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DILJA/1346: Sozialistisches Venezuela? Bolivarische Basis über Auslieferungspolitik entsetzt (SB)


Venezuelas Regierung untergräbt eigenen Anspruch sozialistischer Gesellschaftsentwürfe und internationaler Solidarität

Festnahme und Auslieferung des kolumbianischen Exiljournalisten Joaquín Pérez Becerra stößt bei der eigenen politischen Basis auf Unverständnis und Entsetzen


Die venezolanische Regierung hat alle Proteste, Appelle und Mahnungen aus dem In- und Ausland, die darauf abzielten, die Auslieferung des schwedischen Staatsbürgers kolumbianischer Herkunft, Joaquín Pérez Becerra, an sein Geburts- und Verfolgerland zu verhindern, ignoriert und mit diesem Schritt Fakten geschaffen, deren mittel- und langfristige politische Konsequenzen und Folgewirkungen derzeit schwer abzuschätzen sind. Wie im Internetportal amerika21 am Dienstagmorgen vermeldet, wurde der Journalist am Ostermontag, zwei Tage nach seiner Festnahme auf dem internationalen Flughafen "Simón Bolívar" nahe der venezolanischen Hauptstadt Caracas, an Kolumbien ausgeliefert, was "bei nicht unbedeutenden Teilen der Basis der Bolivarischen Revolution auf Entsetzen" [1] gestoßen sei. Die inneren Spannungen und politischen Konflikte nicht nur innerhalb des Regierungs- und Parteiapparates, sondern zwischen der die Bolivarische Revolution maßgeblich tragenden Basisbewegungen sowie den sozialen Organisationen einerseits und der Staatsführung andererseits erreichen damit eine neue Eskalationsstufe mit einem schwer auszulotenden Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlust an der "bolivarischen" Basis, der nicht zuletzt auch Präsident Chávez persönlich betreffen dürfte.

Am Samstag hatten das venezolanische Innen- und Justizministerium in einem Kommuniqué die Festnahme des Journalisten bekanntgegeben. Desweiteren unterstrich die venezolanische Regierung darin, daß sie "zum Kampf gegen Terrorismus, Kriminalität und organisiertes Verbrechen, in strikter Übereinstimmung mit den Verpflichtungen und der internationalen Zusammenarbeit sowie unter Wahrung der Prinzipien von Frieden, Solidarität und dem Respekt vor Menschenrechten" [2] verpflichtet sei. Mit dieser Stellungnahme stellte Caracas unter Beweis, im Verhältnis zum Nachbarland Kolumbien zu weitreichenden Zugeständnissen in der Auslieferungspolitik bereit zu sein. Nachdem im vergangenen Sommer die bilateralen Beziehungen auf dem Nullpunkt angelangt waren und sogar eine militärische Eskalation nicht gänzlich ausgeschlossen werden konnte, hatte sich das Verhältnis nach dem Amtsantritt des derzeitigen Präsidenten Kolumbiens, Juan Manuel Santos, deutlich gebessert. Denkbar ist allerdings auch, daß die Ende 2009 auf kolumbianischem Territorium errichteten sieben US-Militärstützpunkte ihre (Droh-) Wirkung auf die venezolanische Regierung nicht verfehlt haben.

Santos' Amtsvorgänger Álvaro Uribe hatte den zwischenzeitlichen Abbruch der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern durch die Behauptung entfacht, Caracas würde kolumbianischen Guerillakämpfern Unterschlupf gewähren. Um den tatkräftigen Gegenbeweis dieser keineswegs bewiesenen Anschuldigung anzutreten, wurden von den venezolanischen Behörden in den zurückliegenden Monaten mehrere Kolumbianer wegen ihrer Zugehörigkeit zu der linken Guerillaorganisation ELN ausgeliefert. Zuletzt waren Ende März zwei ELN-Kämpfer an Bogotá überstellt worden, die sich nach einem Gefecht mit dem kolumbianischen Militär schwerverletzt auf venezolanisches Gebiet gerettet hatten. Dort waren sie von der venezolanischen Nationalgarde schließlich in einer Klinik verhaftet und, als sie wieder transportfähig waren, wieder nach Kolumbien gebracht und dort dem Militär übergeben worden. Ein dritter, noch minderjähriger Kolumbianer war verschont worden, da der venezolanische Staat ihm gegenüber eine besondere Schutzpflicht gelten ließ.

