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FORSCHUNG/910: Geringeres Wirtschaftswachstum als angenommen (idw)


Georg-August-Universität Göttingen - 16.04.2018

Geringeres Wirtschaftswachstum als angenommen

Studie der Universität Göttingen und des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung


(pug) Viele ökonomische Modelle und politische Debatten gehen von der Annahme aus, dass Volkswirtschaften exponentiell, also in stetigen Raten von zwei bis drei Prozent wachsen. Ökonomen des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und der Universität Göttingen haben Daten von 18 Ländern neu ausgewertet und fanden heraus, dass entwickelte Volkswirtschaften deutlich weniger wachsen als angenommen: Die Wirtschaft in vielen Ländern Europas sowie in Kanada und den USA wuchs in diesem Zeitraum eher linear, das heißt mit abnehmenden Wachstumsraten. Nur zwei der untersuchten Länder erreichten die angenommenen Wachstumsraten. Die Wissenschaftler fordern daher, diese verschiedenen Wachstumspfade in volkswirtschaftlichen Modellen und in der wirtschaftspolitischen Planung zu berücksichtigen. Die Studie ist in der Fachzeitschrift "Ecological Economics" erschienen.

In ihrer Untersuchung haben die Wissenschaftler Wirtschaftsdaten von 14 Industrieländern Europas sowie von Kanada, den USA, Australien und Neuseeland analysiert. Elf Länder wuchsen seit 1960 demnach eher linear. Die Mehrheit der restlichen sieben Länder mit exponentiellem Wachstum wuchs mit einer geringeren Rate als angenommen. Nur Neuseeland wuchs exponentiell mit höheren Raten. "Auch wenn man die Daten aus der Zeit der Wirtschaftskrise von 2008 bis 2013 herausnimmt, liegen die pro-Kopf-Wachstumsraten in zehn Ländern bei weniger als 1,3 Prozent und damit unter der allgemeinen Annahme", so Dr. Thomas Kopp vom Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung der Universität Göttingen. 1,3 Prozent pro-Kopf-Wachstum entsprechen in den ausgewählten Ländern einem Gesamtwachstum von 2 bis 3 Prozent.

"Die empirischen Erkenntnisse legen nahe, dass sich sowohl in der Wirtschaftspolitik als auch in den Modellen der Wirtschaftswissenschaften etwas verändern muss", sagt Erstautor Steffen Lange vom IÖW. "Es muss damit gerechnet werden, dass das Wachstum prozentual gesehen weiter abnimmt. Die Politik zum Arbeitsmarkt, zur Finanzierung der Sozialversicherungssysteme, zu staatlichen Einnahmen und Ausgaben sowie zur Verteilung muss an diesen Trend angepasst werden."


Originalveröffentlichung:
Steffen Lange, Peter Pütz, Thomas Kopp:
Do Mature Economies Grow Exponentially?
Ecological Economics, Volume 147, May 2018, Pages 123-133
https://doi.org/10.1016/j.ecolecon.2018.01.011

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution77

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Georg-August-Universität Göttingen, Thomas Richter, 16.04.2018
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. April 2018

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