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MEDIEN/451: Großer Hype um Hillary Clintons Killerinstinkt (SB)


Großer Hype um Hillary Clintons Killerinstinkt

New York Times feiert US-Außenministerin als weiblichen John Wayne



In den angloamerikanischen Medien wird Hillary Clinton aktuell wegen ihres angeblichen Sinnes für Humor, aber vor allem als Ikone der Macht hochgefeiert. Zwei Politikinteressierte aus Washington D. C., Stacy Lambe and Adam Smith, haben vor wenigen Tagen durch die Einrichtung des Tumblr-Feed "Texts from Hillary" den Rummel um die ehemalige First Lady ausgelöst. Dort wird ein bekanntes Agenturfoto von der US-Außenministerin von 2011, wie sie, eine schwarze Sonnenbrille tragend, auf einem ledernen Erste-Klasse-Sessel im Frachtraum einer Militärmaschine hinter einem improvisierten Schreibtisch sitzt und sich ungeachtet der Aktivität ihrer Mitarbeiter im Hintergrund ihrem Blackberry widmet, neben Fotos anderer Berühmtheiten gestellt, die ebenfalls an ihrem Smartphone oder I-Pad herumhantieren. Dazu kommen komische Texte, wie die US-Chefdiplomatin im modernen SMS- bzw. Twitter-Sprech auf die Botschaften ihrer imaginären Gesprächspartner reagiert und sie - in der Regel - kurz und bündig unterbuttert.

Innerhalb kürzester Zeit wurden die "Texte von Hillary" im Internet ein großer Hit. Besucher des Tumblr-Feeds reichten eigene Vorschläge ein. Zu den gelungensten Witzen gehört eine Gegenüberstellung, bei der Präsident Barack Obama und Vizepräsident Joseph Biden von dem Weißen Haus aus Kabinettskollegin Clinton auf das neueste Video des Teenieschwarms Justin Bieber aufmerksam machen. Dazu die Zurechtweisung der vielbeschäftigten Außenministerin: "Zurück an die Arbeit, Jungs". In einem anderen Bilderpaar fragt Clintons Vorgängerin im Außenministerium, Condoleezza Rice, nach dem Verbleib ihrer "Lieblingssonnenbrille". Darauf die nicht zufällig sonnenbebrillte Hillary: "Tut mir Leid, Condi, habe sie nicht gesehen". In einer weiteren Zusammenstellung ist ein Foto von Meryl Streep auf dem roten Teppich vor der Verleihung der diesjährigen Oscars in Hollywood zu sehen, wo sie mit ihrem Smartphone Hillary vorschlägt, sich am nächsten Tag zum "Brunch" zu treffen. "Geht klar", lautet die knappe Antwort der ehemaligen Senatorin aus New York.

Im englischen Original lautet die Antwort "Obviously". Der Witz geht hierbei auf die Tatsache zurück, daß Streep an jenem Abend den Oscar als beste Darstellerin für ihre Hauptrolle in "The Iron Lady", der Filmbiographie der früheren britischen Premierministerin Margaret Thatcher, erhielt. Aus Sicht von Lambe und Smith ist es daher "offensichtlich", daß sich Streep am Tag nach den Oscars zum Mittag mit der derzeit mächtigsten Frau der Welt treffen will und Clinton mit der cineastischen Verkörperung jener Frau zu sprechen wünscht, die sich wie keine andere in der modernen Zeit gegen die Männerwelt durchgesetzt hatte.

Es ist dieselbe Härte, gepaart mit einer Prise Selbstironie, weswegen Hillary Clinton so gefeiert wird. Die Gattin von Bill Clinton ist inzwischen längst aus dessen Schatten getreten. Hätte es vor vier Jahren den politischen Wunderknaben und demokratischen Parteikollegen Barack Obama nicht gegeben, wäre Hillary mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die erste Präsidentin der USA geworden. Gegen sie hätte der Kandidat der Republikaner, Senator John McCain, keine Chance gehabt. Seitdem packt Clinton die Aufgabe als Secretary of State mit viel Energie und Elan an. Angeblich will sie nach Ende der ersten Amtszeit Obamas zurücktreten. Es wird eifrig spekuliert, ob sie dann einfach in die Rente gehen oder sich vielleicht doch noch auf eine Kandidatur bei der Präsidentenwahl 2016 vorbereiten will.

In ihrer Kolumne bei der New York Times hat am 11. April Maureen Dowd, eine der größten Bewunderinnen Hillarys überhaupt, die Aufregung um die Tumblr-Bildreihe unter der Überschrift "State of Cool" abgehandelt. Dadurch, daß sie am Tag zuvor Lambe und Smith nach Foggy Bottom ins State Department einlud und sich lächelnd mit den beiden Kommunikationsspezialisten fotografieren ließ, hätte Hillary ihr "neues Cool-Image zementiert" und den Spekulationen um eine Präsidentschaftskandidatur in vier Jahren neuen Auftrieb verliehen, so Dowd. Der Coolness-Metapher entsprechend meinte die vielgelesene NYT-Kolumnistin, auf dem Foto aus dem Flugzeugfrachtraum sehe Hillary aus, "als wenn sie bereit ist, jemanden kaltzumachen". Für alle Nachrichtenjunkies der englischsprachigen Welt verbirgt sich in jener Formulierung ein Insider-Witz der ganz perfiden Art.

