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INTERNATIONAL/236: Rückschlag für Transpazifisches Partnerschaftsabkommen - Erneut Frist verfehlt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. November 2014

Handel: Rückschlag für Transpazifisches Partnerschaftsabkommen - Erneut Frist verfehlt

von Carey L. Biron


Bild: © SumOfUs/cc by 2.0

Anti-TPP-Demo in Sydney am 25. Oktober 2014
Bild: © SumOfUs/cc by 2.0

Washington, 11. November (IPS) - Zum dritten Mal in Folge ist es den US-Unterhändlern eines Transpazifischen Partnerschaftsabkommens (TPP) nicht gelungen, die selbst gesetzte Frist für den Abschluss der Gespräche einzuhalten. Da in den Pazifikanrainerstaaten der Widerstand gegen den Freihandelsvertrag wächst und im kommenden Jahr in den USA der neue Präsidentschaftswahlkampf beginnt, sind Kritiker optimistisch, dass das TPP nicht zustande kommt.

"Der Grund, warum die Regierung von Staatspräsident Barack Obama eine Frist nach der anderen versäumt, hat mit der extrem unpopulären Agenda zu tun, die nur einer Handvoll Großkonzernen nutzt aber zu Lasten der Wirtschaft, der Umwelt und der öffentlichen Gesundheit in den TPP-Ländern geht", erläutert Arthur Stamoulis von der TPP-kritischen 'Citizens Trade Campaign' in Washington. "Die Bürger und die Abgeordneten in den Pazifikanrainerstaaten erkennen allmählich, dass ein solches Abkommen für ihre Staaten eine schlechte Nachricht wäre."

Die TPP-Unterhändler hatten am 10. November auf einem Gipfeltreffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftskooperation (APEC) in Peking bekannt gegeben, die Frist für einen Abschluss der Gespräche nicht einhalten zu können.

Für Präsident Obama ist das TPP ein zentraler Bestandteil seiner Bemühungen, sich stärker auf die Region Asien auszurichten und sich gleichzeitig von China, das an den TPP-Gesprächen nicht teilnimmt, abzugrenzen. Der US-Staatschef räumte auf dem Gipfel in Peking ein, dass offenbar mehr politischer Druck vonnöten sei, um den TPP-Prozess voranzubringen.

"In den letzten Wochen haben unsere Verhandlungsteams bei der Klärung etlicher Fragen, die dem Abkommen noch im Wege stehen, gute Fortschritte erzielt", erklärte er gegenüber den versammelten Handelsministern. "Heute haben wir Gelegenheit, auf politischer Ebene einige verbliebene Hindernisse zu beseitigen."

Das TPP soll zwölf Länder umfassen: Australien, Brunei, Chile, Japan, Kanada, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur, die USA und Vietnam. Um einen Durchbruch bei den Verhandlungen zu erzielen, müsse den Menschen in den jeweiligen Ländern der Nutzen des Abkommens vor Augen geführt werden. Es bedeute "mehr Handel, mehr gute Jobs und höhere Einkommen für die Menschen der Region einschließlich der USA".


Zentrale Fragen ungeklärt

Auch wenn in einer Mitteilung der zwölf Staaten von einem absehbaren Abschluss der Verhandlungen die Rede ist, sind es Unstimmigkeiten in wichtigen Fragen des Agrarprotektionismus, des Umweltschutzes, Arbeitsrechts, der Arzneimittelpreise, des Patentrechts und der Möglichkeit für Unternehmen, sich über nationale Bestimmungen hinwegzusetzen, die dem TPP im Wege stehen.

