Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → WIRTSCHAFT


INTERNATIONAL/279: Kuba - Spirulina für den Weltmarkt, Land sucht Nische für Naturprodukt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. September 2015

Kuba:
Spirulina für den Weltmarkt - Land sucht Nische für Naturprodukt

von Patricia Grogg


Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

Fermentierungstank zur Herstellung von Spirulina in Jaruco
Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

SAN JOSÉ DE LAS LAJAS, KUBA (IPS) - Kuba kommt mit der Produktion und der Kommerzialisierung von Spirulina zügig voran. Das in Pulver- und Tablettenform erhältliche Naturprodukt, das alle bekannten Aminosäuren, zahlreiche Mineralstoffe und Vitamine enthält, ist dabei, sich einen internationalen Markt zu erschließen.

Ende der 1980er Jahre hatte ein staatliches Unternehmen mit Unterstützung einer ausländischen Firma Nahrungsergänzungsmittel, Körperlotionen und Gesichtscremes aus der Alge hergestellt. Doch die Wirtschaftskrise der 1990er Jahre brachte die Produktion zum Erliegen. Erst mit der Übernahme durch die staatliche Firmengruppe 'Labiofam' und der Unterstützung der Weltagrarorganisation FAO konnte der Herstellungsprozess wieder in Gang gesetzt werden. Labiofam stellt Medikamente und Naturprodukte her.

In Kuba ist Spirulina in Apotheken frei erhältlich. Die Dose mit jeweils 80 Tabletten kostet 60 Peso - angesichts des durchschnittlichen Monatseinkommens von 471 Peso (rund 20 US-Dollar) keine Kleinigkeit. "Dennoch ist die Nachfrage groß", versichert eine Apothekerin in der Hauptstadt Havanna.


Seit Jahrhunderten geschätzt

Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge stärkt Spirulina das menschliche Abwehrsystem, hilft bei chronischem Schnupfen, reguliert den arteriellen Blutdruck, senkt den Cholesterinspiegel und verringert die Gefahr einer Gehirnembolie. Eingenommen wird das Produkt in Kuba derzeit in erster Linie von Hochleistungssportlern, die es aufgrund seiner antioxidativen Wirkung und als Energiebombe schätzen.

Schon die Azteken kannten die leistungsstärkende Fähigkeit von Spirulina. Sie beschafften sich die Algen aus dem Salzsee Texcoco im Zentrum von Mexiko und gaben sie in Form von Gebäck ihren Gesandten zur Stärkung mit.

Wissenschaftler fanden heraus, dass die als Kanembu oder Kanuri bekannte zentralafrikanische Volksgruppe selten krank wurde. Sie führten dies auf den Verzehr von grünen Fladen aus Spirulina-Algen zurück, die sich die Mitglieder der Ethnie aus dem nahegelegenen Taschadsee beschaffen.

Evidio Armas ist technischer Leiter bei 'Genix-Labiofam', der Firma, die Produkte aus Spirulina herstellt und vermarktet. Wie er gegenüber IPS erklärte, sind derzeit zwei Spirulina-Arten für den menschlichen Verzehr von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zugelassen worden: die Arthrospira maxima aus Mexiko und anderen lateinamerikanischen Ländern und die Arthrospira platensis aus dem Tschadsee. "Letztere züchten wir hier auf Kuba", fügte er hinzu.


Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

In Jaruco im kubanischen Bezirk San José de las Lajas werden die Spirulina-Algen gezüchtet, fermentiert, getrocknet und pulverisiert
Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

Das Unternehmen betreibt zwei Fabriken im Bezirk San José de las Lajas rund 25 Kilometer südöstlich von Havanna. In Jaruco werden die Mikroalgenstämme reproduziert, die Algen in 5.000 Quadratmeter großen Tanks fermentiert und später filtriert, pasteurisiert, getrocknet und pulverisiert. In der Anlage in Zaragoza wird das Pulver verfeinert, abgefüllt und für den Transport verpackt. Auch wird ein Teil zu Tabletten gepresst. Dank eines Abkommens mit Italien exportiert die kubanische Firma in diesem Jahr 1,5 Tonnen Spirulina-Pulver in das europäische Land, wo es zu Tabletten weiterverarbeitet wird.

In den beiden Genix-Labiofam-Fabriken arbeiten mehr als 100 Kräfte, darunter 43 Frauen. Sie verdienen derzeit monatlich 1.000 Peso, das sind über 40 US-Dollar. Seit Januar sind die Löhne produktionsabhängig und gut bezahlt. "Es geht uns bestens", meinte dazu Mery Fundora aus der Personalabteilung des Unternehmens in Jaruco.


Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

Arbeiterinnen von 'Genix-Labiofam' im kubanischen Zaragoza füllen die Spirulina-Tabletten in Behälter, etikettieren die Dosen und packen sie in Kartons
Bild: © Jorge Luis Baños/IPS


FAO als Retter in der Not

Als wachstumsfördernd hatte sich die Zusammenarbeit mit der FAO herausgestellt. Das gemeinsame Projekt mit dem Namen 'Optimierung der agroindustriellen Kette von Spirulina für den menschlichen Verzehr' lief von Oktober 2007 bis März 2011. So habe man im vergangenen Jahr zwölf Tonnen Spirulina in Pulverform herstellen können, betonte Armas. "Der FAO verdanken wir, dass die Fabriken wieder in Betrieb gehen konnten. Mit ihrer Hilfe konnten wir die erforderlichen Technologien anschaffen und unser Personal schulen."

Wie der Leiter der Fabrik in Zaragoza, Nelson López, betonte, fügt sich das Unternehmen - insbesondere was die Schaffung von Arbeitsplätzen angeht - bestens in die lokalen Entwicklungsstrategien ein. "Wir beschäftigen in unseren Fabriken Menschen aus der Region. Derzeit bemühen wir uns vor allem um junge Mitarbeiter. Wir sind auf dem richtigen Weg."

"Die Zukunft des Unternehmens sieht vielversprechend aus", versicherte Armas. Man sehe sich bereits nach neuen Märkten um. Schließlich sei Spirulina ein wertvolleres Nahrungsmittel als Soja und Mais. Mit den neuen, mit chinesischem Kapital gekauften Maschinen werde man die Produktpalette erweitern. "Wir werden künftig auch Kosmetika auf Spirulinabasis produzieren", versicherte er. Auch die werden viel nachgefragt." (Ende/IPS/kb/24.09.2015)


Link:
http://www.ipsnoticias.net/2015/08/espirulina-cubana-busca-su-lugar-entre-los-productos-naturales/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 24. September 2015
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. September 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang