Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → MEINUNGEN

STREITSCHRIFT/008: Forderung Moussawis nach Neuwahlen dient Destabilisierungsabsichten (Queck)


Forderung Moussawis nach Neuwahlen dient den Destabilisierungsabsichten der Gegner der derzeitigen politischen Ordnung im Iran im Interesse des westlichen Monopolkapitals

Von Brigitte Queck, 29. Juni 2009


In meiner Funktion als Leiterin des Vereins "Mütter gegen den Krieg Berlin Brandenburg" stehe ich seit Jahren auch mit verschiedenen Menschen aus dem Iran in Verbindung u. a. auch mit einem der früheren Leiter der internationalen Beziehungen der iranischen Kommunisten in Deutschland. Dieser erklärte mir, dass in Deutschland viele Volksmuhadschedin von Deutschland aus seit Jahren eine Destabilisierung des Iran betreiben und jeden ihrer Landsleute, der eine gegenteilige Meinung verlauten lässt, mit offenen Drohungen zum "Schweigen" bringen!

Als Völkerrechtlerin (Studium internationales Recht) beurteile ich die Vorgehensweise westlicher Regierungen, mit den USA an der Spitze, vor allem vom rechtlichen und völkerrechtlichen Standpunkt aus. Immer zielen die westlichen Staaten bezüglich der ihnen missliebigen Länder auf deren führende Präsidenten, die sie bei den Menschen ihrer Staaten und der Weltöffentlichkeit mit immer neuen Lügen in Misskredit zu bringen versuchen.

Ein Staat aber, der durch einen inneren Bürgerkrieg, bzw. Aggressionskriege von außen, seines Staatsoberhauptes verlustig gegangen ist, ist im rechtlichen Sinne kein Staat mehr. Man kann mit ihm umspringen, wie man will. Der Westen kann dann leicht - oft noch durch Ausnutzung der inneren Opposition in diesen Ländern oder gar blauäugiger Friedensbewegter - eine neue, ihren ökonomischen Interessen entsprechende, Marionettenregierung an die Macht bringen.

Als z. B. bei den Wahlen in Jugoslawien im Jahre 2001 (dem voraus gingen offene Angriffe der westlichen Politiker und Medien gegen Milosevic, sollte dieser wiedergewählt werden, wäre ein erneutes Bombardement von Jugoslawien nicht ausgeschlossen!) wartete der Westen und die vom ihm finanziell unterstützte Opposition eine Neuauszählung der Wahlzettel nicht ab. Kritiker, auch aus den Reihen anderer Länder vermuten heute zurecht, dass die Wahlen zugunsten Milosevics rechtens waren, diese aber den Vorstellungen des Westens zuwider liefen. 4000 Oppositionelle aus Czacak wurden damals speziell nach Belgrad gefahren und stürmten das Parlament, in dem eine Neuauszählung der Stimmen stattfand. Tausende und Abertausende Wahlzetteln flogen auf die Strasse. Die Neuauszählung der Wahlscheine war so gescheitert. Mit Applaus der Opposition in Jugoslawien erklärte sich schließlich Kostunica zum Wahlsieger und Präsidenten, obwohl, wie Angelika Beer, damals Mitglied des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages, in einem Live-Interview nach ihrer mehrtägigen Reise durch den Kosovo verwundert festgestellt hatte, dass allein dort Milosevic mehr Stimmen erhalten hatte als Kostunica. Ein interessantes Detail im Nachhinein: heute befindet sich der größte Militärflughafen der USA außerhalb ihres Landes im Kosovo und die USA bzw. NATO haben damit direkte Verbindung in Länder wie den Irak, Afghanistan, Pakistan u.a., in denen die Vereinigten Staaten von Amerika krampfhaft mit allen ihnen zur Verfügung stehenden militärischen Mitteln versuchen, die dortige Widerstandsbewegung gegen ihr neokoloniales Besatzungsregime zu brechen.


Auch bei der Einschätzung der Wahlen im Iran sollte man folgendes in Betracht ziehen: Cui bono? Wem nutzt das? Wer die Wahlergebnisse im Iran seitens des Auslandes in Zweifel zieht, geht von der Position der Überlegenheit aus, dass in den westlichen Staaten ehrliche Wahlen stattfinden und nur woanders werde betrogen. Zweitens haben sich bereits Persönlichkeiten aus dem ehemaligen Establishment der USA, z. B. Paul Craig Roberts, stellvertretender Finanzminister während Ronald Reagans erster Amtszeit, gemeldet und darauf hingewiesen, dass es eindeutige Beweise für die massive Einmischung der USA im Vorfeld und während der Wahlen im Iran gab. Dabei seien im Iran seitens der CIA 400 Millionen Dollar "Wahlhilfe" geflossen (siehe unter: www.zeit-fragen.ch). Speziell der Konkurrent Moussavi wurde übrigens von dem reichsten Mann im Iran, Haschemi Rafsandschani, unterstützt, der von Ahmadinejad schon seit längerem der Korruption beschuldigt wurde.

Weiterhin sei darauf hingewiesen, dass es den USA nicht gefallen kann, dass der derzeitige iranische Präsident sehr gute Kontakte zu Russland, China, Indien und den lateinamerikanischen Staaten unterhält. Wenn man dann außerdem noch berücksichtigt, dass der Iran reiche Erdöl- und Erdgaslagerstätten hat und der Peak Oil längst überschritten ist und weiß, dass der Iran wie weiland der Irak kürzlich gewarnt hat, alle Ölverkäufe künftig nur noch in Euro abzuwickeln, den verwundert nicht, dass eine iranische Regierung unter Ahmadinejad den USA und gewissen von ihnen abhängigen Vasallenstaaten, schon lange ein Dorn im Auge ist.

