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MELDUNG/107: Arme Länder hinterfragen Privilegien der UN-Sonderberichterstatter (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 8. April 2013

UN: Ein-Dollar-pro-Jahr-Verträge auf dem Prüfstand - Arme Länder hinterfragen Privilegien der UN-Sonderberichterstatter

von Thalif Deen



New York, 8. April (IPS) - Die Gruppe 77 (G77), die mit 132 Ländern größte Allianz der Entwicklungsländer, will das Vorrecht der UN-Generalsekretäre, UN-Sondergesandte zu ernennen, einer kritischen Überprüfung unterziehen.

Die Bestellung der Sondergesandten widerspricht allen Grundsätzen, die der Beratende Ausschuss der UN für Verwaltungs- und Haushaltsfragen (ACABQ), der Fünfte Ausschuss (Haushalt und Verwaltung) und die 193 Mitgliedstaaten zählende UN-Vollversammlung festgesetzt hat und auch kontrolliert.

In den letzten Jahren haben die UN-Sondergeneralsekretäre ganze Geschwader von Sondergesandten losgeschickt. Zu ihnen gehört der ehemalige US-Präsident Bill Clinton, der für Haiti zuständig ist, und der norwegische Diplomat Terje Rod-Larsen, der erst UN-Sonderkoordinator des Nahost-Friedensprozesses war und nun den Libanon übersieht. Jeffrey Sachs, Professor an der Columbia University, ist als Sonderberater für die Umsetzung der Millenniumsentwicklungsziele im Einsatz.

Zwar beziehen sie ihr Haupteinkommen nicht aus UN-Quellen, sondern erhalten lediglich ein symbolisches Gehalt von einem US-Dollar im Jahr, doch kommen sie in den Genuss von großzügigen Vergünstigungen, Reisespesen und Unterbringungskosten inbegriffen. In den Jahren 2010 und 2011 wurden einem ACABQ-Bericht zufolge 267 Individualverträge mit ehemaligen UN-Mitgliedern geschlossen.


Fehlende Transparenz

Dem ACABQ hatte man gesagt, dass die Ernennungen nicht zur Einrichtung neuer Posten führen und die anfallenden Kosten durch zusätzliche Haushaltsmittel bestritten würden. Doch sind die Vorgänge zur Ernennung und Bezahlung von Sondergesandten undurchsichtig.

Wie aus einer Quelle aus dem Umfeld der G77 zu erfahren war, unterliegen alle UN-Ernennungen gewissen Regeln. So muss bei der Auswahl der Kandidaten ein regionales Gleichgewicht ebenso gewährleistet werden wie die paritätische Besetzung von Frauen und Männern. Auch müssen die Anwärter ein Maximum an Effizienz, Kompetenz und Integrität mitbringen. Doch alle diese Kriterien gelten nicht für das Amt des Sondergesandten, der innerhalb der UN-Hierarchie weit oben angesiedelt ist. So steht er mit Direktoren (D-1 und D-2), beigeordneten Generalsekretären (ASGs) und Untergeneralsekretären auf einer Stufe.

Auf Initiative der G77 und von China hat nun der Fünfte Ausschuss einen Resolutionsentwurf verfasst, in dem es die "Sorge über die mangelnde Kontrolle bei der Rekrutierung von Einzelpersonen ab und oberhalb der D-1-Ebene" zum Ausdruck bringt. Der Resolution zufolge sollten die Ein-Dollar-pro-Jahr-Verträge lediglich in Ausnahmesituationen vergeben werden und sich auf hochkarätige Ernennungen beschränken.


Leitlinien gefordert

Darüber hinaus hat der Ausschuss Ban Ki-moon als ersten UN-Generalsekretär aufgefordert, Leitlinien für eine Inanspruchnahme solcher Verträge zu erstellen, die dann in der 69. Sitzungsperiode der UN-Vollversammlung, die im September 2014 beginnt, diskutiert werden sollen. Bis dahin sollten dem Ausschuss zufolge keine neuen UN-Sonderberichterstatter mehr ernannt werden.

UN-Sprecher Farhan Haq bestätigte gegenüber IPS, dass die UN-Vollversammlung in ihrer Resolution über menschliche Ressourcen (A/C.5/67/L.29) bestätigt, dass die Ein-Dollar-pro-Jahr-Verträge nur für Ausnahmefälle vorgesehen sind und sich auf hochrangige Ernennungen beschränken, was derzeit der Fall sei.

Haq zufolge hat auch die UN-Vollversammlung den Generalsekretär aufgefordert, einen Leitfaden zur Inanspruchnahme solcher Verträge zu erstellen. Solche Regeln würden dazu führen, den Ernennungsprozess zu vereinheitlichen, betonte er. Die Anfrage werde aber keine Auswirkungen auf das Privileg des Generalsekretärs haben, UN-Sondergesandte auch ohne Genehmigung durch das ACABQ zu bestellen. (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://www.g77.org/
http://www.un.org/ga/acabq/
http://www.un.org/ga/60/fifth/
http://www.ipsnews.net/2013/04/u-n-s-dollar-a-year-jobs-under-critical-scrutiny/

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IPS-Tagesdienst vom 8. April 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. April 2013