Mit der Auslieferung Becerras haben die venezolanischen Behörden nun jedoch einen Schritt vollzogen, der im eigenen politischen Lager für großen Unmut sorgte, weil er mit der von der Regierung Chávez betriebenen Politik der lateinamerikanischen bzw. internationalen Solidarität in den Augen vieler Anhänger nicht mehr zu vereinbaren ist. Der venezolanische Außenminister Nicolás Maduro hatte im März gegenüber der Tageszeitung Ciudad CCS unterstrichen, daß seine Regierung seit ihrem Bestehen den Standpunkt vertrete, keine irregulären bewaffneten Gruppen in ihrem Land zu dulden, weshalb die venezolanischen Streitkräfte und die Polizei dementsprechend handelten. [3] Diese Position hatte in der venezolanischen Öffentlichkeit keine Kontroversen ausgelöst. Über die Auslieferungen der kolumbianischen ELN-Kämpfer war in den venezolanischen Medien kaum berichtet worden; weder im Regierungslager noch in der regierungskritischen Opposition hatte es Proteste gegeben. Diese Akzeptanz gegenüber der Auslieferungspolitik nach Kolumbien scheint nun jedoch verlorengegangen zu sein.

Doch was war eigentlich geschehen? Wer ist Joaquín Pérez Becerra? Becerra, ein gebürtiger Kolumbianer, lebt seit 1994 in Schweden, wo er als politisch Verfolgter anerkannt wurde und Asyl genießt. Da er seit zehn Jahren nicht mehr kolumbianischer, sondern schwedischer Staatsangehöriger ist, haben sich nach seiner am Ostersamstag erfolgten Festnahme sowohl die schwedische Botschafterin in Kolumbien, Lena Nordström, als auch der schwedische Konsul in Venezuela an die dortige Regierung gewandt, um die dann am Montag erfolgte Auslieferung Becerras zu verhindern. Becerra hatte sich durch seine journalistische Arbeit einen Namen gemacht, betrieb er doch seit vielen Jahren von Schweden aus das von ihm 1996 mitbegründete kolumbianische Nachrichtenportal Anncol. Ebenfalls in Schweden war Becerra nach Angaben des in Honduras lebenden schwedischen Journalisten Dick Emanuelsson [3] an der Gründung einer Solidaritätsorganisation (Asociación Jaime Pardo Leal - AJPL) sowie der von AJPL in Schweden betriebenen Radiostation "Café Stereo" beteiligt.

Eben diese journalistische Arbeit wurde ihm nun "dank" der tätigen Mithilfe möglicherweise auch europäischer, aber in jedem Fall venezolanischer Stellen, die den Verfolgungsanspruch Kolumbiens zu realisieren halfen, zum Verhängnis. Becerra hatte auch Vorträge und Konferenzen in verschiedenen europäischen Ländern organisiert zu dem Zweck, über die Lage in Kolumbien zu informieren. Was dies mit dem Kampf gegen Terrorismus, organisisiertem Verbrechen oder Kriminalität zu tun haben soll, womit die venezolanische Regierung ihre Auslieferung zu begründen suchte, ist auf den ersten Blick nicht erkennbar und offenbart auf dem zweiten Blick eher eine Art "Kumpanei des Schreckens". Nach Angaben der spanischen Nachrichtenagentur EFE machte der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos dem im Exil lebenden ehemaligen Landsmann dessen journalistische Tätigkeit als Direktor der Nachrichtenagentur Anncol zum Vorwurf. Die spanische Agentur zitierte Santos mit den Worten [2]: "Er [Becerra] war während vieler Jahre für all diese schlimme Propaganda der FARC in Kolumbien und Europa verantwortlich."

