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MELDUNG/072: UN-Sicherheitsrat gelähmt, während Syrien brennt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. September 2011

UN: Sicherheitsrat gelähmt, während Syrien brennt

Von Thalif Deen


New York, 19. September (IPS) - Der Volksaufstand und die blutige Niederschlagung der Straßenproteste in Syrien dauern bereits sechs Monate an, doch die mächtigste Institution der Vereinten Nationen unternimmt nichts, um die ausufernde Krise zu lösen. "Syrien brennt", meinte dazu ein aufgebrachter UN-Diplomat. "Doch der UN-Sicherheitsrat fiedelt."

Der 15 Mitglieder zählende UN-Sicherheitsrat hat bisher nicht auf die beiden Resolutionsentwürfe der westlichen Mächte und Russlands reagiert. "Die Untätigkeit des UN-Sicherheitsrats lasst die Menschen in Syrien verzweifeln", sagte Radwan Ziadeh, Gründer und Leiter des Menschenrechtszentrums in Damaskus. "Seit einem halben Jahr nutzt das syrische Regime die Tatenlosigkeit des UN-Sicherheitsrats, um mit dem Blutbad an der Zivilbevölkerung fortzufahren."

Nach jüngsten UN-Schätzungen sind seit Beginn der Unruhen 2.600 Zivilisten getötet worden. Trotz aller Proteste gegen das syrische Regime macht Präsident Bashar al-Assad keine Anstalten, die Macht abzugeben.

Der westliche Resolutionsentwurf, der von der Europäischen Union und den USA mitgetragen wird, fordert konkrete Sanktionen zur Bestrafung namentlich genannter Personen. Die russische Version fällt zahmer aus. Darin wird die syrische Opposition aufgefordert, mit der Regierung in einen politischen Dialog zu treten.

Dass Russland, ein ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrates mit Vetorecht, offen mit dem Assad-Regime sympathisiert, führte Ziadeh auf die historischen syrisch-russischen Beziehungen seit dem Kalten Krieg zurück, die durch militärische und wirtschaftliche Abkommen intensiviert worden seien. Zwar hatte der UN-Sicherheitsrat im August in einer präsidialen Mitteilung die Gewalt verurteilt, jedoch auf Strafmaßnahmen gegen das Assad-Regime verzichtet. Russland wird von China unterstützt, einem weiteren ständigen Mitglied des UN-Sicherheitsrats mit Vetorecht.

Ziadeh zufolge gibt es eine ganze Reihe von Gründen für die russische und chinesische Position. Beide Länder seien erbost über die Libyen-Politik der Westmächte, denen sie vorwerfen, das Mandat des UN-Sicherheitsrats überschritten zu haben. "Sie sind Befürworter der nationalen Souveränität und deshalb Strafmaßnahmen generell abgeneigt."


Druck internationaler Organisationen

Unlängst hatte eine Koalition aus mehr als 170 lokalen und internationalen Organisationen aus 17 Ländern die Arabische Liga aufgefordert, Syrien aus dem Bündnis auszuschließen und ihr Schweigen zu der Niederschlagung der zivilen Proteste zu beenden. In einem Schreiben an die Liga forderte sie die Durchführung einer Reihe von Maßnahmen, um ein sofortiges Ende der tödlichen Übergriffe auf die Pro-Demokratie-Bewegung zu erreichen.

Menschenrechtsorganisationen wie 'Human Rights Watch', AVAAZ und die Internationale Menschenrechtsliga (FIDH) verlangten die volle Umsetzung der arabischen 13-Punkte-Initiative zu Syrien. Sie lobten die Initiative für ihre klaren Forderungen nach einem Ende der Gewalt, der Freilassung aller politischer Häftlinge und der Entschädigung der Opfer durch die syrische Staatsmacht.

Wie Don Kraus von den 'Citizens for Global Solutions' ('Bürger für globale Lösungen') mit Sitz in Washington gegenüber IPS erklärte, ist die internationale Zusammenarbeit entscheidend, um die globalen Herausforderungen zugunsten einer sichereren Welt zu meisten. Die USA und andere Mitglieder des UN-Sicherheitsrats sollten eine Resolution mit harten Sanktionen gegen das Assad-Regime auf den Weg bringen.

Auch wenn Russland und China ihr Veto gegen eine solche Resolution einlegen würden, so hätte das Mehrheitsvotum der Mitglieder des UN-Sicherheitsrates für Assad und seine Anhänger eine deutliche Botschaft: dass sie für ihr repressives Vorgehen zur Rechenschaft gezogen werden würden. Es würde darüber hinaus Russland und China und andere Mitglieder beschämen, die ihr Veto-Privileg zum Schutz von Menschenrechtsverbrechern missbrauchten. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2011