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FRAUEN/605: Frauen - Noch weit entfernt von Gleichheit zwischen den Geschlechtern (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. Oktober 2015

Frauen: Noch weit entfernt von Gleichheit zwischen den Geschlechtern

von Tharanga Yakupitiyage


Bild: © Wambi Michael/IPS

Ugandische Heiratszeremonie 'kuhingira', bei der der Mann einen Brautpreis zahlt
Bild: © Wambi Michael/IPS

New York (IPS) - Frauen werden heute besser bezahlt als noch vor 20 Jahren. Auch sind sie häufiger in Führungsetagen vertreten. Aber die Entwicklung hat sich nur langsam vollzogen, und noch immer liegt die tatsächliche Gleichheit von Mann und Frau in den meisten Bereichen in weiter Ferne. Das sind die Ergebnisse des sechsten Weltfrauenberichts von UN-DESA, einer dem UN-Generalsekretariat angegliederten Einrichtung.

Der Weltfrauenbericht untersucht die Fortschritte von Geschlechtergleichheit in den Bereichen Lebenserwartung und Bildung und blickt auch auf die Entwicklung der Müttersterblichkeit im Verlauf der Jahre. Die Daten werden seit 1990 gesammelt und verglichen.

Bei sowohl Männern als auch Frauen ist demnach die Lebenserwartung in den vergangenen 20 Jahren um fünf Jahre gestiegen. Frauen werden nun durchschnittlich 72 Jahre alt, Männer 68. Die erhöhte Lebenserwartung von Frauen hat sich vor allem wegen der gesunkenen Müttersterblichkeitsrate verbessert. Von 1990 bis 2013 sank diese um 45 Prozent.


Mehr Mädchen gehen zur Schule

Positiv vermerkt UN-DESA, dass sich die Kluft zwischen den Geschlechtern im Bereich Bildung verkleinert hat. Heute gehen sowohl mehr Jungen, aber vor allem mehr Mädchen zur Schule.

Trotzdem sind die Unterschiede in vielen Bereichen noch deutlich sichtbar, heißt es im Bericht. Das gilt vor allem für gesundheitliche Belange und insbesondere für den HIV/Aids-Virus. Der Organisation UN-AIDS zufolge sind weltweit 16 Millionen Frauen mit HIV infiziert. 80 Prozent von ihnen leben in Subsahara-Afrika. In dieser Region werden Frauen in der Regel fünf bis sieben Jahre früher als Männer mit dem Virus infiziert. Dadurch ist die Wahrscheinlichkeit für Frauen von 15 bis 24 Jahre in Subsahara-Afrika doppelt so hoch wie für Männer im gleichen Alter, sich mit HIV zu infizieren.

"Das liegt nicht nur an der schlecht ausgebauten medizinischen Versorgung, die nicht auf die Bedürfnisse von Frauen eingeht, sondern auch an Geschlechterungerechtigkeiten", heißt es im Weltfrauenbericht. Dazu zählt der Bericht Gewalt gegen Frauen, den frühen Eintritt ins Eheleben, aber auch den schwierigeren Zugang zu Bildung und weniger Möglichkeiten, über eigene Belange entscheiden zu können als Männer.

Zwar haben sich die Bildungschancen insgesamt verbessert, doch noch immer gehen 58 Millionen Kinder im Grundschulalter nicht in die Schule. Mehr als die Hälfte von ihnen sind Mädchen.

Dem Bericht zufolge waren im Jahr 2010 etwa 26 Prozent aller Frauen zwischen 20 und 24 Jahren bereits verheiratet, bevor sie das 18. Lebensjahr erreicht hatten. 1995 waren es noch 31 Prozent gewesen. Die höchsten Raten von Kindsehe sind in Südasien und Subsahara-Afrika zu verzeichnen. In Südasien lag die Rate bei 44 Prozent, in Subsahara-Afrika bei 40 Prozent.

Mädchen zu verheiraten, bevor sie 18 Jahre alt sind, ist nicht nur ein Verstoß gegen die Menschenrechte, sondern setzt Mädchen und Frauen auch der häuslichen Gewalt aus, die Statistiken zufolge bei Kindsehen wesentlich höher ist, warnt UN-DESA.


Eine von drei Frauen hat Gewalterfahrung

Gewalt gegen Frauen ist laut DESA noch immer ein "globales Problem". Eine von drei Frauen weltweit hat schon einmal physische oder sexuelle Gewalt erfahren. 60 Prozent der Opfer behalten die Tat Schätzungen zufolge für sich und suchen sich auch keine Hilfe. Dem Bericht nach ist die Wahrscheinlichkeit für Frauen, die sexuell von ihrem Partner genötigt wurden, um 50 Prozent höher, sich mit dem HI-Virus zu infizieren.

Als positiv bezeichnete UN-DESA es, dass mittlerweile mehr Daten zu Geschlechterungleichheiten zur Verfügung stehen. Das helfe, die weltweiten Trends besser zu verstehen. "Vor unserem ersten Bericht gab es überhaupt keine Geschlechter-Statistiken", sagte DESA-Vize-Generalsekretär Lenni Montiel bei der Vorstellung des Berichts.

Doch auch heute noch gibt es nicht über alle Bereiche ausreichend Daten: Beispielsweise gebe es keine Zahlen über das Ausmaß von Gewalt gegen Frauen im Nahen Osten, sagte DESA-Mitarbeiterin Francesca Grum. Statistiken zu diesem Bereich zu erheben, sei noch recht neu. Die DESA arbeite aber mit vielen Ländern zusammen, damit auch aus diesen baldmöglichst entsprechende Informationen verfügbar seien.

Chancengleichheit von Männern und Frauen ist auch eines der Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der Vereinten Nationen, auf die sich die Mitgliedstaaten Ende September in New York verständigt hatten. Demnach sollen bis zum Jahr 2030 Diskriminierung und Gewalt gegen Frauen komplett beseitigt werden, Zwangsheirat und Kinderehen abgeschafft werden und Genitalverstümmelung nicht mehr praktiziert werden.

Die Arbeit von Frauen im Haushalt soll anerkannt werden und möglichst gleiche Arbeitsteilung erzielt werden. Frauen sollen gleiche Chancen der gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Partizipation erhalten. Die Mitgliedstaaten sollen wo notwendig entsprechende Gesetze erlassen. (Ende/IPS/jk/22.10.2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/10/slow-progress-in-gender-equality-report-reveals/

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IPS-Tagesdienst vom 22. Oktober 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Oktober 2015

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