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INTERNATIONAL/012: Illegale Finanztransaktionen - 130 Milliarden Dollar Jahresverlust (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. Januar 2011

Nahost/Nordafrika: Illegale Finanztransaktionen - 130 Milliarden Dollar Jahresverlust

Von Emad Mekay


Kairo, 21. Januar (IPS) - Die Länder in der Region Nahost/Nordafrika (MENA) haben durch illegale Finanztransaktionen in den Jahren 2000 bis 2009 rund 1,2 Billionen US-Dollar oder 130 Milliarden Dollar pro Jahr verloren. Dies geht aus einem neuen Bericht von 'Global Financial Integrity' (GFI) hervor - einer in Washington ansässigen Organisation, die sich für mehr Transparenz im internationalen Finanzsystem stark macht.

Damit sind die MENA-Staaten die Länder mit dem weltweit höchsten Zuwachs beim illegalen Geldabfluss. Ihr Anteil am globalen Transfer liegt bei 17,9 Prozent. Der größte Teil der vor Ort verlorenen Geldmenge lande auf Konten in Großbritannien, der Schweiz, den USA und in anderen reichen Ländern des Nordens, erläutert Karly Curcio, eine der Autoren des Reports, im IPS-Gespräch.


Unter den Top Ten

Vier der MENA-Staaten fallen unter die zehn Länder, die zwischen 2000 und 2009 am stärksten betroffen waren: Saudi-Arabien mit Verlusten von 302 Milliarden Dollar, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) mit 276 Milliarden Dollar, Kuwait mit 242 Milliarden Dollar und Katar mit Verlusten von 138 Milliarden Dollar.

Innerhalb der MENA-Region folgen Ägypten mit illegalen Geldtransfers in Höhe von 57 Milliarden Dollar im Berichtszeitraum, Israel mit 15,2 Milliarden Dollar und der Libanon mit Verlusten von elf Milliarden Dollar.

"Wir betrachten unsere Zahlen als konservativ", erläutert GFI-Chef Raymond W. Baker. Nicht einkalkuliert seien etwa Verluste durch Preismanipulationen im internationalen Handel und Schmuggel. Er und seine Kollegen sehen einen Grund in der rasanten Zunahme des illegalen Finanzabflusses im Preisboom bei Nahrungsmitteln, Öl und anderen Rohstoffen.

Welche Folgen die finanzielle Ausblutung in der MENA-Region haben kann, zeigt das Beispiel Tunesien. Dort war ein Grund für die Revolte gegen Staatspräsident Zine el Abidine Ben Ali und dessen Familie die Verschiebung von vielen Hundert Millionen Dollar auf westliche Konten. Die jetzt installierte Interimsregierung in Tunis hat Länder wie die Schweiz aufgefordert, Ben-Ali-Konten einzufrieren.


Größte Verluste in China

Alle Entwicklungsländer zusammengenommen haben nach dem neuen Bericht in den Jahren 2000 bis 2009 rund 6,5 Billionen Dollar durch illegale Finanztransaktionen verloren. China mit 2,18 Billionen, Russland mit 427 Milliarden und Mexiko mit 416 Milliarden Dollar bilden die Spitzengruppe.

Regional gesehen führt bei der illegalen Geldabwanderung Asien mit einem Anteil von 44,4 Prozent. Es folgen die MENA-Staaten mit 17,9 Prozent, die ärmeren europäischen Länder mit 17,8 Prozent, die Länder auf der westlichen Welthalbkugel mit 15,4 Prozent und Afrika mit 4,5 Prozent.

China steht auf der schwarzen Liste zwar an der Spitze, aber die Lage im Reich der Mitte hat sich verbessert. Der chinesische Anteil reduzierte sich in den Jahren 2000 bis 2009 von 46 auf 27 Prozent. Die Ölländer Russland, VAE, Kuwait und Nigeria hingegen holten in diesem Zeitraum auf und werden im illegalen Geldtransfer immer wichtiger. GFI rät dem Finanzsektor dringend zu Transparenzmaßnamen wie der Abschaffung des Bankgeheimnisses. (Ende/IPS/hn/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Januar 2011