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GEWERKSCHAFT/1134: Costa Rica - Streik indigener Bananenarbeiter, Übergriffe ausländischer Konzerne (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 19. März 2015

Costa Rica: Streik indigener Bananenarbeiter wirft Schlaglicht auf Übergriffe durch ausländische Konzerne

von Diego Arguedas Ortiz



Bild: © Fabián Hernández Mena/IPS

Streikende Bananenarbeiter der Sixaola-Plantagen des US-Konzerns 'Del Monte Foods' an der costaricanischen Karibikküste
Bild: © Fabián Hernández Mena/IPS

San José, 19. März (IPS) - Ein Streik von Bananenarbeitern auf drei großen Plantagen an der costaricanischen Karibikküste an der Grenze zu Panama hat Übergriffe und Rechtsverstöße ausländischer Bananenkonzerne offengelegt und die Regierungen beider Länder zum Handeln gezwungen.

Mehr als 300 Beschäftigte der costaricanischen Niederlassung des US-Unternehmens 'Del Monte Foods', überwiegend Indigene aus Panama, sind seit dem 16. Januar im Ausstand. Sie werfen ihrem Arbeitgeber Verstöße gegen geltendes Arbeitsrecht, Änderungen ihrer Arbeitsbedingungen, Verzögerungen bei der Lohnauszahlung und illegale Entlassungen vor.

Federico Abrego ist einer der streikenden Arbeiter. "Wir wurden am 31. Dezember entlassen. Als wir am 3. Januar wieder eingestellt werden sollten, erklärte man uns, dass wir nun als neue Mitarbeiter neue Arbeitsbedingungen hinnehmen müssten", berichtete der panamaische Indigene in einem Telefongespräch aus der Streikregion.

Abrego und die meisten anderen Streikenden auf den Sixaola-Plantagen 1, 2 und 3 sind Angehörige der Volksgruppen der Ngöbe und Bugle, die auf der anderen Seite der costaricanisch-panamaischen Grenze in einem von ihnen selbst verwalteten Landkreis beheimatet sind. Zwischen 70 und 90 Prozent der 417.000 Indigenen Panamas sind arm, wie aus einem UN-Bericht aus dem letzten Jahr hervorgeht.


Problem der Landkonzentration

Beobachtern zufolge ist der jüngste Konflikt zwischen den Bananenarbeitern und Del Monte Foods im Karibikbezirk Talamanca 250 Kilometer südlich von San José das Ergebnis einer Jahrzehnte langen Zunahme der Landkonzentration in den Händen großer ausländischer Bananen- und inzwischen auch Ananasproduzenten.

Talamanca belegt auf dem Index des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) über menschliche Entwicklung von allen 81 Bezirken des Landes den vorletzten Platz. Die meisten Einwohner des Bezirks, in denen Bananenplantagen 37 Prozent der Fläche einnehmen, sind Indigene.

"Die bestreikten Plantagen gehören dem Nationalen Bananenunternehmen (Corbana), das sie an Del Monte verpachtet hat", berichtet der Abgeordnete Gerardo Vargas, der die karibische Küstenprovinz Limón vertritt. "Vor zwei Jahren haben die Beschäftigten hier gegen unmenschliche Bedingungen, miserable Löhne und Einwanderungsprobleme gestreikt und eine Gewerkschaft gegründet."

Nach Ablauf des Vertrags mit Corbana und der sich anschließenden Verlängerung, sei der Konzern in einer Weise verfahren, die gegen geltendes costaricanisches Recht verstoße, so der Abgeordnete. Das Unternehmen habe einfach eine neue Gewerkschaft eingerichtet, alle Arbeiter entlassen und nur diejenigen wieder eingestellt, die der neuen Gewerkschaft beigetreten seien. "Das Ergebnis ist dieser neue Arbeitskonflikt", so Vargas, Mitglied der Linkspartei 'Breite Front'.

Corbana war von Regierung und Plantagenbesitzern mit dem Ziel geschaffen worden, die lokale Produktion und den Handel zu fördern. In der Vergangenheit hatte sie auch die Flächen bewirtschaftet, die sie inzwischen an die ausländischen Unternehmen verpachtet hat, die dort so verfahren, als seien es ihre eigenen.

"Die Landkonzentration in Limón wird zur Gefahr", warnt der Abgeordnete der Bananenprovinz. "Inzwischen sehen sich aberhunderte Familien gezwungen, ihr Land zu verkaufen, um sich dann als Plantagenarbeiter anheuern zu lassen."

Abrego ist ein solcher Fall. Der 53-jährige Ngöbe arbeitet seit 1993 auf costaricanischen Bananenplantagen. Er lebt mit seiner Frau und seinen acht Kindern, von denen die Hälfte noch zur Schule geht, in einem Haus der Bananenentwicklungsfirma 'Bandeco', einem Ableger von Del Monte.

