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ARBEIT/2004: Einwanderung erzeugt keine höhere Arbeitslosigkeit - neue Studie (idw)


Universität Bayreuth - 17.11.2011

Einwanderung erzeugt keine höhere Arbeitslosigkeit:
Neue Studie zu 24 OECD-Staaten


"Einwanderung steigert die Arbeitslosigkeit" - diese in der Öffentlichkeit und bei Politikern verbreitete Einschätzung geht fehl. Zu diesem Ergebnis kommen Prof. Dr. Mario Larch, Lehrstuhl für Empirische Wirtschaftsforschung an der Universität Bayreuth, und sein Mitarbeiter Benedikt Heid in einer Studie, die kürzlich als E-Journal-"Economics"-Arbeitspapier erschienen ist. Die beiden Autoren haben Daten aus 24 OECD-Staaten, die sich auf deren ökonomische Entwicklung von 1997 bis 2007 beziehen, systematisch ausgewertet. Das Resultat ihrer Berechnungen: Wenn Länder ihre Arbeitsmärkte für Migranten öffnen, ist dies keine Ursache für höhere Arbeitslosenraten.

Die Studie widmet sich der Frage, in welcher Weise Migranten den Arbeitsmarkt in dem jeweiligen Land beeinflussen, in dem sie erwerbstätig werden. Sie differenziert dabei nicht zwischen den fachlichen Qualifikationen der Zuwanderer und ebensowenig zwischen verschiedenen Wirtschaftszweigen. Denn im Kern geht es um die Frage, wie Einwanderung den Arbeitsmarkt im Durchschnitt beeinflusst. "Als die Europäische Union im Jahr 2004 um zehn neue Mitgliedsländer erweitert wurde, haben insbesondere die Regierungen Deutschlands und Österreichs argumentiert, ein ungehinderter Zustrom von Arbeitsmigranten würde die durchschnittliche Arbeitslosenrate in ihren Ländern nachteilig beeinflussen", erläutert Professor Larch. "Nicht zuletzt im Hinblick auf diese - auch in den Medien verbreiteten - Befürchtungen haben wir uns darauf konzentriert, branchenübergreifend herauszuarbeiten, wie Einwanderung und Arbeitslosigkeit in den 24 ausgewählten OECD-Staaten miteinander zusammenhängen." Bei diesen Staaten handelt es sich um die USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Japan sowie 19 europäische Länder, die mit Ausnahme der Schweiz alle der EU angehören.

Die beiden Autoren wollen mit ihrer Studie eine Lücke in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung schließen. Denn bisherige Untersuchungen haben zwar den Einfluss internationaler Handelsbeziehungen auf den Arbeitsmarkt analysiert, den Faktor Einwanderung dabei aber ausgeblendet. "In den Wirtschaftswissenschaften ist man sich heute darüber einig, dass der offene Austausch von Gütern die Arbeitslosenrate in den beteiligten Ländern eher sinken als steigen lässt", erklärt Benedikt Heid. "Zugleich hat sich herausgestellt, dass der Import von Gütern häufig mit der Zuwanderung von Arbeitskräften einhergeht. Deshalb lag es nahe, aus der Perspektive internationaler Handelsbeziehungen der Frage nachzugehen, ob Migration die vorteilhaften Auswirkungen des offenen Güteraustausches verstärkt. Diese Vermutung wird von unseren Berechnungen gestützt."

Die Studie schließt daher mit der Überlegung, dass die Regierungen Deutschlands und Österreichs ihren nationalen Interessen zuwider gehandelt haben könnten, als sie - nach der EU-Erweiterung im Jahre 2004 - die Zuwanderung aus den mittel- und osteuropäischen EU-Staaten so lange wie gesetzlich möglich beschränkt haben. Als einzige "alte" EU-Staaten haben Deutschland und Österreich erst im Mai 2011 ihre Arbeitsmärkte ohne Einschränkungen für Zuwanderer aus den neuen Mitgliedsstaaten geöffnet. Die Europäische Kommission hat diese Verzögerung genehmigt. Doch dabei ist sie aus der Sicht der beiden Autoren zu voreilig der Argumentation gefolgt, ein früherer Zeitpunkt würde die Arbeitsmärkte in beiden Ländern auf schwerwiegende Weise beeinträchtigen.

Veröffentlichung:
Mario Larch und Benedikt Heid,
Migration, Trade and Unemployment,
in: Economics, Discussion Paper, No. 2011-45, November 2, 2011
Zum Download unter:
www.economics-ejournal.org/economics/discussionpapers/2011-45

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution4


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Bayreuth, Christian Wißler, 17.11.2011
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. November 2011