Tatsächlich wurde das Foto aufgenommen, bevor Clinton am 18. Oktober zusammen mit ihrem Stab von Malta zu einem Überraschungsbesuch in die libyschen Hauptstadt flog, um sich dort mit den neuen Machthabern vom Nationalen Übergangsrat zu treffen. Zu diesem Zeitpunkt war der Bürgerkrieg in Libyen infolge der NATO-Luftangriffe zugunsten der Rebellen fast schon zu Ende. Erbitterten Widerstand leisteten nur noch die Getreuen von Muammar Gaddhafi in dessen Heimatstadt Sirtre, weshalb man damals vermutete, der Revolutionsführer halte sich dort auf. Nur 48 Stunden später wurde Gaddhafi beim Versuch, Sirtre mit einem Autokonvoi zu verlassen, von NATO-Flugzeugen beschossen, von Aufstandischen gefangen genommen, gefoltert und gelyncht. Als Clinton, die sich inzwischen in der afghanischen Hauptstadt Kabul aufhielt, davon erfuhr, erklärte sie selbstzufrieden kaiserlich: "Wir kamen. Wir sahen. Er starb". Als mitreisende US-Journalisten sie fragten, ob ihr Blitzbesuch in Tripolis etwas mit Gaddhafis plötzlichem Ableben zu tun gehabt hatte, stand ihr lachender Gesichtsausdruck im Widerspruch zum geäußerten "Nein". Unter anderem deswegen hält sich hartnäckig der Verdacht, Clinton hätte Gaddhafi über Mittelsmänner in Libyen freies Geleit versprochen, um ihn erst aus seinem Versteck zu locken und dann töten zu lassen.

Wer die Kolumne Maureen Dowds regelmäßig liest, weiß, daß ihr solche Einzelheiten längst vertraut sind und daß die NYT-Journalistin Hillary ob ihres ausgeprägten, von keinem Mann in Washington zu übertreffenden Killer-Instinkts unverhohlen lobt. Die Wortwahl "... als wenn sie bereit ist, jemanden kaltzumachen" ist eine zynisch-versteckte Anspielung auf die Ermordung Gaddhafis und zugleich die ekelhafte Verherrlichung einer Kriegsverbrecherin. Schwarzer Humor gepaart mit schlauem Doppelsinn: Darauf fährt die intellektuelle Elite in der Anglosphäre total ab. Für sie dürfte Dowds letzte Kolumne ein delikater Hochgenuß gewesen sein.

Weniger genüßlich - außer vielleicht für geistegestörte Psychopathen - sind die Angaben, die Ian Cobain am 9. April im britischen Guardian über die Umstände der "außergewöhnlichen Überstellung" des libyschen Islamisten Abdel Hakim Belhadsch und dessen Familie nach der Festnahme in Thailand im Jahre 2004 durch die CIA nach Libyen machte. Der Fall bringt gerade dieser Tage die Mitglieder der damaligen britischen Regierung Tony Blairs wegen ihrer Beteiligung an der anschließenden Folterung von Belhadsch durch die libyschen Behörden arg in die Bredouille. Belhadsch, der letztes Jahr eine wichtige Rolle beim "Regimewechsel" in Tripolis spielte, hat die Verantwortlichen für seine Tortur bei einem Gericht in London angezeigt. Damit der Fall nicht vor Gericht verhandelt wird, strebt London derzeit einen Vergleich an und bietet Belhadsch eine Million Pfund Schweigegeld.

In Cobains Artikel wird berichtet, wie drei schwarzmaskierte CIA-Mitarbeiter Belhadschs Frau Fatima Bouchar, gegen die keine Verdachtsmomente für eine Beteiligung an "terroristischen" Aktionen vorlagen, für die Abreise von Bangkok nach Tripolis vorbereiteten. Obwohl im vierten Monat schwanger, was den CIA-Agenten bekannt war, wurde sie über den ganzen Körper mit dickem Lassoband an einer Trage gebunden und konnte sich in dieser Position 17 Stunden lang nicht bewegen. Weil sie das eine Auge nicht rechtzeitig schließen konnte, blieb es den ganzen Flug über offen, was eine zusätzliche Qual bedeutete. Zuvor hatte Belhadschs Frau nach der Verhaftung fünf Tage in einer Zelle verbracht, mit der linken Hand an der Wand und mit beiden Fußgelenken am Boden angekettet, und dabei nur Wasser, aber keine Nahrung bekommen.

In einem bitterbösen Kommentar, der am 10. April auf seinem Blog Empire Burlesque erschienen ist, hat Chris Floyd zu Recht die Tatsache angeprangert, daß die Angehörigen der westlichen Geheimdienste und Streitkräfte inzwischen regelmäßig mutmaßliche "Terroristen", aber auch unschuldige Menschen, die ganz zufällig in die nationale Sicherheitsmaschinerie geraten, auf eine Weise behandeln, die bei den schlimmsten Nazi-Schergen Adolf Hitlers zu befolgen, sich ihre Vorgänger verweigert hätten. Floyd spricht in diesem Zusammenhang von den "Perverts in Power: The Torture-Lovers Who Rule Us", den "Perversen an der Macht: Die Folter-Liebhaber, die uns beherrschen". Für diese machtgeile Menschengattung ist die vermeintlich obercoole Hillary Clinton derzeit das profilierteste Exempel.

12.‍ ‍April 2012