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GEWERKSCHAFT/776: Bundesarbeitsgericht verkennt Lebenswirklichkeit von Leiharbeitsbeschäftigten (ver.di)


ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - Presseinformation vom 14. März 2013

Equal Pay: Bundesarbeitsgericht verkennt die Lebenswirklichkeit von Leiharbeitsbeschäftigten



Berlin, 14.03.2013 - Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) wertet die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum Anspruch von Leiharbeitsbeschäftigten auf gleiche Bezahlung wie bei der Stammbelegschaft als nicht zufriedenstellend. "Mit diesen Entscheidungen hat das BAG verkannt, welche Hürden gerade für Leiharbeitsbeschäftigte bestehen, ihre Ansprüche in einem prekären Beschäftigungsverhältnis durchzusetzen", stellte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis fest.

Das BAG hatte am Mittwoch (13. März 2013) in mehreren Entscheidungen zu den Equal-Pay Ansprüchen der Leiharbeitsbeschäftigten grundsätzlich Stellung genommen. "Es ist zu begrüßen, dass die Zeitarbeitsfirmen nach Auffassung des BAG nicht auf die Tariffähigkeit der CGZP vertrauen konnten", so Kocsis. Es sei allerdings bedenklich, dass die Richter den Leiharbeitsbeschäftigten zumuteten, schon vor der Entscheidung des BAG zur Tarifunfähigkeit der CGZP vom 14. Dezember 2010 Ansprüche einzufordern, von deren Existenz sie nichts ahnen konnten. Gleiches gelte auch hinsichtlich der Auffassung des BAG zur Verjährung der Equal-Pay-Ansprüche unabhängig von der Tarifunfähigkeitsentscheidung des BAG von 2010.

"Es gibt einen gravierenden Unterschied in der Ausgangslage zwischen den Zeitarbeitsunternehmen und den dort Beschäftigten. Die Leiharbeitsbeschäftigten waren auf ihren Arbeitsplatz angewiesen, während die Verleiher ihnen intransparente Arbeitsverträge vorgelegt haben, die systematisch darauf angelegt waren, das Equal-Pay-Gebot zu unterlaufen", betonte Kocsis. Wenn das BAG jetzt die Ansprüche der Beschäftigten an strengen Ausschlussfristen und einer Verjährung schon vor der Entscheidung zur Tarifunfähigkeit der CGZP scheitern lasse, gehe das an der Lebens- und Arbeitswirklichkeit in den Betrieben vorbei.

"Aus dieser Entscheidung gibt es nur eine sinnvolle Konsequenz: Der Bundestag muss so rasch wie möglich gesetzlich klarstellen, dass Leiharbeitsbeschäftigte grundsätzlich vom ersten Tag an einen Anspruch auf gleiche Bezahlung wie die Stammbeschäftigten im Entleihbetrieb haben", forderte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende.

In dem im Rechtsschutz von ver.di in letzter Instanz geführten Verfahren ging es unter anderem um die Klage eines seit dem 30. Oktober 2002 bei einem Energiekonzern eingesetzten Leiharbeitnehmers im sogenannten Kombiaußendienst. Der Kläger verlangte die Zahlung von Equal Pay, darunter Differenzzahlungen zum Tarifentgelt, Weihnachtsgeld, Sonderzahlung, Erstattung von Fahrtkosten und Gewährung von Spesen sowie Überstundenzuschläge. "Eine derart lange Beschäftigungsdauer in Leiharbeit bestätigt, dass Leiharbeit genutzt wird, um Stammarbeit zu ersetzen und Löhne zu drücken", so Kocsis.

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Quelle:
Presseinformation vom 14.03.2013
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Christoph Schmitz - ver.di-Bundesvorstand
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. März 2013