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ENTWICKLUNGSHILFE/081: Kredite für Millenniumsziele - Weltbank pumpt Milliarden in Agrarsektor (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. September 2010

ENTWICKLUNG:
Kredite für Millenniumsziele - Weltbank pumpt Milliarden in Agrarsektor

Von Matthew Berger


Washington, 14. September (IPS) - Als letzte internationale Organisation vor dem New Yorker Gipfel zum Stand der UN-Millenniumsziele (MDGs) zur Armutsbekämpfung hat die Weltbank ihre Strategie für die Umsetzung der MDG vorgestellt. Geplant ist die Vergabe eines milliardenschweren zinslosen Darlehens für die Landwirtschaft in den ärmsten Staaten.

Mit fast zehn Milliarden US-Dollar will die Bank zur Überwindung der weltweiten Nahrungs-, Energie- und Finanzkrise beitragen. Diese Krisen hätten es den Entwicklungsländern wesentlich erschwert, auf die MDG hinzuarbeiten, teilte die Finanzorganisation mit. 8,3 Milliarden Dollar sind demnach für die Landwirtschaft bestimmt. Hinzu kommen 750 Millionen Dollar für Bildung und 600 Millionen Dollar für den Gesundheitssektor.

Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Vereinten Nationen, der Weltbank, der OECD und der Zivilgesellschaft hatte vor zehn Jahren Entwicklungsziele abgesteckt, die bis 2015 erreicht werden sollen. Vorgesehen ist unter anderem die Halbierung der Zahl der Armen, die Stärkung der Rolle der Frau, die Senkung der Mütter- und Kindersterblichkeit, Erfolge im Kampf gegen HIV/Aids, Malaria und andere schwere Krankheiten, Primärschulbildung für alle und ökologische Nachhaltigkeit.

Einige Länder seien in den vergangenen Jahren auf dem Weg zu den Entwicklungszielen nicht mehr vorangekommen oder hätten sogar Rückschritte verzeichnet, stellte die Weltbank in einem neuen Bericht fest. Nach ihren Schätzungen haben die jüngsten Krisen dazu geführt, dass die Zahl der Menschen, die in extremer Armut leben, um weitere 64 Millionen gestiegen ist. Das Ziel, den Hunger in der Welt zu halbieren, rückte bereits 2008 durch den sprunghaften Anstieg der Lebensmittelpreise in weite Ferne.

Die Vereinten Nationen hatten bereits 2009 in einem Report zu den MDG darauf hingewiesen, dass aufgrund der Wirtschaftskrise im vergangenen Jahr weitere 35 Millionen Menschen ins Elend abgerutscht sind. Die Zahl der chronisch Unterernährten wurde mit insgesamt rund einer Milliarde Menschen beziffert.


Entwicklungsländer kommen nicht voran

Politische Beobachter äußerten die Hoffnung, dass der bevorstehende Gipfel konkrete Maßnahmen beschließen wird, mit denen die großen Rückstände aufgeholt werden können. Die Weltbank-Hilfe ist für die allerärmsten Staaten bestimmt, die bei ihrer Entwicklung am weitesten zurückgeworfen wurden.

Fast die Hälfte der von der Bank bereitgestellten zehn Milliarden Dollar wird über die Internationale Entwicklungsorganisation (IDA) weitergeleitet. IDA, die zur Weltbankgruppe gehört, vergibt zinslose Kredite an die ärmsten Entwicklungsländer. Der Rest wird über die Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD) und die Internationale Finanz-Korporation (IFC) kanalisiert.

Die Darlehen für das Gesundheitswesen gehen an 35 Staaten, vor allem in Ost- und Südasien sowie in Subsahara-Afrika. In die Länder südlich der Sahara soll auch der größte Teil der Bildungskredite fließen.

Wie aus einem kürzlich veröffentlichten Bericht des Weltkinderhilfswerks UNICEF hervorgeht, starb im Jahr 2008 jedes siebte Kind in Subsahara-Afrika vor Erreichen seines fünften Lebensjahres. In der Region wurde somit die Hälfte aller weltweiten Todesfälle bei Kindern registriert. In Südasien belief sich der Anteil auf ein Drittel.

Im Bildungsbereich hinken die Länder Schwarzafrikas dem internationalen Durchschnitt am weitesten hinterher. Laut UNICEF besuchten 2008 nur 65 Prozent aller Kinder im Grundschulalter tatsächlich den Unterricht.

Die größten Fortschritte erhoffen sich Experten allerdings durch die Förderung der Landwirtschaft. Die Weltbank geht davon aus, dass das Wirtschaftswachstum im Agrarsektor doppelt soviel zur Armutsbekämpfung beitragen kann wie das Wachstum in anderen Bereichen. "Wenn man ernsthaft etwas die MDG erreichen will, muss man sich um Kleinbauern kümmern", sagte der Weltbank-Berater Christopher Delgado im Gespräch mit IPS.


Acht Milliarden Dollar allein für Afrikas Agrarsektor gefordert

Auch John McArthur, der Geschäftsführer der Nichtregierungsorganisation 'Millennium Promise', hält die Landwirtschaft für einen Schlüsselbereich, der die Wirtschaft in Entwicklungsländern erheblich ankurbeln könnte. McArthur verwies auf Empfehlungen der MDG-Steuerungsgruppe für Afrika, der zufolge die Agrarkredite für den Kontinent auf acht Milliarden Dollar jährlich erhöht werden sollten.

Die 8,3 Milliarden Dollar, die die Weltbank global zur Verfügung stelle, reichten längst noch nicht aus, kritisierte McArthur. "Das ist allerdings nicht die Schuld der Weltbank, sondern die ihrer Aktionäre und Geldgeber", sagte er. Die Bank bekenne sich eindeutig zu den MDG, sei aber durch die Abhängigkeit von ihren Gebern stark eingeschränkt.

Delgado erwartet allerdings, dass in den kommenden Jahren mehr Darlehen für den Agrarbereich vergeben werden. 1980 hatte die Bank dafür noch etwa 30 Prozent ihres gesamten Kreditvolumens bereitgestellt. Nach der Jahrtausendwende sank der Anteil rapide auf lediglich sieben Prozent, inzwischen hat er sich wieder auf zwölf Prozent erhöht. (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://www.un.org/millenniumgoals/
http://www.worldbank.org/ida/
http://web.worldbank.org/WBSITE/EXTERNAL/EXTABOUTUS/EXTIBRD/0,,menuPK:3046081~pagePK:64168427~piPK:64168435~theSitePK:3046012,00.html
http://www.ifc.org/
http://www.millenniumpromise.org/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=52815

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 14. September 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. September 2010