachverständigengutachten des Verfassungsschutzes eröffneten theoretisch die Möglichkeit freizügiger Manipulation, da keine Angaben über die Herkunft der Informationen gemacht werden mußten.

Es oblag dem Gericht, zum Beispiel Zeitungsartikel etwa gegen Hakenkreuzschmierereien, also ohne jeden strafbaren Inhalt, aufgrund eines "Gleichklangs mit dem Sprachgebrauch, der der KPD/SED-Agitation oft unverkennbar anhaftet", zum Straftatbestand zu erheben, das Verschicken von Kindern in DDR-Ferien als kommunistische "Wühlarbeit" zu qualifizieren oder das Verteilen roter Nelken zu kommunistischer Propaganda zu erklären und mit Gefängnis zu bestrafen. Ein besonders eklatantes Urteil, das den geringen Spielraum illustriert, den man in dieser Zeit dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit einräumte, war die zweijährige Haftstrafe gegen den Journalisten Paul Beu, der die BRD in einem Artikel als "pseudodemokratische Republik" bezeichnet hatte, und die Verurteilung des mitangeklagten Hugo Feilscher, der in einem Artikel behauptet hatte, die Bundesrepublik werde mehr und mehr zu einem "Eldorado von Alt- und Neonazis". Diese Aussagen wurden in der Urteilsbegründung als der "Zielrichtung kommunistischer Propaganda" entsprechend und "im Interesse der verbotenen Partei" liegend zu Straftatbeständen erklärt.

Auch die Verhängung diverser Auflagen nach dem Verbüßen einer Strafe wegen politischer Betätigung im Sinne der KPD verdeutlicht die Unerbittlichkeit, mit der man Linke bis 1968 zu disziplinieren suchte. Neben der Aberkennung bürgerlicher Ehrenrechte, die aus politischen Straftätern Menschen zweiter Klasse machte, Paß- und Führerscheinentzug sowie langfristiger Polizeiaufsicht kam es auch zu Bewährungsauflagen wie Reiseverboten oder bei Gericht abzuliefernden Rapporten über die aktuelle Berufstätigkeit und das persönliche Einkommen.

Aufarbeitung der politischen Justiz in der BRD überfällig

Unter Gustav Heinemann, der als Bundesjustizminister inzwischen zur Auffassung neigte, daß es in der Bundesrepublik keine politische Gesinnungsverfolgung gebe, wie er bei einer Anfrage im Bundestag am 13. April 1967 bekundete, wurde am 28. Juni 1968 eine Generalamnestie für alle politischen Straftaten mit Ausnahme des Landesverrats erlassen. Am 1. August 1968 trat das achte Änderungsgesetz zum Politischen Strafrecht in Kraft, das mit dieser drastischen Form der politischen Verfolgung Schluß machte.

Der Erfolg des KPD-Verbots und der Kriminalisierung kommunistischer Überzeugungen wurde spätestens mit der Gründung der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) am 22. September 1968 deutlich - die sich ausdrücklich zu einem friedlichen Weg in den Sozialismus bekennende Partei bekam bei den Bundestagswahlen 1969 einen Stimmenanteil von gerade mal 0,6 Prozent und konnte auch in Zukunft nur kleine Wählergruppen für sich gewinnen. Den Schaden, den die politische Justiz auf der Grundlage des KPD-Verbots an der deutschen Rechtssprechung anrichtete, war immens und wirkt sich durch die Legitimität einer Gesinnungsjustiz nur wenige Jahre nach Ende des Dritten Reichs und durch das weiterhin aufrechterhaltene KPD-Verbot bis in die heutige Zeit aus.

Nicht nur die Bestrafung echter und vermeintlicher Kommunisten durch mehrjährige Gefängnisaufenthalte, sondern auch die Diskriminierung aller Bürger, die ihr Recht auf Meinungsfreiheit wahrnahmen und dabei ins Dickicht der Kommunistenhatz gerieten oder gegen die als Bezieher linker Zeitschriften ermittelt wurde, die aufgrund guter Kontakte in die DDR ins Visier des Staatsschutzes oder wegen politischer Opposition gleich mit in die Mühlen der Justiz gerieten, die ihre Arbeitsstelle durch Verdächtigungen verloren oder die während der Durchsuchungen als Angehörige der Verdächtigen mit massiven Polizeimaßnahmen wie Leibesvisitationen Bekanntschaft machen mußten, verlangt nach der überfälligen Aufarbeitung der politischen Justiz während des Kalten Krieges, der Rehabilitation wie Entschädigung der Betroffenen in der BRD. Vollends abzuschaffen ist auch das Damoklesschwert, das in Form des KPD-Verbotes über allen Menschen und Organisationen schwebt, die eine grundlegende Veränderung herrschender gesellschaftlicher Verhältnisse anstreben.

17. August 2016


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