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AFRIKA/1800: Krieg gegen die 3. Welt - Bundesmarine verhaftet Piraten (SB)


Krieg gegen die Dritte Welt

Bundesmarine unterstreicht Deutschlands Hegemonieanspruch als Teil eines westlichen Kriegsbündnisses


Operation Enduring Freedom (OEF) lautet der Titel, unter dem die Bundeswehr bereits vor sieben Jahren Kriegsschiffe an die Küste Somalias gesandt hat, um gemeinsam mit anderen Staaten sogenannte Terroristen zu jagen. Die Mission verlief weitgehend ereignislos, der gefährlichste Gegner dürfte die Zeit gewesen sein, die man totschlagen mußte.

Jetzt haben deutsche Marinesoldaten der Fregatte "Rheinland-Pfalz", die im Rahmen einer anderen Operation, nämlich der im vergangenen Jahr beschlossenen EU-Mission "Atalanta", vor Somalia kreuzt, neun Piraten verhaftet. Aus der Sicht der Bundeswehr hätte der Vorgang vermutlich nicht besser laufen können. Zum einen wurde der deutsche Frachter "MV Courier" vor dem Zugriff der Seeräuber geschützt, zum anderen trat - endlich, endlich - der Fall ein, daß die Politik gezwungen ist, einige grundlegenden Entscheidungen, beispielsweise was mit den Gefangenen zu geschehen hat, zu treffen. Dabei werden manche Unsicherheiten hinsichtlich der nicht unkomplizierten rechtlichen Fragen zu klären sein.

Am 3. März gegen kurz nach sieben Uhr morgens wurde der Frachter "MV Courier", der im überwachten Transit-Korridor zwischen Somalia und Jemen fuhr, mit Maschinengewehrsalven und Panzerfaustbeschuß angegriffen. Sofort wurde ein Notruf abgesetzt, woraufhin je ein Bordhubschrauber der "Rheinland-Pfalz" und des US-Kriegsschiffs "Monterey" starteten, den Angriff abwehrten und ein Schiff der Piraten stellten. Bei der späteren Verhaftung durch ein Enterkommando der aus 50 Seemeilen Entfernung herbeigeeilten deutschen Fregatte leisteten die Piraten keinen Widerstand.

Der Kriegseinsatz der Europäischen Union und damit auch Deutschlands wurde vom UN-Sicherheitsrat legitimiert. Der hatte im vergangenen Jahr eine Resolution verabschiedet, die es anderen Staaten erlaubt, Piraten sogar in somalische Hoheitsgewässer hinein zu verfolgen. Die Bedingungen, unter denen dies zu geschehen hat, wurden zwar allein auf Somalia begrenzt, aber selbstverständlich wurde damit ein Präzedenzfall geschaffen, der künftige Einsätze dieser Art noch geschmeidiger über das manchmal recht holprige diplomatische Parkett rutschen läßt. Und die Bundesregierung, respektive das Verteidigungsministerium, das Justizministerium und das Auswärtige Amt, beraten sich nun, wie mit den Piraten weiter zu verfahren sei.

Abgesehen von den USA und der Europäischen Union haben auch Rußland, China, Indien und weitere Staaten Kriegsschiffe ans Horn von Afrika entsandt. Vordergründig sollen Piraten bekämpft und Handelswege gesichert werden. Das rege Treiben hat jedoch einen wichtigen Hintergrund. Die somalischen Piraten erweisen sich mit ihren unermüdlichen Raubzügen als sehr nützlich, denn sie schaffen dadurch eine Vorwandslage zur Etablierung eines Überwachungsregimes für sämtliche Seehandelswege. Das dient zweifellos der Vorbereitung auf Zeiten, in denen der alltägliche Wirtschaftskrieg gegen die Dritte Welt - mehr als ein Drittel der Somalier hungert - in einen Krieg umkippt, der offen militärisch auch zwischen denen ausgetragen werden könnte, die bislang Stellvertreterkriege geführt und die Bevölkerung anderer Länder den Blutzoll haben entrichten lassen. Auf den Reißbrettern der Militärs und in Manövern der Streitkräfte von West bis Ost sind jedenfalls nicht somalische Piraten der Gegner, der mit der ganzen Zerstörungskraft militärischer Gewaltmittel in die Knie gezwungen werden soll.

5. März 2009