Die Vielfalt der strittigen Themen gibt den TPP-Kritikern Anlass zu Hoffnung, dass der Widerstand der Öffentlichkeit gegen dieses Handelsabkommen weiter wachsen und im Vorfeld der nächsten Präsidentschaftswahlen 2016 erfolgreich abgewehrt wird. Erwartet wird, dass bereits ab Mitte 2015 die Chance für ein Zustandekommen des Abkommens durch die US-Gesetzgeber sinkt und die Entscheidung auf frühestens 2017 verschoben wird. "Die TPP-Befürworter wissen genau, dass ihnen die Zeit davonläuft", meint Stamoulis von der 'Citizen Trade Campaign'. "Der Widerstand gegen das TPP ist größer denn je und nimmt immer weiter zu."

Die Kongresswahlen in den USA Anfang November haben der Diskussion über eine für das TPP-Abkommen entscheidende Frage - ob Präsident Obama unilateral aushandeln darf oder ob der Kongress punktweise seine Zustimmung geben muss - eine neue Wendung gegeben.

Da Handelsabkommen viele innenpolitisch sensible Fragen berühren, mussten sich die US-Präsidenten in der Vergangenheit die Zustimmung beschaffen, ohne die Einwände der Abgeordneten entscheiden zu dürfen. Ein solches 'Schnellverfahren' erlaubt dem Kongress lediglich, für oder gegen ein ausgehandeltes Handelsabkommen zu stimmen.

Die Sorge um die Auswirkungen eines TPP auf die einheimische Wirtschaft hat dazu geführt, dass beide Häuser des US-Kongresses sich offensichtlich schwer damit tun, das von Obama beantragte Schnellverfahren zu genehmigen.


Republikaner gespalten

Die Frage könnte nun innerhalb der Republikanischen Partei, die ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus vergrößern konnte und ab Januar den Senat kontrollieren wird, einen Dissens schaffen. Während sich das Abgeordnetenhaus einem Schnellverfahren für Obama widersetzt, hat der von Republikanern dominierte Senat vorgeschlagen, einer solchen Regelung Anfang nächsten Jahres Priorität einzuräumen.

Die Entwicklung hat unter den Konservativen eine heftige Kontroverse ausgelöst. So gibt es die Abgeordneten, die sich traditionell für die Big Business-Interessen der großen Konzerne einsetzen, und diejenigen, die die Folgen der Globalisierung auf die US-Arbeitnehmer fürchten.

Die Polarisierung hat sich gerade seit der Finanzkrise 2008 weiter verschärft. Wie Curtis Ellis, Sprecher der 'American Jobs Alliance' und Geschäftsführer von 'ObamaTrade.com', einer konservativen Kontrollorganisation, bemängelt, ist es der republikanische Flügel, dem die Großkonzerne nahestehen, der zu mehr Freihandel drängt.

"Wenn wir dazu übergehen, sämtliche US-Fabriken nach Übersee zu verlegen, zieht das amerikanische Volk den Kürzeren. Und selbst die Befürworter des TPP haben inzwischen eingeräumt, dass es weniger um Handel als um Investitionen geht - um die Sicherstellung übergreifender Weltordnungsfragen im Bereich der Investitionen", so Ellis.

Tatsächlich geht es in nur fünf der 29 vorgeschlagenen TPP-Kapitel direkt um Handel, wie die US-Verbraucherschutzorganisation 'Public Citizen' bestätigt. Die nicht auf den Handel bezogenen Regelungen hätten niedrigere Löhne, höhere Medikamentenpreise, ungesündere Nahrungsmittel und neue Rechte für ausländische Investoren zur Folge. Diese könnten von Regierungen Entschädigungszahlungen für Bestimmungen einfordern, die gegen die neuen Privilegien verstoßen, die ihnen durch das TPP verliehen werden, warnt Lori Wallach, Leiterin des Public-Citizen-Programms 'Global Trade Watch'.

Trotz der Geheimniskrämerei, die die TPP-Verhandlungen umgebe, sei sich die Öffentlichkeit in den TPP-Staaten zum Glück dieser Risiken zunehmend bewusst, sagt sie. (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/11/as-tpp-trade-talks-miss-third-deadline-opponents-claim-momentum/

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IPS-Tagesdienst vom 11. November 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. November 2014