Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → SOZIALES

INTERNATIONAL/168: Sri Lanka - Suche nach im Bürgerkrieg Verschwundenen noch nicht beendet (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 29. April 2014

Sri Lanka:
Suche nach im Bürgerkrieg Verschwundenen noch nicht beendet - Regierung uneins mit internationalen Organisationen

von Amantha Perera



Colombo, 29. April (IPS) - Fünf Jahre nach dem Ende des langen und blutigen Bürgerkrieges hat die Regierung in Sri Lanka nun erstmals damit begonnen, die Familien der Vermissten zu erfassen, um ihnen gegebenenfalls zu helfen.

Wie Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) erklärten, sollen ausgehend von den Ergebnissen des Berichts Empfehlungen für eine Unterstützung dieser Haushalte abgegeben werden.

"Seit April führen wir landesweit Nachforschungen durch. Wir wollen ein repräsentatives Ergebnis zur Lage der Familien Vermisster vorlegen", sagte der stellvertretende IKRK-Delegationsleiter für Sri Lanka, David Quesne, der mit dem srilankischen Sozialministerium zusammenarbeitet.

Der Bürgerkrieg hatte in den frühen achtziger Jahren begonnen, als die Rebellenbewegung Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) einen eigenen Staat für die tamilische Minderheit im Norden des Landes forderte. Die Rebellen wurden 2009 von den Truppen der Regierung geschlagen. Der Konflikt kostete mehr als 70.000 Menschen das Leben. Bei der Zahl der Vermissten gehen die Angaben auseinander. Manche Stellen sprechen von bis zu 40.000.

Das IKRK erfasst erst dann Einzelheiten zu Vermissten, wenn ein Nachforschungsantrag gestellt wird. Laut Quesne hat das Rotkreuz-Komitee bis jetzt mehr als 16.000 Anträge entgegengenommen, die sich auf die neunziger Jahre beziehen.

Der Umgang mit dem Thema ist umstritten. Im März wies Sri Lanka eine Resolution des UN-Menschenrechtsrats in Genf zurück, dem zufolge der Hohe UN-Flüchtlingskommissar dem Verdacht auf Menschenrechtsverletzungen, darunter auch Verschleppungen, nachgehen sollte.

Außenminister Gamini Laksham Peiris erklärte daraufhin, dass die Regierung eine solche Untersuchung nicht unterstützen werde. Man werde eigene Schritte auf nationaler Ebene vorantreiben, sagte er und verwies zugleich auf die gemeinsame Arbeit mit dem IKRK.

Nach Angaben der IKRK-Mitarbeiterin Gwenaelle Fontana werde sich die Untersuchung auf den gesamten Inselstaat erstrecken. "Zunächst geht es darum, die Bedürfnisse der betroffenen Familien zu eruieren - in wirtschaftlicher, administrativer, rechtlicher und psycho-sozialer Hinsicht", erklärte sie. Auch Familien von Mitgliedern der srilankischen Streitkräfte werden bei der Auswahl berücksichtigt werden. "Damit entsteht ein wertvolles Instrument, mit dessen Hilfe die Behörden Maßnahmen zugunsten der Familien ergreifen können."

In der Wiederaufbauphase seit dem Ende des Krieges wurden die Familien der Vermissten nicht als besonders bedürftige Bevölkerungsgruppe eingestuft. "Das ist sehr ungerecht. Denn während wir weiter nach unseren verschwundenen Angehörigen suchen, müssen wir sicherstellen, dass unsere Familien versorgt sind", sagte die Mutter eines Verschollenen aus der nördlichen Provinz Kilinochchi, die anonym bleiben wollte.


Präsidialkommission will Hilfspläne erstellen

Eine vom Präsidialamt eingesetzte Kommission will bis August Hilfspläne für die Familien ausarbeiten. Bis jetzt sind 16.000 Anspruchsschreiben bei der Kommission eingegangen.

Das IKRK will seine Untersuchung bis Ende dieses Jahres abschließen und den Bericht an die Regierung Sri Lankas übergeben. Zwischen Ende 2008 und April 2009 evakuierte das IKRK etwa 14.000 Menschen, die medizinisch behandelt werden mussten. Bei einigen von ihnen ist unklar, wo sie geblieben sind. "Wir haben Anfragen von Familien Evakuierter bekommen, die nichts über das weitere Schicksal ihrer Verwandten wussten", sagte Quesne.

Die Familien Vermisster sind in dem südasiatischen Inselstaat während der Wiederaufbauphase nach dem Krieg bisher nicht als Gruppe mit speziellen Bedürfnissen eingestuft worden. Im Januar hatte IKRK der Regierung in Colombo eine Evaluierung der Situation der Familien von Srilankern vorgeschlagen, die während der vergangenen 25 Jahre verschwunden sind.

Seit Januar sucht das IKRK nach diesen Vermissten im nördlichen Distrikt Jaffna. Bis Ende März konnten 26 Fälle erfolgreich geklärt werden. Laut Fontana zeigten die Behörden Interesse daran, die 'Abwesenheit', nicht aber den Tod dieser Personen zu bescheinigen. Auf der Grundlage solcher Bescheinigungen können die Familien unter anderem Rentenzahlungen oder die Überschreibung von Landrechten beantragen. (Ende/IPS/ck/2014)


Link:
http://www.ipsnews.net/2014/04/sri-lanka-prepares-certificates-absence/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 29. April 2014
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Mai 2014