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USA/1204: Folterskandal weckt Zweifel an offizieller 9/11-Theorie (SB)


Folterskandal weckt Zweifel an offizieller 9/11-Theorie

Ist Chaled Scheich Mohammed kein "Chefplaner", sondern der Sündenbock?


Die Bekanntgabe von immer mehr Details des von Ende 2001, Anfang 2002 von der republikanischen Regierung George W. Bush initiierten Programms zur systematischen Mißhandlung gefangengenommener, islamistischer "Terroristen" hat in den USA eine heftige Debatte zum Thema Folter ausgelöst. Weil die auf Anweisung des Weißen Hauses ergriffenen Maßnahmen nach amerikanischem und internationalem Recht unter Strafe stehen, drohen den Verantwortlichen juristische Schritte. Dies gilt sowohl für diejenigen Personen, welche die Foltermethoden unmittelbar anwandten, als auch für die Juristen wie Jay Bybee, David Addington und John Yoo, welche sich windige, wenig stichhaltige Rechtfertigungen dafür ausdachten, als auch für die Initiatoren der ganzen Schweinerei wie Bush und seine damaligen Kabinettsmitglieder Vizepräsident Dick Cheney, Außenminister Colin Powell, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, Justizminister John Ashcroft, CIA-Chef George Tenet und die Nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice. Deswegen arbeitet die demokratische Nachfolgeregierung Barack Obama derzeit mit den Spitzenvertretern beider Parteien im Kongreß fieberhaft daran, den Skandal einzudämmen.

Als elegante Lösung schwebt den Kompromißbereiten eine Untersuchung durch den Geheimdienstausschuß des Senats vor, die unter dem Vorsitz der Demokratin Dianne Feinstein aus Kalifornien hinter verschlossenen Türen stattfinden sollte und mit der man die unappetitliche Affäre zu den Akten legen könnte. Mit einer solchen Regelung soll den drohenden Anhörungen in den Justizausschüssen von Repräsentantenhaus und Senat unter dem Vorsitz der Demokraten Patrick Leahy und John Conyers die Spitze genommen und sollen die Anhänger von Cheney, Rumsfeld und Konsorten in den Medien, bei den Republikanern sowie beim Geheimdienst und Militär besänftigt werden. Ob damit der Skandal beigelegt werden kann, muß sich jedoch erst noch zeigen.

Aus allem, was bisher über diese schändliche Episode in der US-Geschichte bekanntgeworden ist, geht eindeutig hervor, daß es nicht - wie immer behauptet wird - die Sorge um einen erneuten Anschlag wie den 11. September 2001 war, weshalb die Bush-Administration foltern ließ. Sie setzte sich mutwillig über Warnungen seitens hochrangiger Experten des Außenministeriums, der CIA, des FBI, des Justizministeriums und der US-Armee hinweg, daß die Foltermethoden nicht nur illegal, sondern ineffektiv wären, weil sie falsche Geständnisse statt verwendbarer Erkenntnisse im Kampf gegen den "Terrorismus" lieferten. Dies spricht für die These, daß es der Bush-Administration dabei gerade um solche falsche Geständnisse ging, um "Beweise" für eine nicht-bestehende Verbindung zwischen Saddam Hussein und Osama Bin Laden und damit eine Begründung für den längst beschlossenen, völkerrechtlich illegalen Krieg gegen den Irak zu fabrizieren. Unter schwerer Folter hat Abu Zubaydah, den man im August 2002 83mal der Wasserfolter unterzog, jene Märchengeschichten der White House Iraq Group (WHIG) und des Office of Special Plans (OSP) im Pentagon "bestätigt", welche im Februar 2003 Powell vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen als Beleg für einen "finsteren Nexus" zwischen Bagdad und dem Al-Kaida-"Netzwerk" präsentierte.

Wie erschreckend wenig es bei der körperlichen und seelischen Peinigung derjenigen Islamisten, die das Unglück hatten, in einem der berüchtigten "black sites" der CIA zu landen, um Terrorabwehr ging, geht aus jenem bemerkenswerten Gastkommentar eindeutig hervor, mit dem sich unter dem Titel "My Tortured Decision" der ehemalige FBI-Agent Ali Soufan erstmals zur Folterdebatte meldete. Soufan arbeitete von 1997 bis 2005 als FBI-Sonderermittler und war seinerseits nur eines von acht Mitgliedern der US-Bundespolizei, die fließend arabisch sprechen konnten. Folglich war er an den ersten Vernehmungen von Abu Zubaydah nach dessen Verhaftung im März 2002 beteiligt. Nach Angaben von Soufan wollten er selbst und die anderen FBI-Kollegen nichts mit Folter zu tun haben, weshalb das Weiße Haus auf die Mitarbeit von privaten Experten wie dem Psychologen James Mitchell, der mittels "verschärfter Vernehmungsmethoden" die Betroffenen in einen Zustand der "erlernten Hilflosigkeit" versetzen wollte, zurückgriff.

