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LATEINAMERIKA/2329: Unbeirrt legt Kuba sozialistischen Kurs an (SB)


Raúl Castro warnt vor Improvisationen und übereilten Schritten


Ungeachtet ihrer leidvollen Erfahrungen mit dem US-Imperialismus hatten die Regierungen Lateinamerikas bis hin zu den entschiedensten Kritikern der Bush-Administration dem neuen Präsidenten Barack Obama einen enormen Vertrauensvorschuß gewährt, um die Tür für neu definierte Beziehungen offenzuhalten. Die Ankündigung Obamas, er wolle eine veränderte Herangehensweise im Umgang mit den Nachbarn im Süden praktizieren, hielt man als Prüfstein die jahrzehntelange Blockade Kubas entgegen, deren umgehende Aufhebung für das klarste und eindeutigste Signal ernster Absichten und glaubwürdiger Vorhaben im Weißen Haus erachtet wurde. Obama blieb diesen Beweis schuldig und fügte mit den Militärstützpunkten in Kolumbien und der heimlichen Unterstützung der Putschisten in Honduras weitere unzweideutige Hinweise hinzu, daß die US-amerikanische Doktrin in dieser Weltregion unverändert durchgetragen wird, wobei auf die plumpen Attacken Bushs die salbungsvollen Worte Obamas folgen.

Die Vereinigten Staaten und Kuba unterhalten seit 1961 keine diplomatischen Beziehungen mehr, und das US-Embargo gegen den Karibikstaat dauert seit 1962 an. Von der erhofften Beilegung der jahrzehntelangen Kontroverse bei Amtsantritt Obamas Anfang des Jahres kann inzwischen keine Rede mehr sein, da die geringfügigen Verbesserungen weit hinter den Erwartungen zurückblieben. Dennoch bekräftigte Kubas Präsident Raúl Castro in seiner Rede zum Abschluß der Wintersitzung der kubanischen Nationalversammlung, er sei ungeachtet des Streits um den festgenommen US-Bürger weiter an einer "endgültigen Ausräumung der Differenzen mit den USA" interessiert. [1]

Der Feind sei jedoch genauso aktiv wie früher, warnte Castro, welcher der Regierung von US-Präsident Barack Obama vorwarf, sie führe eine antikubanische Kampagne und habe die Opposition im großen Stil mit hochentwickelten Kommunikationsgeräten ausgestattet. Die USA versuchten weiter, sich in feindlicher Absicht in die inneren Angelegenheiten Kubas einzumischen, wofür die USA Millionenbeträge aufwendeten. [2]

Anfang Dezember hatten die kubanischen Behörden einen Mitarbeiter der US-Entwicklungshilfeorganisation Development Alternatives festgenommen, der einem Bericht der New York Times zufolge im Auftrag der US-Regierung Handys und Computer in Kuba vertrieb. Nachdem die Regierung in Washington die Festnahme bestätigt und dies mit Angriffen auf Havanna verbunden hatte, äußerte sich nun erstmals auch die kubanische Seite zu dem Vorfall.

Bei ihrer Sitzung bestimmte die Nationalversammlung mit Ramiro Valdés und Gladys Bejerano zwei neue Vizepräsidenten für den Staatsrat, dem Raúl Castro vorsitzt. Der 77 Jahre alte Valdés kämpfte von Anbeginn an der Seite Fidel Castros gegen die Diktatur in Kuba. Die 62jährige Bejerano ist die Chefin der Behörde, sie seit diesem Sommer die Korruption in den staatlichen Strukturen bekämpfen soll. Die beiden Funktionäre ersetzen den im September verstorbenen Kommandanten Juan Almeida und den im März in Ungnade gefallenen Reformer Carlos Lage. Die Deputierten bestätigten ferner die Entsendung weiterer Persönlichkeiten in das aus 31 Personen bestehende Staatsgremium. [3]

Mit besonderer Aufmerksamkeit wurden Castros Aussagen zur Wirtschaftspolitik verfolgt. Kuba war im Sommer 2008 von einer Serie von Wirbelstürmen verwüstet worden und leidet unter den Auswirkungen der weltweiten Systemkrise des Kapitalismus. Das Land ist in hohem Maße auf die Einfuhr von Konsum- und Produktionsgütern, aber auch von Lebensmitteln angewiesen.

Präsident Castro ließ keinen Zweifel daran, daß Kuba mit seinem sozialistischen Wirtschaftsmodell weiter voranschreiten wird. Es dürfe dabei keine Improvisationen und keine Eile geben, da Änderungen zu einer Stärkung der sozialistischen Gesellschaft führen müßten. "Es ist richtig, in Richtung Zukunft zu gehen, aber mit festem und sicherem Schritt, denn wir haben einfach nicht das Recht, uns zu irren", sagte Castro. Die Weltwirtschaftskrise zwinge zu Verbesserungen des Wirtschaftsplans und zu Einsparungen, was auch für die nahe Zukunft gelte, da man nicht mehr ausgeben könne, als man besitze. Im kommenden Jahr müßten die Finanzmittel so investiert werden, daß die Einfuhren verringert werden und die Ausfuhren zunehmen.

Bürgerliche Medien kommentierten die Aussagen Raúl Castros mit dem obligatorischen Tadel, er habe die Hoffnungen auf eine rasche Besserung der Wirtschaftslage durch Reformen gedämpft. Wenngleich seriös zu nennende Experten angesichts der Weltwirtschaftskrise inzwischen seltener wagen, das kapitalistische System unverhohlen als allein selig machend anzupreisen, spart man doch nicht mit kaum kaschierten Seitenhieben gegen den kubanischen Gesellschaftsentwurf, den die kapitalistische Glaubenskongregation wie ehedem zu einer verworfenen Ausgeburt des Bösen erklärt.

Anmerkungen:

[1] Raul Castro dämpft Hoffnungen auf Reformen (21.12.09)
http://derstandard.at/1259282399526/Raul-Castro-daempft-Hoffnungen-auf- Reformen

[2] Kuba lehnt bessere Beziehungen zu den USA ab (21.12.09)
http://www.dw-world.de/dw/function/0,,12356_cid_5041770,00.html

[3] Raúl Castro gegen weitere Reformen. Kubanischer Präsident dämpft Hoffnungen auf rasche wirtschaftliche Verbesserungen (21.12.09)
http://www.nzz.ch/nachrichten/international/kuba_castro_reformen_1.4286471.html

21. Dezember 2009