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NAHOST/1133: EU und USA bereiten sich auf Krieg mit dem Iran vor (SB)


EU und USA bereiten sich auf Krieg mit dem Iran vor

Beiderseits des Atlantiks stimmt man sich auf den Militäreinsatz ein


Als am 23. Januar die EU-Außenminister die Verhängung eines Embargos gegen den Import iranischer Ölprodukte und die Einfrierung aller Konten der Iranischen Zentralbank beschlossen, erklärten die dafür verantwortlichen Spitzenvertreter der europäischen Diplomatie unisono, mit den drakonischen Maßnahmen wollten sie im sogenannten Atomstreit den Druck auf Teheran erhöhen, die Iraner zur Rückkehr an den Verhandlungstisch bewegen und auf diese Weise einen Krieg verhindern. Kaum aber war der Beschluß in Brüssel gefällt worden, da ging schon die Diskussion darüber los, was man zu tun gedenke, sollten die Iraner - wie von allen ohnehin erwartet - nicht klein beigeben. Dann werde der Westen wohl nicht umhinkönnen, dem widerspenstigen "Regime" das Fürchten zu lehren, so die einhellige Meinung derjenigen, die sich nur Stunden davor als Friedensstifter aufgespielt hatten.

Am 24. Januar erklärte der britische Außenminister William Hague vor dem Unterhaus in London, der tags zuvor verhängte Maßnahmenkatalog der Europäischen Union sei "dazu nicht gedacht, einen Konflikt herbeizuführen, sondern ... durch die Erhöhung des Drucks in Richtung auf eine Lösung dieser Streitereien den Konflikt zu vermeiden". Der konservative Parteikollege von Premierminister David Cameron behauptete, in London würde man "keinen Militäreinsatz am [Persischen - Anm. d. SB-Red.) Golf planen", versicherte gleichwohl, daß die britische Generalität "viele Ausweichpläne für die unterschiedlichen Eventualitäten" habe. Etwas deutlicher wurde am selben Tag der britische Verteidigungsminister Phillip Hague. Er nannte die Entsendung der britischen Fregatte Argyll in den Persischen Golf - sie hatte am 22. Januar in Begleitung des US-Flugzeugträgers Abraham Lincoln die Straße von Hormus passiert - ein "klares Signal" an die Machthaber in Teheran. Sollte sich die Konfrontation mit dem Iran weiter zuspitzen, könnte die britische Marine ihre Präsenz im Persischen Golf "jeder Zeit" erhöhen, so Hammond.

Am 25. Januar erschien in der New York Times der Artikel "Sanctions Against Iran Grow Tighter, but What‹s the Next Step?". Vor dem Hintergrund, daß die Iran-Frage sich zum wichtigsten außenpolitischen Thema beim Kampf um die Nominierung zum diesjährigen republikanischen Präsidentschaftskandidaten entwickelt habe und die beiden Hauptbewerber - Newt Gingrich und Mitt Romney - Präsident Barack Obama einen zu nachsichtigen Umgang mit den Mullahs in Teheran vorwerfen, berichtete Helene Cooper vom Stand der Diskussion im Weißen Haus, im State Department Hillary Clintons und im Pentagon Leon Panettas. In den Fluren der wichigsten Washingtoner Ministerien dränge sich laut Cooper die Einsicht immer mehr auf:

"daß härtere Sanktionen und die zunehmende globale Isolation den Iran zu der Entscheidung zwingen könnte, daß der einzige Weg, den Druck des Westens abzuschütteln, darin liegen könnte, sein Programm zu beschleunigen und zur Atommacht zu werden. Das ließe dem Westen keine andere Wahl, außer den Iran in Ruhe zu lassen, um keine nukleare Konfrontation zu provozieren."

Wie man weiß, haben Präsident Obama und Verteidigungsminister Panetta mehrmals erklärt, Amerika werde niemals einen nuklearbewaffneten Iran akzeptieren und daß für Washington schon das Streben Teherans nach dem Besitz der Atombombe eine "rote Linie" überschreiten würde. Von daher sind die jüngsten Äußerungen von Ray Takeyh, einem ehemaligen Mitarbeiter der Obama-Regierung und derzeit Iran-Referent beim einflußreichen New Yorker Council on Foreign Relations, von nicht geringer Bedeutung. Im besagten NYT-Artikel wurde Takeyh dahingehend zitiert, daß sich Washington, sollten die Finanz- und Handelssanktionen Teheran nicht zum Einlenken bewegen, über kurz oder lang zur militärischen Aktion gezwungen sehen würde. "Irgendwann verstummt die Musik und man findet sich in einem anderen und gefährlicheren Ort wieder". So poetisch die Metapher des CFR-Vertreters Takeyh auch klingt, um so schrecklicher ist das darin angedeutete Kriegsszenario.

26. Januar 2012