Nach dem Einmarsch in den Irak stellten sich die "Erkenntnisse", die man per Folter aus Abu Zubaydah hinsichtlich der Al-Kaida-Verbindungen und "Massenvernichtungswaffen" Saddam Husseins herausgequetscht hatte, als völliger Humbug heraus. Angesichts dessen, was man in den letzten Tagen über die Folterpraktiken erfahren hat, muß man sich endlich die Frage stellen, was es mit dem "Geständnis" von Chalid Scheich Mohammed, dem angeblichen Chefplaner der Flugzeuganschläge vom 11. September auf sich hat. Der in Kuwait als Sohn pakistanischer Eltern geborene Belutsche soll im September 2002 in Karatschi zusammen mit Ramsi Binalschibh, dem Freund des mutmaßlichen Anführers der 19 Flugzeugattentäter, Mohammed Atta, aus gemeinsamen Tagen in Hamburg, festgenommen worden sein. Anfang Juni 2002 hatten die Behörden in Washington KSM - das Akronym geht auf die englische Schreibweise Khalid Sheikh Mohammed zurück - zum "wahren Mastermind" der 9/11-Operation erklärt. Damals stand die Bush-Regierung wegen der Geheimdienstspannen in Verbindung mit den Flugzeuganschlägen unter erheblichen Druck, weshalb am 7. Juni 2002 Andrew Gumbel in der britischen Tageszeitung Independent den "Zeitpunkt der Bekanntgabe" der Rolle KSMs beim 11. September als "konstruiert" bezeichnete. Irgendwann im selbem Sommer luden KSM und Binalschibh den Al-Jazeera-Journalisten Yosri Fouda zu einem Exklusivinterview an einem geheimen Ort in Pakistan ein, bei welcher Gelegenheit sie mit ihrer jeweiligen Verwicklung in die Flugzeuganschläge prahlten, nur um wenige Tage nach der Ausstrahlung des Tonbandmitschnitts - und damit für die Bush-Administration rechtzeitig zum ersten Jahrestag des 11. September - festgenommen zu werden.

Doch bereits um diesen Vorfall ranken sich die Legenden. In einem Bericht der Asia Times Online vom 30. Oktober 2002 behauptete der meistens gutinformierte Syed Saleem Shahzad, KSM sei bei besagter Polizeirazzia in einer Wohnung in Karatschi einen Monat zuvor im Kugelhagel gestorben und lediglich Binalschibh sei festgenommen worden. Deswegen meldeten einige Journalisten, darunter der britische Nahost-Experte Robert Fisk, Zweifel an, als am 2. März 2003 die pakistanischen Behörden bekanntgaben, KSM am Tag davor bei einer Razzia in einem Haus in Rawalpindhi habhaft geworden zu sein. Von diesem Moment an bis zu seiner Überstellung nach Guantánamo Bay im September 2006 soll man KSM in irgendwelchen Geheimgefängnissen der CIA im Ausland untergebracht haben.

In seinem Gastkommentar für die New York Times schreibt Ali Soufan, daß ein FBI-Kollege von ihm, "der mehr als jeder anderer über Khalid Sheikh Mohammed wußte", zu diesem nicht zugelassen wurde, weil er nicht bereit war, die Foltermethoden der Bush-Regierung mitzutragen. Diese erstaunliche Tatsache zusammen mit der jüngsten Erkenntnis, daß KSM im März 2003 183mal mit dem Waterboarding traktiert wurde, läßt große Zweifel an jenem "Geständnis" aufkommen, mit dem dieser Mann im Frühjahr 2007 seine Verwicklung in die Flugzeuganschläge, 30 weitere "Terrorangriffe" der Al Kaida und die Ermordung des Wall-Street-Journal-Reporters Daniel Pearl zugab. Nicht umsonst hat der ehemalige CIA-Agent und Nahost-Experte Robert Baer in einem Gastkommentar, der am 15. März 2007 im Nachrichtenmagazin Time erschienen ist, die Erklärung KSMs als Sammelsurium von Übertreibungen und Erfindungen, die wenig Beweiskraft enthielten, abgetan.

In einem Artikel, der am 26. April in der Washington Post unter der Überschrift "Effectiveness Of Harsh Questioning Is Unclear - Detainee May Have Faced Few Traditional Tactics" erschienen ist, findet man folgende seltsame Angabe der Journalisten Joby Warrick und Peter Finn zur post-terroristischen Karriere KSMs: "Mohammed erwies sich noch lange, nachdem die Zwangsvernehmungen beendet waren, als wertwolle Informationsquelle. In der Tat ist er dazu aufgestiegen, in einem klassenzimmerähnlichen Umgebung vor CIA-Agenten Vorlesungen über Themen so unterschiedlich wie griechische Philosophie oder die Struktur von Al Kaida zu halten, und hat als Antwort auf Fragen Essays geschrieben, heißt es seitens Quellen, die mit seiner Zeit im Gewahrsam vertraut sind."

Ein führender islamistischer "Terrorist", der den Mitarbeitern der CIA Vorlesungen hält? An wen erinnert uns das? An den ägyptischen Obersten Ali Mohammed natürlich, der Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre am John F. Kennedy Special Warfare Center in Fort Bragg, der wichtigsten Schmiede der US-Spezialstreitkräfte, dozierte und der später als CIA-Undercoveragent und Bin-Laden-Bodyguard in einem den ersten WTC-Anschlag 1993 und die Anschläge 1998 auf die US-Botschaften in Nairobi und Daressalam plante und durchführen ließ. Während Ali Mohammed in Fort Bragg Dienst schob, studierte KSM im selbem US-Bundesstaat North Carolina Ingenieurswesen an der Agricultural and Technical State University in Greensboro. Möglicherweise wurde er in dieser Zeit ebenfalls für den Einsatz als Agent Provokateur angeworben.

27. April 2009