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JUSTIZ/643: FBI präsentiert seine jüngsten "Homegrown Terrorists" (SB)


FBI präsentiert seine jüngsten "Homegrown Terrorists"

Vereitelung eines "Terroranschlages" in New York gibt zu denken


Trotz oder gerade wegen des Einzugs des Liberaldemokraten Barack Obama als Präsident ins Weiße Haus nimmt in den USA die politische Diskussion um den vom Republikaner George W. Bush nach den Flugzeuganschlägen vom 11. September 2001 ausgerufenen "globalen Antiterrorkrieg" immer skurrilere Züge an. Die republikanische Minderheit im Kongreß wettert seit Wochen gegen die Pläne Obamas, das umstrittene Gefangenlager in Guantánamo Bay auf Kuba zu schließen, die unschuldigen Inhaftierten freizulassen und die übriggebliebenen "Terroristen" in die USA zwecks Prozesses oder Sicherheitsgewahrsams zu verlegen, entweder weil eine solche Maßnahme die nationale Sicherheit Amerikas gefährden könnte - ganz so, als würden Khalid Sheikh Mohammed, Ramzi Binalshibh und Konsorten aus der Zelle heraus mit ihren Al-Kaida-Superkräften Gebäude einstürzen lassen oder Erdbeben verursachen - oder weil den aufrechten Bürgern und Bürgerinnen der USA nicht zuzumuten ist, die 9/11-Hintermänner im örtlichen Hochsicherheitsgefängnis sitzen zu wissen.

Aus Angst, als "weich" in der Frage der Terrorabwehr dargestellt zu werden, hat sich - unglaublich, aber wahr - die demokratische Mehrheit im Kongreß auf die schwachsinnigen Argumente der republikanischen Stahlhelmfraktion eingelassen und vor wenigen Tagen dem Parteikollegen Obama eine peinliche Niederlage bereitet, indem sie die Bewilligung der von ihm beantragten Gelder für die Räumung Guantánamos verweigerte. In der Folterdebatte hat es sich der republikanische Senator aus South Carolina, Lindsey Graham, ebenfalls vor wenigen Tagen herausgenommen, sich für die Beibehaltung der Anwendung von Waterboarding bei gefangengenommenen "Terroristen" mit dem Argument stark zu machen, 500 Jahre Geschichte zeigten, daß die Wasserfolter funktioniere. Das Erschreckende ist, daß sich in Medien und Politik der USA praktisch niemand gefunden hat, der Graham wegen seiner unglaublichen, moralisch verkommenen Aussage frontal angriff - und das, obwohl praktisch jeder weiß und die bisher bekannten Daten aus dem entsprechenden Programm der CIA es bestätigen, daß Folter hauptsächlich zum Einsatz kommt, wenn man falsche Geständnisse erzwingen will.

Vor dem Hintergrund der Dauerangriffe des Ex-Vizepräsidenten Dick Cheney, der Obama bei jeder Gelegenheit bezichtigt, aus niederen politischen Motiven eine unnötige Folterdebatte losgetreten und damit die nationale Sicherheit Amerikas in Gefahr gebracht zu haben, wartete am 21. Mai das FBI mit der Nachricht von der Vereitelung einer Reihe schwerer "Terroranschläge" im Bundesstaat New York auf. Eine nähere Untersuchung der bisher bekannten Details des Komplottes, wegen dessen Verhinderung sich derzeit Justizministerium, FBI, New Yorks Polizei und Bürgermeister Michael Bloomberg groß feiern lassen, macht eines deutlich: ohne die tatkräftige Unterstützung der Behörden hätte es die jüngste Verschwörung vermutlich niemals gegeben. Das Bombenmaterial für den Anschlag auf eine jüdische Synagoge - und vermutlich die Pläne für den Abschuß eines Militärflugzeuges - stammten von einem Spitzel der Polizei.

Unter Anklage stehen der 44jährige James Cromitie, der 28jährige David Williams, der 32jährige Onta Williams und der 27jährige Laguerre Payen. Es handelt sich allesamt um bettelarme Kleinkriminelle aus der nördlich der Großmetropole New York liegenden Kleinstadt Newburgh, die das Unglück hatten, von den Behörden für eine Statistenrolle bei einer großen Antiterrorinszenierung ausgewählt worden zu sein. Cromitie hat 12 Jahre seines Lebens hinter Gitter verbracht - zuletzt wegen des Verkaufs von Drogen hinter einer Schule an verdeckte Ermittler. Payen gilt als leicht geisteskrank, nahm Medikamente gegen Schizophrenie und lebte in einer völlig verwahrlosten Wohnung. Seine letzte Festnahme erfolgte 2002, nachdem er auf offener Straße zwei Handtaschen gestohlen hatte. Onto Williams soll seit seiner Jugend crack-süchtig sein.