Die näheren Umstände dieser in Venezuela, Kolumbien, aber auch zahlreichen europäischen Ländern bzw. bei den dortigen Unterstützerbewegungen höchst umstrittenen Auslieferungsentscheidung deuten unterdessen daraufhin, daß sie auf höchster Ebene zwischen den beiden Präsidenten Santos und Chávez direkt ausgehandelt wurde. Laut EFE habe der kolumbianische Präsident seinen venezolanischen Amtskollegen am Samstag telefonisch um die Festnahme Becerras gebeten. Santos ließ Chávez wissen, daß sich der von Kolumbien Gesuchte in einer Verkehrsmaschine auf dem Flug von Frankfurt am Main nach Caracas befände. Für die bei dessen Landung sofort erfolgte Festnahme soll sich Santos bei Chávez persönlich bedankt haben. Gegenüber der Presse stellte Santos den Standpunkt seiner Regierung gegenüber Becerra klar, indem er ihn als "Rädelsführer der internationalen Front der FARC" [3] bezeichnete. "Wir waren seit langem hinter ihm her", so Santos. Woher der kolumbianische Präsident und in der Folge die venezolanischen Behörden die Information von der bevorstehenden Ankunft des von Kolumbien angeblich per internationalem Haftbefehl Gesuchten überhaupt hatten, dürfte eine noch zu klärende Frage insbesondere in Hinsicht auf eine mögliche Beteiligung deutscher bzw. europäischer Stellen sein.

Laut Santos wurde der Haftbefehl gegen Becerra auf Informationen gestützt, die die kolumbianischen Behörden auf dem Laptop des bei einem Angriff der kolumbianischen Luftwaffe auf einen Stützpunkt der FARC im benachbarten Ecuador am 1. März 2008 getöteten Kommandeurs Raúl Reyes gefunden haben wollen. Für die Regierung Chávez ist es durchaus peinlich, daß sie sich gegen die Verwendung eines solch dubiosen Fundes zur Wehr setzte, wenn die damit (schein)begründeten Vorwürfe gegen sie selbst gerichtet werden, sich dann aber auf derselben Basis zum Erfüllungsgehilfen kolumbianischer Verfolgungsansprüche machen läßt, wenn Dritte davon betroffen sind. So hatte das venezolanische Außenministerium in einer offiziell an die kolumbianische Regierung gerichteten Note im Frühjahr 2008 den Erhalt einer Akte, die ihrer Botschaft in Bogotá überreicht worden war und bei der es sich um Dokumente aus dem Reyes-Computer gehandelt haben soll, zwar bestätigt, die vermeintlichen Dokumente jedoch umgehend zurückgeschickt. Zur Begründung hatte das venezolanische Außenministerium erklärt [4]:

Das Ministerium der Volksmacht für Auswärtige Beziehungen informiert das Außenministerium der Republik Kolumbien, dass die venezolanische Regierung die in der angesprochenen Akte enthaltenen Papiere nicht anerkennt. Im Gegenteil, sie stellen eine Sammlung unzusammenhängender und unverständlicher Schriften dar, die, nebenbei gesagt, durch skrupellose Medien aus Kolumbien und den USA für eine Einschüchterungskampagne gegen den venezolanischen Staatschef benutzt worden sind.

Die Akte hätte, so die damalige Stellungnahme der Regierung in Caracas, keinen Beweiswert und wurde zurückgegeben, wie es in der Verbalnote desweiteren hieß, "angesichts der Unmöglichkeit, die erhaltene Akte in irgendeiner Weise sinnvoll und gewinnbringend zu nutzen" [4]. Da nicht erkennbar ist, ob und inwiefern diese vermeintlichen Informationen in den seitdem vergangenen Jahren aus Sicht der venezolanischen Regierung an Beweiskraft hätten gewinnen können, müssen andere, sprich "politische" Gründe für die jetzige Haltung der Regierung Chávez angenommen werden. Augenscheinlich waren nicht einmal die deutschen, schwedischen bzw. europäischen Stellen von der Stichhaltigkeit der von Kolumbien gegen Becerra erhobenen Vorwürfe überzeugt. Hätte der nun schwedische Journalist andernfalls nicht bereits in Schweden oder bei seiner Zwischenlandung in Frankfurt am Main verhaftet werden müssen oder können, wie von kritischen Stimmen nun argumentiert wird? Das venezolanische Außenministerium führt zu seiner Rechtfertigung an, es sei aufgrund eines Interpol-Haftbefehls tätig geworden, in dem Becerra die "Vorbereitung von Verbrechen, Finanzierung von Terrorismus und der Verwaltung von Geldmitteln für terroristische Aktivitäten" zum Vorwurf gemacht worden sei. Die Existenz eines solchen internationalen Haftbefehls wird von kritischen Organisationen und Medien wie beispielsweise dem spanischen Webportal "Kaos en la Red" [2] in Frage gestellt. Träfe dieser Einwand zu, würde dies erklären, warum Becerra sowohl unbehelligt in Schweden leben als auch ungehindert nach Caracas fliegen konnte.

