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UN-REPORT/074: Zur Situation der Kinder in der Welt 2012 (UNICEF)


UNICEF - Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen - Köln, 28.02.2012

UNICEF-Bericht "Zur Situation der Kinder in der Welt 2012"

Fast jedes zweite Kind wächst heute in einer Stadt auf

Soziale Gegensätze verschärfen sich / Millionen Kinder bleiben ausgeschlossen


Köln/Mexiko/New York, den 28.2.2012. Nach Schätzungen von UNICEF wachsen weltweit mittlerweile rund eine Milliarde Kinder und Jugendliche in Städten auf - das ist fast die Hälfte aller Kinder. Jedes Dritte von ihnen lebt in einem überbevölkerten Slum. Diese Kinder haben meist keinen ausreichenden Zugang zu sauberem Wasser, sanitären Einrichtungen, Elektrizität, Gesundheitsversorgung oder Schulen. 30 bis 50 Prozent aller Neugeborenen in den rasch wachsenden Städten und Metropolen der Entwicklungs- und Schwellenländer werden nach der Geburt nicht einmal registriert. Dies ist Ergebnis des UNICEF Berichts "Zur Situation der Kinder in der Welt 2012".

"Städte werden für immer mehr Kinder zu Orten der Armut", erklärte Christian Schneider, Geschäftsführer von UNICEF Deutschland. "Nur wenn Millionen Kinder in Slums und heruntergekommenen Vierteln nicht länger ausgeschlossen werden, können sich Städte sozial und wirtschaftlich gerecht entwickeln."

Während die Städte in den Entwicklungs- und Schwellenländern weiter wachsen, werden nach Einschätzung von UNICEF die Bedürfnisse und Rechte der dort lebenden Kinder systematisch übersehen und spielen bei der Stadtentwicklung kaum eine Rolle. Die Folgen für die Kinder sind gravierend:

Unterernährung und Krankheiten:
Der Anteil der unter- oder fehlernährten Kinder in den Städten steigt weltweit. Rund 54 Prozent der ärmsten Kinder in den Slums in Indien sind durch Mangelernährung in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung zurückgeblieben. Impfkampagnen erreichen Kinder in den Slums oft nicht. Krankheiten wie Lungenentzündung, Tuberkulose und Durchfall verbreiten sich in den überbevölkerten Vierteln leicht.

Unhygienische Verhältnisse:
Zwar haben Familien in den Städten besseren Zugang zu sauberem Trinkwasser als auf dem Land. Doch die Versorgung hält mit dem Anstieg der Zahl der Bewohner nicht mit. Die ärmsten Familien sind zudem selten an Leitungsnetze angeschlossen. Sie zahlen bei privaten Wasserverkäufern für einen Liter Wasser bis zu 50 Mal mehr als ihre wohlhabenden Nachbarn. Immer mehr Menschen in den Städten müssen ihre Notdurft im Freien verrichten.

Ausschluss von Bildung:
Zwar gibt es in den Städten mehr Schulen - doch diese sind für arme Kinder meist unerreichbar. In der indischen Stadt Delhi geht nach einer Untersuchung knapp die Hälfte der Kinder aus den Slums nicht zur Schule.

Schutzlosigkeit:
Millionen Kinder und Jugendliche leben und arbeiten als Lumpensammler, Schuhputzer oder Zigarettenverkäufer auf der Straße. Sie sind Übergriffen und Ausbeutung ausgeliefert und werden häufig kriminalisiert, verjagt oder misshandelt. Eltern schicken ihre Töchter vom Land in die Stadt, wo sie in privaten Haushalten schuften.

Armut und Unsicherheit:
Viele Siedlungen sind illegal - die Hütten werden nur kurzfristig geduldet und die Familien müssen jeden Tag damit rechnen, vertrieben zu werden. Wegen der permanenten Unsicherheit scheitern auch Bemühungen, die Lebensverhältnisse zu verbessern. Weil die Bewohner nur über sehr geringe Mittel verfügen, wirken sich bereits kleine Preissteigerungen dramatisch aus. Viele Familien müssen zwischen 50 und 80 Prozent ihres Einkommens für Nahrung ausgeben.

Gewalt und Kriminalität:
Eine Untersuchung in 24 der 50 reichsten Städte der Welt zeigte, dass ein hohes Maß sozialer Ungleichheit einhergeht mit hoher Kriminalität und Gewalt. Kinder, die in einer solchen Atmosphäre aufwachsen, leiden häufig an Angst, Depression, Aggression und verminderter Selbstkontrolle. Viele brechen die Schule ab und schließen sich Gangs an, weil sie sich dort Zugehörigkeit und finanzielle Vorteile erhoffen.

Naturkatastrophen:
Naturkatastrophen wie Wirbelstürme, Fluten, Schlammlawinen und Erdbeben verschärfen zunehmend die Situation von Millionen Kinder und Jugendliche in den Städten. Arme Familien, die in instabilen Hütten an Abhängen, Kanälen oder auf tiefer gelegenem Gelände leben, sind der Naturgewalt unmittelbar und schutzlos ausgeliefert.


Städte als Lebensraum für Kinder

Mit seinem "Bericht zur Situation der Kinder in der Welt 2012" ruft UNICEF Regierungen, Stadtverwaltungen, Unternehmen und Zivilgesellschaft dazu auf, die Grundbedürfnisse und Rechte der Kinder in den Städten sicher zu stellen.

Ausschluss der Kinder aus armen Familien stoppen:
Die Rechte der ärmsten Kinder auf Überleben, Entwicklung, Schutz und Beteiligung müssen in den Städten sichergestellt werden. Der Schutz vor Naturkatastrophen, Gewalt und Kriminalität muss dringend verbessert werden.

Sicheren Aufenthalt ermöglichen:
Besondere Aufmerksamkeit muss darauf gelegt werden, den Familien einen sicheren Aufenthalt zu ermöglichen, um die Entwicklung eines Stadtteils langfristig voranbringen zu können.

Den Armen Gehör verschaffen:
Die armen Bevölkerungsgruppen - und insbesondere Kinder und Jugendliche - müssen bei den Planungen zur Entwicklung von Stadtteilen und Gemeinden von den Stadtverwaltungen und Regierungen gehört und beteiligt werden.

Dokumentation und Information zur Lage in den armen Stadtvierteln:
Bis heute fehlen in den meisten Metropolen umfassende Informationen über die Lage der ärmsten Bevölkerungsgruppen. Diese sind notwendig, damit ihre Interessen von der Politik nicht länger übersehen werden können.


Ausführliche Informationen auf
www.unicef.de


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Quelle:
UNICEF - Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen
Pressemitteilung vom 28. Februar 2012
Herausgeber: Deutsches Komitee für UNICEF, Pressestelle
Höninger Weg 104, 50969 Köln
Telefon: 0221/936 50-0, Fax: 0221/93 65 02 79
E-Mail: mail@unicef.de
Internet: www.unicef.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Februar 2012