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FRAUEN/548: Papua-Neuguinea - Gesetz gegen Polygamie zum Schutz von Frauen und Mädchen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. Juli 2014

Papua-Neuguinea: Gesetz gegen Polygamie zum Schutz von Frauen und Mädchen

von Catherine Wilson


Bild: © Catherine Wilson/IPS

Polygamie ist in Papua-Neuguinea gesetzlich verboten. Eheschließungen und Geburten müssen gemeldet werden
Bild: © Catherine Wilson/IPS

Sydney, 28. Juli (IPS) - Die Regierung des südpazifischen Inselstaates Papua-Neuguinea (PNG) hat ein Gesetz gegen Polygamie erlassen. Experten sehen darin eine reelle Chance, um innerfamiliäre Gewalt, Geschlechterungerechtigkeit und die Verbreitung von HIV/Aids erfolgreich zu bekämpfen.

"Wäre Polygamie nicht endlich verboten worden, könnten verheiratete Frauen nicht für ihre Rechte eintreten. Auch blieben Kinder weiterhin stumme Opfer innerfamiliärer Gewalt", sind Dora Kegemo und Dixie Hoffman vom Programm für den Zugang von Frauen und Kindern zu Gemeindegerechtigkeit in Goroka im Östlichen Hochland überzeugt. "Das Verbot der Polygamie wird die Rechte von Frauen stärken."

Das Nachtragsgesetz zur zivilen Anmeldung verpflichtet Paare dazu, ihre Eheschließung, auch wenn sie traditionell ist, registrieren zu lassen. Mehrfache Heiraten werden nicht anerkannt. Die Regierung verspricht sich von dem Gesetz außerdem, dass Eltern ihre Kinder melden. Derzeit fehlen 90 Prozent der Bevölkerung gültige Geburtszertifikate.


Ausbeutung von Kindern

Gerade die formelle Erfassung von Kindern ist wichtig, um die Menschen- und Kinderrechte im Lande zu verbessern. Schätzungen zufolge machen Kinder 19 Prozent der Arbeitskräfte in PNG aus. Und aus einer vor zwei Jahren in der Hauptstadt Port Moresby durchgeführten Untersuchung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) geht hervor, dass 43 Prozent der befragten Kinder kommerziell sexuell ausgebeutet wurden.

Polygamie ist insbesondere in den Gebirgsregionen verbreitet. Dort ist es üblich, dass sich Männer mit fünf bis sechs Frauen verheiraten, um die landwirtschaftliche Produktivität zu steigern und die Verantwortlichkeiten innerhalb der großen Familien auf mehrere Schultern zu verteilen. Untersuchungen der letzten zehn Jahre legen nahe, dass 25 Prozent aller Verbindungen im Hochland polygamer Natur sind.

Laut Jack Urame vom Melanesischen Institut im Östlichen Hochland, der das Polygamieverbot der Regierung begrüßt, war es früher üblich gewesen, dass sich nur wichtige, einflussreiche oder Führungspersönlichkeiten mehrere Frauen zulegten. Heute hingegen finde der Missbrauch in großem Stil statt, was zum Auseinanderbrechen vieler Familien, zur Benachteiligung der Kinder und zu anderen sozialen Problemen führe.

Häusliche und geschlechtsbedingte Gewalt betreffen bis zu 75 Prozent der papuaneuguineischen Frauen und Kinder. Sie werden mit Ehebruch, finanziellen Problemen, Alkoholmissbrauch und Polygamie in Verbindung gebracht. Wenn Männer neue Verbindungen eingehen, kann es durchaus zu Übergriffen oder zur Vernachlässigung von Frauen und Kindern kommen.

Nach einem Besuch des Landes 2012 hatte die UN-Sonderberaterin zum Thema Gewalt gegen Frauen, Rashida Manjoo, berichtet, dass die "Praxis der Polygamie auch Spannungen zwischen den Frauen innerhalb einer Familie auslösen und in Gewalt umschlagen kann, die manchmal in der Ermordung des Mannes oder der Zusatzfrau gipfelt".

Urame ist davon überzeugt, dass das Polygamieverbot dazu beitragen wird, die innerfamiliäre Gewalt und Geschlechterungleichheit zu bekämpfen. Doch Kegemo hält zusätzlich Gesetze gegen die Gewalt gegen Frauen für dringend geboten.


Polygamie und HIV/Aids

Auch die Auswirkung der Polygamie auf die Verbreitung von HIV/Aids gibt Anlass zur Sorge. Hinzu kommt, dass außerhalb polygamer Verbindungen ebenfalls Sex praktiziert wird, wie Peter Bire, Leiter des Nationalen Aids-Rats, betont. In erster Linie sei es die Promiskuität der Männer, die Frauen dem Risiko einer HIV-Infektion aussetze.

Die nationale HIV-Prävalenz in der Altersgruppe der 15- bis 49-Jährigen wird auf 0,8-Prozent der PNG-Bevölkerung geschätzt. In der Hochlandregion sind es 0,91 Prozent. Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends stieg die Zahl der HIV/Aidsinfizierten von 3.446 auf 31.609 an, wobei Männer zu 37 und Frauen zu 61 Prozent betroffen waren.

Bire zufolge wird die beabsichtigte Weitergabe des Virus zwar kriminalisiert, doch müssten neue und weiter greifende Menschenrechtsgesetze verabschiedet werden, um Frauen besser zu schützen und die Krankheit wirksamer bekämpfen zu können.

Doch die Umsetzung solcher Gesetze ist aus verschiedenen Gründen recht schwierig. Gerade in den ländlichen Gegenden, wo mehr als 80 Prozent der Bevölkerung leben, stellen oftmals geographische Hürden wie dichte Regenwälder und zerklüftete Felsformationen gewaltige Hindernisse dar. Auch die verbreitete Korruption sei ein Problem. (Ende/IPS/kb/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/07/outlawing-polygamy-to-combat-gender-inequalities-domestic-violence-in-papua-new-guinea/

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IPS-Tagesdienst vom 28. Juli 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Juli 2014