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ARBEIT/438: "Keine Ketten" - Internationales Bündnis von Näherinnen gegen Ausbeutung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. November 2010

Arbeit: "Keine Ketten" - Internationales Bündnis von Näherinnen gegen Ausbeutung

Von Marcela Valente und Marwaan Macan-Markar


Buenos Aires, Bangkok, 1. November (IPS) - Für einen Hungerlohn arbeiteten die Frauen an der Nähmaschine, manchmal sogar ganz umsonst. Und von Freizeit konnten sie nur träumen. Näherinnen aus Argentinien und Thailand, die sich aus diesem modernen Joch befreien konnten, kämpfen nun gemeinsam für humane Arbeitsbedingungen.

Im vergangenen Jahr haben sich die argentinische Organisation 'Mundo Alameda' und die thailändische Vereinigung 'Dignity Returns' (Die Würde kehrt zurück) zusammengeschlossen. Im vergangenen Juni stellten die Textilarbeiterinnen, die unter sklavenähnlichen Bedingungen schuften mussten, ihre eigene Modemarke 'No Chains' (Keine Ketten) vor.

Im argentinischen Textilsektor werden vor allem illegale Einwanderinnen aus Bolivien ausgenutzt. Dieses Phänomen bleibt in der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt. "Auch in Thailand gibt es überall Fälle von Ausbeutung und ungerechter Behandlung am Arbeitsplatz", berichtet die Direktorin von 'Dignity Returns', Boosaba Meechai, in Bangkok.

Die beiden Kooperativen wählten in einem internationalen Wettbewerb Entwürfe aus und fertigten danach Blusen, Taschen und Mützen an. Diese Artikel verkaufen sie über das Internet, auf Messen und Märkten sowie in einigen Geschäften. Die Frauen hoffen, ihr Angebot bald weiter auszubauen.

Vier Monate nach dem Start liefen die Geschäfte zwar noch nicht auf Hochtouren, gab Boosaba zu. "Immer mehr Leute kennen aber inzwischen 'Dignity Returns' und 'No Chains'", sagte sie stolz. Die Initiative verfolge nicht nur das Ziel, Waren zu verkaufen, sondern wolle auch Nichtregierungsorganisationen bei Kampagnen gegen Ausbeutung von Arbeitskräften unterstützen, erklärte die Thailänderin. Außerdem engagieren sich die Aktivistinnen für den Umweltschutz sowie gegen AIDS und genveränderte Lebensmittel.


Geldstrafen bei Erschöpfung

'Dignity Returns' wurde von Thailänderinnen gegründet, die für die Firma 'Bed and Bath' und internationale Konzerne wie 'Nike', 'Gap' und 'Reebok' tätig waren. Die Frauen mussten anstrengende Arbeitstage bewältigen. Denjenigen, die ihre Erschöpfung nicht mehr verbergen konnten, drohten Geldbußen. Als die Fabrik 2002 schloss, wurden die Arbeiterinnen ohne Entschädigungen vor die Tür gesetzt.

Die meisten Mitglieder der Kooperative, die im Alter zwischen 18 und 50 Jahren sind, protestierten gegen die menschenverachtende Behandlung. Wie Boosaba erklärte, prozessieren einige von ihnen immer noch gegen ihre ehemaligen Arbeitgeber.

Im vergangenen Jahr erfuhr 'Dignity Returns' von der Organisation 'Mundo Alameda' in Buenos Aires, in der sich Argentinierinnen und Bolivianerinnen ohne Papiere zusammengeschlossen haben. Die Frauen hatten zuvor unter unmenschlichen Bedingungen in illegalen Werkstätten gearbeitet, unter anderem für die Unternehmen 'Puma', Bensimon' und 'Kosiuko'. Teils lebten die Näherinnen dort auf engem Raum mit ihrer Familie zusammen. Da es keine Ruhepausen gab, konnten sie ihren Arbeitsplatz so gut wie nie verlassen.

Mitglieder der beiden Kooperativen trafen sich zuerst auf einer Tagung in Hongkong, die von dem nichtstaatlichen 'Asia Monitor Resource Centre' eine Tagung veranstaltet wurde. Dort beschlossen sie, mit vereinten Kräften gegen die Versklavung der Arbeit anzugehen.

Die Bolivianerin Olga Cruz von 'Mundo Alameda' erklärte IPS, dass die Kooperative ihren Laden und weitere Verkaufsstellen in ehemaligen Fabriken eingerichtet hat. Wie Booseda ist sie der Ansicht, dass der wirtschaftliche Erfolg der Initiative nicht im Vordergrund steht. Durch den direkten Kontakt zum Kunden wollten die Frauen den Konsumenten vermitteln, dass der Markenname nichts zähle, wenn der Hersteller das meiste Geld für sich behalte und seine Beschäftigten ausbeute, sagte Cruz.


Näherinnen wollen Netzwerk auf andere Länder ausweiten

Die Mitglieder der Kooperative beziehen zwar noch kein festes Einkommen, können aber immerhin schon von den Verkäufen leben. Die argentinischen und thailändischen Näherinnen wollen sie sich nun mit ähnlichen Organisationen in Ländern wie Kambodscha, Indonesien und den Philippinen vernetzen. "Was die Arbeit angeht", so Boosaba, "haben wir alle ähnliche Sorgen". (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://www.mundoalameda.com.ar/
http://www.dignityreturns.com/
http://www.amrc.org.hk/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=96725

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 1. November 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. November 2010