David Williams, der in einem Steakhouse arbeitete, wurde von den Ermittlern als "besonders gewalttätig" eingestuft. Zum Beleg dieser Behauptung hieß es, als die vier Verdächtigen eine Pistole von einem angeblich bekannten Anführer der Gang der Bloods in Brooklyn für 700 Dollar gekauft hatten, habe Williams anschließend damit geprahlt, daß er, wäre er allein gewesen, den Mann erschossen, die Waffe eingesteckt und die 700 Dollar behalten hätte. Die naheliegende Frage, wie er sich gegen die rachedürstigen Blood-Kameraden des Getöteten hätte wehren wollen, läßt erkennen, daß es sich bei jener Äußerung um reine Angeberei und keinen Beweis für gar nichts gehandelt hat. Alle vier Männer gelten als Moslem-Konvertiten, die ihren ersten Kontakt mit dem Islam im Gefängnis machten.

Die Geschichte nahm für die vier "homegrown terrorists" in spe ihren unheilvollen Lauf, als Cromitie im Juni 2008 in der Moschee in Newburgh den Polizeispitzel, dessen Name bisher nicht an die Öffentlichkeit gelangt ist, traf. Dazu heißt es im Bericht der New York Times vom 22. Mai unter Verweis auf den Imam der Moschee, Salahuddin Mustafa Muhammad:

Er [Cromitie] konnte nicht wissen, daß der Weg des Fremden in die Moschee 2002 begonnen hatte, als er wegen Identitätsdiebstahls festgenommen worden war. Er wurde zu fünf Jahren auf Bewährung verurteilt und wurde zu einem Geheiminformanten des FBI. 2007 begann er, die Moschee zu besuchen, sagte Herr Muhammad.

Das Verhalten des Fremden löste beim Imam Mißtrauen aus. Er lud andere Beter zum Essen ein und sprach über Gewalt und Dschihad, also machte der Imam um ihn einen Bogen.

"Bei ihm stimmte irgend etwas nicht", erklärte Herr Muhammad. Mitglieder der Moschee "hielten ihn für einen Behördenspitzel".

Warum Cromitie und seine Freunde, die keine regelmäßigen, sondern eher gelegentliche Moscheebesucher waren, den Polizespitzel nicht durchschauten, ist unklar. Fest steht, daß er ihr Vertrauen gewann, indem er sie regelmäßig in das Restaurant Dannys in Newburgh zum Essen einlud. Nach Angaben, die der Restaurantinhaber Danny Leon gegenüber der New York Times gemacht hat, war der Mann um die fünfzig Jahre alt und hatte "für die Gruppe meistens bezahlt". Leon hielt ihn "für den Anführer". Der Mann gab an, Kontakte zur bekannten pakistanischen Untergrundorganisation Jaisch-e-Mohammed (J-e-M) zu haben, von der er Waffen besorgen könnte. Nach monatelanger Planung wurde das ganze ernst, als die Gruppe am 6. Mai nach Stamford, Connecticut, fuhr und aus einer Lagerhalle eine Boden-Luft-Rakete vom Typ Stinger und C4-Plastiksprengstoff abholte, die sie von der J-e-M für ihren ehrgeizigen Feldzug gegen die christlichen Kreuzzügler im eigenen Land gespendet bekommen haben soll. Das ganze Kriegsmaterial stammte vom FBI und war angeblich funktionsunfähig. Mit der Rakete wollten die Festgenommenen - von denen keiner soldatische Erfahrungen aufweisen kann - ein Militärflugzeug beim Starten oder Landen auf einem Flugplatz der Nationalgarde in Newburgh abschießen. Verhaftet wurden sie schließlich am 20. Mai gerade in dem Moment, als sie vor einer Synagoge im Viertel Riverdale in nördlichen New Yorker Stadtteil Bronx ein mit dem - völlig ungefährlichen - Sprengstoff präpariertes Auto abgestellt hatten.

Wie sehr sich die vier nicht nur ressourcen-, sondern auch bildungstechnisch minderbemittelten Männer in eine Falle des FBI haben locken lassen, geht aus folgender Passage aus dem NYT-Artikel "In Bronx Bomb Case, Steps and Missteps, on Tape" von Michael Wilson hervor:

Bemerkenswerterweise spielen sich große Teile der von den Behörden beschriebenen Verschwörung - das Gerede vom Töten von Juden, die Überprüfung der sogenannten Waffen - vor einem Großaufbau an versteckten Kameras und Mikrophonen ab ... Laut Anklage wurde alles in einem Haus in Newburgh, einer Lagerhalle in Stamford sowie das Abstellen der sogenannten Bomben im Bronx-Viertel Riverdale aufgenommen.

Demselben Artikel entnimmt man die Informationen, daß der Polizeispitzel bereits am 3. Juli 2008 über ein verdecktes Mikrophon das Gespräch mit Cromitie aufnahm. Gleich bei dieser Gelegenheit soll Cromitie sein Interesse, "Dschihad zu tun", bekundet haben. Der frühe Zeitpunkt der Aufnahme - offenbar handelt es sich um eine der allerersten Begegnungen der beiden Männer - läßt den Schluß zu, daß die Initiative zum "Anschlag" vom Spitzel und dessen Hintermännern beim FBI ausging und daß diese lediglich irgendwelche "nützlichen Idioten" suchten, um der Öffentlichkeit in den USA den erneuten Terror-Schreck einzujagen.

22. Mai 2009