"Immer wieder bitten mich meine Mitstreikenden um Nahrungsmittel. Doch muss ich ihnen sagen, dass es nichts gibt, solange wir nicht wiedereingestellt werden", sagt Abrego, der Gewerkschaftsführer der Plantage 2. Inzwischen seien die streikenden Arbeiter dazu übergegangen, gemeinsame Mahlzeiten zu organisieren.

95 Prozent der Streikenden sind Indigene aus Panama. "Wir sind wegen der Arbeit in Costa Rica", sagte Abrego, der eine reguläre Aufenthaltsgenehmigung besitzt. "Wir nehmen niemandem hier etwas weg. Denn auf den Bananenplantagen findet man selten Costaricaner."

Der Arbeitskonflikt eskalierte, als Bananenarbeiter aus Panama vom 20. bis 21. Februar den Verkehr auf der Brücke über den Fluss Sixaola lahmlegten, der Costa Rica mit Panama verbindet. Die Straßenblockade und die Tatsache, dass es Panamaer sind, die auf costaricanischen Plantagen streiken, haben die Regierungen beider Staaten zur Aufnahme von Verhandlungen gezwungen. Einer Übereinkunft vom 27. Februar zufolge müssen die Unterhändler noch in diesem Monat Empfehlungen vorlegen.


Bild: © Fabián Hernández Mena/IPS

Nach Aussagen streikender Bananenarbeiter der Sixaola-Plantagen des US-Konzerns 'Del Monte Foods' in Costa Rica war der Brandanschlag auf dieses Auto einer von vielen Einschüchterungsversuchen durch die Bananenkonzerne
Bild: © Fabián Hernández Mena/IPS

Am runden Tisch nahmen Vertreter von Bandeco, von 'Sitepp', dem lokalen Arm der Gewerkschaft der öffentlichen und privaten Beschäftigten, und der Arbeitsministerien Costa Ricas und Panamas teil. "Neben der Gründung einer binationalen Kommission und der Erstellung eines Berichts enthält das Abkommen die Zusage des Unternehmens, 64 Bananenarbeiter sofort wieder einzustellen und die entlassenen Kräfte nicht aus ihren Firmenunterkünften zu werfen", berichtet Costa Ricas Vizearbeitsminister Harold Villegas.


Wiederholte Konflikte

Auf den Plantagen an der costaricanischen Karibikküste kommt es häufig zu Konflikten zwischen Arbeitern und Bananenkonzernen. Der derzeitige Streik auf den Sixaola-Plantagen ist nur eines von vielen Beispielen. 2013 hatte Sitepp einen Streik gegen die schlechten Arbeitsbedingungen der Beschäftigten organisiert, und im Arbeitsministerium häufen sich die Beschwerden.

Im Mai 2014 wurden bei Inspektionen des Ministeriums eine Vielzahl von Verstößen gegen das nationale Arbeitsrecht festgestellt. Die Unternehmen wurden aufgefordert, für Abhilfe zu sorgen. Unter anderem berichtete die nationale Aufsichtsbehörde über einen Fall, in dem Firmenvertreter mit Schikanen und verbalen Beschimpfungen versucht hatten, Arbeitnehmer einzuschüchtern.

"Nachdem die Beschwerden publik geworden sind, gründete der Konzern die ihm genehme Gewerkschaft", erläutert der Sitepp-Vorsitzende Luis Serrano. "Es ging ihnen vor allem darum, auf die Tarifverhandlungen nach Ablauf der alten Verträge Einfluss zu nehmen. Sie begannen daraufhin mit ihrer Kampagne gegen uns und begünstigten die firmennahe Gewerkschaft."

Ein Großteil der costaricanischen Bananenindustrie befindet sich in Händen transnationaler Konzerne. Neben Del Monte sind andere US-Firmen wie Chiquita Brands vertreten, die 24 Prozent der Bananenexporte des Landes kontrollieren, sowie 'Dole Food Company'.

Die Bananenindustrie spielt für Costa Rica und insbesondere für die karibische Küstenregion eine wichtige Rolle. Corbana-Zahlen zufolge beschäftigt sie 6,2 Prozent der costaricanischen Arbeitskräfte und 77 Prozent der Arbeitnehmer der Karibikregion. Sie hat zudem einen Anteil an den costaricanischen Exporten von sieben Prozent und generierte im letzten Jahr 900 Millionen Dollar. (Ende/IPS/kb/2015)


Links:

http://www.ipsnoticias.net/2015/03/huelga-bananera-desnuda-abusos-de-transnacionales-en-costa-rica/
http://www.ipsnews.net/2015/03/banana-workers-strike-highlights-abuses-by-corporations-in-costa-rica/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 19. März 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2015

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