Dort wurde der bekannte Journalist jedoch nicht nur - auf direkte Bitte des kolumbianischen Präsidenten - verhaftet und 48 Stunden später an Kolumbien ausgeliefert. Es besteht der Verdacht, daß ihm seitens Venezuelas in diesen beiden Tagen weitere Rechte vorenthalten wurden. So wurde berichtet, daß ihm das Recht auf ein formelles Auslieferungsverfahren nicht gewährt wurde. Mehreren Quellen zufolge soll es ihm während seiner zweitägigen Haft in Venezuela verwehrt worden sein, in Kontakt mit einem Anwalt oder Angehörigen des schwedischen Konsulats zu treten. Rechtsanwälte und Politiker, die gegen die ihm drohende Auslieferung eintraten, sollen nicht zu ihm vorgelassen worden sein [1]. Kolumbianische Medien bezeichneten aufgrund dieser Umstände die Überstellung Becerras als eine Deportation und nicht als eine Auslieferung. Bei seiner Ankunft auf dem Flughafen in Bogotá soll Becerra wartenden Journalisten noch zugerufen haben, daß er kein Mitglied der FARC, sondern Korrespondent sei und als anerkannter politischer Flüchtling in Schweden lebe.

Leitet sich der Verfolgungsanspruch Kolumbiens vielleicht aus einer theoretisch immerhin möglichen früheren Mitgliedschaft Becerras in einer der kolumbianischen Guerillaorganisationen ab? Nach Angaben des venezolanischen Nachrichtenportals Aporrea ist dies nicht der Fall. Aporrea zufolge war Joaquín Peréz Becerra in der ersten Hälfte der 1990er Jahre Stadtverordneter im Bezirk Corinto für die "Union Patriótica" (UP). Diese Partei war im Jahre 1985 gegründet worden, um den schon zu diesem Zeitpunkt bereits seit rund zwei Jahrzehnten andauernden bewaffneten Konflikt innerhalb Kolumbiens politisch zu lösen. Die "Patriotische Union" unternahm den Versuch, die linken Kräfte des Landes parlamentarisch zu sammeln und zu organisieren. Allerdings hatten mehrere tausend Parteimitglieder die Beteiligung an dieser legalen politischen Arbeit mit dem Leben bezahlen müssen [3]. Paramilitärische Organisationen hatten, um den seinerzeitigen Entspannungsprozeß, der auf einem Ende der 1980er Jahre geschlossenen Friedensabkommens zwischen Regierung und Guerilla basierte, zu sabotieren, gezielt Jagd auf UP-Mitglieder und -Abgeordnete gemacht. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen sollen diesem Feldzug über 5000 Menschen zum Opfer gefallen sein, unter ihnen auch die damalige Frau Becerras, der sich angesichts dieses extremen Verfolgungsdrucks 1994 zur Flucht veranlaßt sah.

Am Sonntag hatten nicht nur schwedische Diplomaten die Nichtauslieferung und Freilassung Becerras von der venezolanischen Regierung erbeten. Zahlreiche inländische wie ausländische Organisationen und Persönlichkeiten, insbesondere auch aus der bolivarischen Bewegung, hatten diese Forderung erhoben. Für eine Kurskorrektur, wie sie nach der Festnahme Becerras noch möglich gewesen wäre, ist es nach der erfolgten Auslieferung an einen Verfolgerstaat, dessen Zahl politischer Gefangener auf 7.500 geschätzt wird und dem Folterungen und unmenschliche Haftbedingungen von einheimischen wie auch internationalen Menschenrechtsorganisationen nachgewiesen und immer wieder zum Vorwurf gemacht werden, nun zu spät.