Der frühere pakistanische Armeegeneral Mirza Aslam Beig, der wie Vertreter vieler Staaten in der Welt, Ahmadinejad zum Wahlsieg gratulierten, brachte es auf den Punkt, indem er unterstrich:

"Ahmadinejad's Wiederwahl ist ein entscheidender Punkt der Regierungspolitik und falls sich Pakistan, Afghanistan mit dem Iran verbinden, dann müssen die USA das Feld räumen, speziell was das okkupierte Afghanistan anbelangt" (siehe unter: Dprogram.net vom 14.6.09). 

Wenn man aufmerksam die Westpresse studiert und die nicht nachlassenden medialen Attacken westlicher Politiker auf den Iran verfolgt, kommt man nicht umhin, Vergleiche ähnlichen Vorgehens des Westens, speziell der NATO-Staaten, zu den Ländern zu ziehen, die einen anderen Entwicklungsweg gehen wollen. So ist auf der Nachrichtenspalte des heutigen "Tagespiegel" vom 28.6.09 zu lesen "Opposition sieht kein Angebot". Darin wird im Gleichklang mit anderen westlichen Medien darauf verwiesen, dass der vom Westen unterstützte Konkurrent Ahmadinejads, Mousavi, keine Überprüfung der Wahlzettel im Iran, sondern sogar Neuwahlen fordert.

Das soll:

ein Anheizen der Opposition im Inneren des Iran bewirken,
Wasser auf die Mühlen derjenigen gießen, die ehrliche Wahlen im Iran bezweifeln,
das Ansehen der iranischen Staatsführung im Lande untergraben,
und schließlich, wie in verschiedenen Ländern der Welt bereits vorexerziert, einen Wunschkandidaten des Westens als Präsidenten im Iran zur Macht bringen.

Die Politiker des Westens führen deshalb eine Medienkampagne per Excellence gegen den Iran durch, um dort einen Bürgerkrieg anzustacheln, in den man dann als "Menschenrechtskämpfer" schließlich militärisch "helfend" eingreifen kann. So darf es denn auch nicht verwundern, dass der "Tagesspiegel", ebenfalls vom 28.6.09, ausgerechnet den früheren CIA Nahostexperten Gerecht im Interview mit Juliane Schäuble zu Wort kommen lässt, der unter: "Die Islamische Republik ist am Ende" eine Wunschvorstellung des Westens formuliert. Entlarvend sagt dieser im Hinblick auf einen im Interesse des Westens gewollten politischen Umschwung im Iran:

"Wenn die Demokratiebewegung im Iran erfolgreich ist, ... dann würde sich mit dem Irak bereits eine 2. Demokratie in dieser Region entwickeln".

Jedem, der die Ereignisse im Irak genau kennt, kann von Demokratie in dieser Region nichts spüren, sondern den Versuch einer militärischen Knebelung eines ganzen Volkes, vor allem seitens der USA.


Doch nun zurück zum Iran und ein kleiner geschichtlicher Rückblick.
Ob wir nun an die 1920 im Nordiran ausgerufene Sowjetrepublik, die mit Hilfe auch weißgardistischer und britischer Truppen niedergeschlagen wurde, bzw. an die mit Hilfe der Reaktion im Lande und in Anlehnung an die USA gestürzte Volksregierung in Iran-Aserbaidschan 1946, aber auch an die Niederschlagung der iranischen Nationalen Front unter Ministerpräsident Mossadegh denken, der 1951 die Verstaatlichung der iranischen Erdölindustrie durchgesetzt hatte und der schließlich von General Zahedi in Verbindung mit den Westmächten gestürzt wurde, immer ging es der Reaktion im Iran bis heute darum, dem Volk ihre Rohstoffe und Naturreichtümer zu rauben. In dieser Hinsicht war ihnen jedes Mittel und jedes Verbrechen recht. Im Verbund mit den Staaten der westlichen Hemisphäre ging die iranische Reaktion dabei über Leichen!

Wenn Kriegsverbrecher von "Demokratie" schwafeln, wie z. B. der frühere CIA-Nahostexperte Gerecht, sollten wir aufmerken. Deren Demokratiebegriff ist unserem diametral entgegengesetzt. Diese Herrschaften verstehen unter Demokratie keineswegs "Volksherrschaft" im eigentlichen Sinne des Wortes, sondern Missachtung des Volkswillens, Unterdrückung und Aggressionskriege, mittels derer man die Völker wieder neu kolonialisieren kann.

Allen Menschen, die angesichts der gleichgeschalteten Medienkampagne des Westens sich selbst informieren wollen, sei die Rede des iranischen Staatsoberhauptes und Religionsführers Imam Khameneis zur Wahl im Iran vom 13. Juni 2009 unter: www.shia-forum.de/index.php?showtopic=27138&st=0&p=237779& bzw. der Forum-Beitrag von Yavuz Özoguz vom 21.6.09 im www.muslim-markt.de unter : "Panikartiker Rückzug der Westpropaganda öffnet Weg zur Vernunft" oder www.voltairenet.org/article160670.html "The CIA and the Iranian experiment" empfohlen, die das von mir oben Dargelegte untermauern.


Brigitte Queck ist ausgebildete Wissenschaftlerin auf dem Gebiet Außenpolitik und als Fachübersetzer Russisch und Englisch sowie publizistisch tätig. Seit 10 Jahren leitet sie den Verein "Mütter gegen den Krieg Berlin-Brandenburg".
Brigitte Queck hat zwei erwachsene Kinder und vier Enkel.


*


Quelle:
Copyright 2009 by Brigitte Queck
mit freundlicher Genehmigung der Autoren
    


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juni 2009