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FLUCHT/021: Zentralafrikanische Republik - Gewalt treibt Kameruner in die Heimat zurück (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. Dezember 2013

Zentralafrikanische Republik - Gewalt treibt Kameruner in die Heimat zurück

von Ngala Killian Chimtom


Bild: © Ian Van Engelgem/EU/ECHO

CAR-Flüchtlinge suchen Zuflucht in einer Kirche
Bild: © Ian Van Engelgem/EU/ECHO

Yaoundé, 20. Dezember (IPS) - "Wir konnten die Gewalt einfach nicht mehr ertragen", sagte der 27-jährige Baba Hamadou nach seiner Landung auf dem internationalen Flughafen in Douala. Er war einer von 202 Kamerunern, die sich am 17. Dezember in der Zentralafrikanischen Republik (CAR) ins Flugzeug setzten, um in die Heimat zurückzukehren. In nur vier Tagen haben sich 896 Kameruner aus der CAR abgesetzt.

Angesichts der zunehmenden Gewalt zwischen Christen und Muslimen im Nachbarland sah Kameruns Präsident Paul Biya den Zeitpunkt für gekommen, seine 20.000 in der CAR lebenden und arbeitenden Landsleute aus dem zentralafrikanischen Land zu evakuieren.

Diese brachten Geschichten über schreckliche Gräuel mit nach Hause. "Vier Kameruner - ein Mann, seine Frau und ihre beiden Kinder - wurden vor meinen Augen lebendig verbrannt", berichtete Hamadou gegenüber IPS. "Mein Nachbar wurde wie ein Tier abgeschlachtet", fügte David Nchami hinzu, der in der CAR als Bauunternehmer gearbeitet hatte. "Eine Frau wurde vergewaltigt und ihre Genitalien entfernt", wusste Marie-Louise Tebah zu berichten.

Divine Abada, ein Minenarbeiter aus dem Südwesten Kameruns, schilderte dem Staatssender CRTV, wie er und andere von den Séléka-Rebellen im Busch gestellt, verprügelt und bestohlen worden waren. Dass sie seinen Pass nicht gefunden hätten, sei ein großes Glück gewesen. Wäre er nämlich als Kameruner identifiziert worden, hätte es noch schlimmer für ihn ausgehen können.


Hass auf Kameruner

Die Séléka hassen alle Kameruner, weil deren Regierung dem gestürzten Präsidenten François Bozizé Asyl gewährt hat. Der Übergangsregierung ist es bislang nicht gelungen, die bewaffneten Zusammenstöße und Angriffe auf Zivilisten zu unterbinden.

Im November war eine Gruppe mutmaßlicher Rebellen von der CAR aus in Kamerun eingedrungen und hatte Militäreinrichtungen in Biti angegriffen, einem Grenzdorf in der kamerunischen Ostregion. Bei Kämpfen zwischen den Rebellen und Kameruns Sicherheitskräften kamen sieben Menschen ums Leben, darunter zwei Kameruner.

Die Afrikanische Union stockt derzeit ihre in der CAR stationierte Truppe auf 6.000 Soldaten auf. Sie sollen die 1.600 französischen Soldaten verstärken, die sich bereits vor Ort befinden.

Nach Angaben des Gouverneurs der kamerunischen Ostregion, Samuel Dieudonne Ivaha Diboua wurde die Grenze zwischen beiden Ländern gesichert. "Wir haben Truppen an der 800 Kilometer langen Grenzlinie abgestellt", betonte er gegenüber IPS. "Denn wir wollen unsere Landsleute nicht dem sicheren Tod preisgeben."

Während die Kameruner an der Grenze zur CAR in der ständigen Angst vor Angriffen der Séléka-Rebellen leben, versuchen tausende Einwohner der CAR sich nach Kamerun zu retten. Anfang November berichtete der UN-Flüchtlingshochkommissar, dass Kamerun inzwischen 90.000 Flüchtlinge aus der Zentralafrikanischen Republik beherberge.

Tausende hätten sich Mitte Dezember in Booten über den Oubangui-Fluss in die Demokratische Republik Kongo (DRC) abgesetzt, obwohl die Grenze offiziell geschlossen ist und die Ankömmlinge riskieren, erschossen zu werden.

Nach UN-Angaben hat die Gewalt in der CAR-Hauptstadt Bangui in den vergangenen zwei Wochen 210.000 Menschen in die Flucht getrieben. Der Andrang so vieler Menschen aus der CAR sorgt in der Bevölkerung Kameruns für Unmut.

Im September hatten hunderte Flüchtlinge ihr Lager in Nadoungué, einem kleinen Dorf in der kamerunischen Ostregion, verlassen und sich auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen in einem nahe gelegenen Dorf niedergelassen. "Wir brauchen Wasser, medizinische Hilfe, Nahrungsmittel. Diese Dinge gibt es hier nicht", erklärte Dominique Mendo, ein Lagerinsasse gegenüber IPS.


Konflikte mit Lokalbevölkerung

Doch der fortgesetzte Zustrom führt zu Konflikten mit der Lokalbevölkerung, die manchmal die Intervention der Sicherheitskräfte erforderlich machen.

Die kamerunische Regierung hat der AU-Friedenstruppe mehr als 500 Soldaten zugesagt, wie Verteidigungsminister Edgar Alain Mebe Ngo'o erklärte. Darüber hinaus nutzten die 1.600 französischen Soldaten Kamerun als Transithafen. Mebe Ngo'o zufolge kann das Chaos in der Zentralafrikanischen Republik Kamerun nicht gleichgültig lassen.

Nach UN-Erkenntnissen wurden seit dem 5. Dezember in der CAR-Hauptstadt Bangui mehr als 500 Menschen getötet. Der Konflikt betreffe weite Teile der 4,6 Millionen Menschen zählenden Bevölkerung. Jeder Zehnte sei auf der Flucht und ein Viertel hungere. (Ende/IPS/kb/2013)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Dezember 2013