Die Regierung Venezuelas wird sich überlegen müssen, ob die damit wie auch mit anderen, dieser Deportation vorangegangenen und ähnlich gelagerten Auslieferungen entrichtete "Blutpreis" die damit erwirkten gutnachbarschaftlichen Beziehungen zu einem Staat wie Kolumbien es wert sind, die politische Unterstützung und Verankerung in der eigenen Bevölkerung bzw. Anhängerschaft auf diese Weise zu gefährden, um nicht zu sagen aufzukündigen. Wie der Presse zu entnehmen war, waren die venezolanischen Behörden angesichts der vielfältigen Proteste gegen die Festnahme bzw. Auslieferung Becerras zu keiner weiteren Stellungnahme bereit. Demnach ist sie gewillt, die Proteste gegen ihre umstrittene Auslieferungspolitik "auszusitzen", was nicht der Erwähnung und Beanstandung wert wäre, gäbe es da nicht die erklärte Absicht einer Regierung und eines Präsidenten, die sich selbst bzw. den von ihnen repräsentierten Staatsapparat im Zuge eines sozialistischen und basisdemokratischen Entwicklungsprozesses überflüssig machen und abschaffen wollten zugunsten einer "Volksmacht", die direkt und unmittelbar durch die dann nicht mehr regierte, sondern sich selbst regierende Bevölkerung ausgeübt wird.

Einen Tag nach der heftig umstrittenen Auslieferung Becerras fand in Caracas eine Pressekonferenz mit Vertretern von 35 Basisgruppen und der dem Regierungslager nahestehenden Kommunistischen Partei (PCV) statt. Von der Regierung wurde eine Erklärung verlangt. Ein Rechtsanwalt wies daraufhin, daß dieser von den Anwesenden als politisch inakzeptabel bewertete Schritt auch die venezolanische Verfassung verletzt habe, die die Auslieferung eines Flüchtlings an einen Verfolgerstaat, in dem sein Leben und seine Integrität bedroht seien, ausschließe [5]. Präsident Chávez scheint nach wie vor gewillt zu sein, politisch einen sehr hohen Preis für diesen Kurswechsel zu bezahlen. So hatte der venezolanische Geheimdienst (!) SEBIN am Wochenende sogar regierungsnahen Politikern wie dem PCV-Generalsekretär und Parlamentsabgeordneten Oscar Figuera sowie dem Führungsmitglied der Regierungspartei Vereinte Sozialistische Partei (PSUV), Amilca Figueroa, den Zutritt zu Becerra verwehrt [5].

Daß der Weg zum Sozialismus, den sich die Bolivarische Regierung Venezuelas auf die Fahnen geschrieben hat, steinig werden würde, schmälert nicht den, wenn man so will, menschheitsgeschichtlich hohen Stellenwert solcher Bemühungen in einer Zeit, in der gegenemanzipatorische Kräfte am liebsten vergessen machen würden, daß es je einen gesellschaftsutopischen Traum dieses Namens gegeben hat. Wenn sich anhand der jüngsten Entwicklungen und Widerspruchlagen, die mit der Becerra-Auslieferung keineswegs ihren Anfang nahmen, in Venezuela und den Nachbarstaaten, aber auch in solidarisch-kritischen Bewegungen in aller Welt Enttäuschung breit macht, könnte dies, so unter Ent-Täuschung die nüchterne Beendigung vorangegangener Fehlannahmen verstanden wird, sehr wohl ein konstruktives Element aufweisen in einer nicht zuletzt auch ideengeschichtlichen Auseinandersetzung, in der das letzte Wort noch lange nicht gesprochen ist.


Anmerkungen:

[1] Joaquín Pérez Becerra bereits in Kolumbien. Amerika21.de, 26.04.2011, 07.59 Uhr,
http://amerika21.de/meldung/2011/04/28663/becerra-kolumbien

[2] FARC-Verdacht: Venezuela liefert Journalisten nach Kolumbien aus. Von Harald Neuber, Telepolis,
http://www.heise.de/tp/blogs/8/149730

[3] Linker Journalist in Venezuela verhaftet. Von Eva Haule, Amerika21.de, 26.04.2011,
http://amerika21.de/nachrichten/2011/04/28631/anncol-mitarbeiter-verhaftet

[4] Reyes-Dokumente wertlos. Venezuela bestätigt Erhalt von angeblichen Daten der Farc und gibt sie gleich wieder zurück an Kolumbien. Amerika21.de, 03.04.2008,
http://amerika21.de/nachrichten/inhalt/2008/apr/reyes-dokumente-wertlos

[5] Kritik an Auslieferung Becerras wird lauter. Amerika21.de, 28.04.2011,
http://amerika21.de/meldung/2011/04/28758/kritik-auslieferung

29. April 2011