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INTERNATIONAL/071: Swasiland - Kleinkredite für junge Leute, Wirtschaft kurz vor dem Kollaps (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 2. Januar 2012

Swasiland: Kleinkredite für junge Leute - Wirtschaft kurz vor dem Kollaps

von Mantoe Phakathi


Mbabane, 2. Januar (IPS) - Im krisengeschüttelten Königreich Swasiland versucht die Regierung mit einem Kleinkreditfonds gegen die Jugendarbeitslosigkeit vorzugehen. Sie legte 1,2 Millionen US-Dollar zur Seite, um Frauen und Männern im Alter von 18 bis 35 den Weg in die Selbstständigkeit zu ebnen.

Vor zwei Jahren ist der Regierung in Swasiland recht schnell klar geworden, dass sie auf ausländische Investoren kaum zählen kann. Das Land gilt als korrupt und steht kurz vor dem Bankrott, seit die Einnahmen der Mitgliedstaaten der Südafrikanischen Zollunion (SACU) - Botswana, Lesotho, Namibia und Swasiland - von über 700 Millionen Dollar 2009/2010 auf 400 Millionen Dollar 2011/2012 gesunken sind. Einst konnte Swasiland mit diesen Einkünften 60 Prozent seines Haushalts finanzieren.

Pat Muir, erster Staatssekretär im Bildungsministerium, gibt der Länderklassifizierung der Weltbank eine Schuld an der schwierigen Lage in Swasiland. Eingestuft als Land der unteren Mittelklasse werde Swasiland nicht die Hilfe zuteil, die es benötige, so Muir. "Immer wenn wir um internationale Hilfe ansuchen, sagt man uns, dass wir für diese Art der Hilfe nicht arm genug sind."

Die Weltbankklassifizierung stellt auch für die zivilgesellschaftlichen Organisationen Swasilands ein Problem dar. Wie Emmanuel Ndlangamandla, Leiter von der Vereinigung swasiländischer Nichtregierungsorganisationen CANGO, berichtet, nimmt die Hilfe für Swasiland seit den 1990er Jahren ab. Viele Organisationen mussten deshalb ihre Operationen zurückfahren.

Die Klassifizierung ergibt sich jedoch aus der ungleichen Verteilung des Wohlstands im Königreich. Obwohl die Elite des Landes einschließlich des Königs nur zehn Prozent der Bevölkerung ausmacht, kontrolliert sie 60 Prozent des nationalen Reichtums.


Reicher König mit armem Volk

Das US-amerikanische Wirtschaftsmagazin 'Forbes' zählte König Mswati III. 2009 zu den wohlhabendsten Royals der Welt. Neben 100 Millionen Dollar soll er über zehn Milliarden Dollar verfügen, die sein Vater, der ehemalige König Sobhuza II., für ihn in einen Fonds eingezahlt hat. Die swasiländische Regierung hat diese Angaben nie bestritten. Trotz der Haushaltskrise wurde das Budget des Monarchen von 24 Millionen Dollar 2010 auf 30 Millionen Dollar 2011 erhöht.

Dabei ist die Lage ernst. Zwar ist die Armut zwischen 2001 und 2010 um sechs Prozent gesunken. Die Situation der ärmsten Menschen, die immerhin 30 Prozent der Bevölkerung ausmachen, ist hingegen gleich geblieben. Mehr als 160.000 Menschen in Swasiland sind von Nahrungsmittelhilfe abhängig, belegt eine Studie über die Einkommensverhältnisse der Bevölkerung. Vom Wirtschaftswachstum hätten die Armen im Lande nicht profitiert, heißt es im 'Swaziland Household Income and Expenditure Survey'.

Problematisch ist die Lage auch für die jungen Leute im Lande. Sie stellen die Hälfte aller Erwerbslosen. Mit den Geldern des Jugendförderfonds soll zumindest ein Teil von ihnen nun die Möglichkeit erhalten, ein eigenes Geschäft aufzumachen, wie Bheki Thwala, der Leiter der swasiländischen Jugendbehörde, erläutert. Einzelpersonen können zwischen 630 und 6.200 US-Dollar beantragen, Unternehmensgruppen bis zu 12.500 Dollar. Die Darlehen werden zu zehn Prozent verzinst.

Die 29-jährige Futhi Mngomezulu und ihre zwei Jahre jüngere Schwester Gcebile gehören zu den rund 600 Jungunternehmern, die bislang in den Genuss eines Kleinkredits gekommen sind. Futhi ist eine ausgebildete IT-Spezialistin, Gcebile gelernte Elektrikerin. Nachdem die beiden Frauen keine passenden Arbeitsstellen gefunden hatten, entschlossen sie sich zum Start eines eigenen Geschäfts. Sie entwerfen und verkaufen inzwischen erfolgreich Embleme für Schuluniformen.

"Die größte Herausforderung war der Kauf einer Stickmaschine", berichtet Futhi. "Wir konnten 3.100 US-Dollar mit Hilfe unserer Mutter aufbringen." Der Fonds kam den beiden Schwestern daher gerade recht. Als sie ihre Arbeit aufnahmen, eroberten sie die Schulen der Hauptstadt und der Umgebung im Sturm.


Chancen ergreifen

"Wir haben auf die hohe Nachfrage nach solchen Emblemen reagiert", sagt Futhi. "Denn uns fiel auf, dass es landesweit nur zwei Stickereien gibt, die solche Aufträge ausführen." Einzige Bedingung für den Kredit war die Teilnahme an einem Schulungskurs für Unternehmer des 'Imbita Women's Finance Trust' (IWFT). Das war auch gut so, wie die junge Geschäftsfrau bestätigt. "Wir wissen, wie wir unsere Geschäftsbücher zu führen haben."

Dem Behördenchef Thwala zufolge wurden im August 2010 rund 590 junge Leute mit insgesamt 718.000 Dollar gefördert. 495.000 Dollar hielten die Behörden wegen des schweren Haushaltsdefizits zurück. Am Ende stand nur noch die Hälfte dieses Betrags für die Förderung von 152 jungen Leuten zur Verfügung.

Nach Ansicht der IWFT-Direktorin Sibongile Shongwe haben junge Leute eine konkrete Zukunftsvision. Die Herausforderung bestehe darin, sie zu geschäftstüchtigen Unternehmern heranzubilden.

Probleme treten auf, wenn die angehenden Jungunternehmer plötzlich doch noch einen Job finden oder ein Stipendium fürs Ausland ergattern. Dann ist von den großen Plänen, ein eigenes Geschäft zu eröffnen, nicht mehr viel übrig. "Das hat natürlich Auswirkungen auf die Rückzahlungsmoral der betreffenden Personen und die Finanzierung weiterer Kredite", so Shongwe. "Und dann gibt es leider diejenigen, die die Kredite nicht bedienen, weil es sich um Staatsgelder handelt." (Ende/IPS/kb/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Januar 2012