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KORRUPTION/004: Schlupflöcher im Finanzsystem schließen - Bericht fordert Transparenz (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 25. Oktober 2011

Korruption: Schlupflöcher im Finanzsystem schließen - Bericht fordert Transparenz

von Rosemary D'Amour


Washington, 25. Oktober (IPS) - Kriminelle Organisationen bedienen sich obskurer Briefkastenfirmen, Stiftungen und Treuhandfonds, um beträchtliche Geldsummen zu verstecken. Welche rechtlichen Schlupflöcher im Finanzsystem diese korrupten Machenschaften ermöglichen, untersucht ein Bericht der 'Stolen Asset Recovery Initiative' (StAR).

StAR, ein gemeinsames Projekt der Weltbank und des UN-Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), hat Informationen über 150 große Korruptionsfälle aus den vergangenen 30 Jahren gesammelt und ausgewertet. Die Autoren des Reports 'The Puppet Masters' ('Die Strippenzieher') gehen davon aus, dass sich die gestohlenen Vermögen und Bestechungsgelder auf etwa 50 Milliarden US-Dollar summieren.

Der Report wolle einen umfassenden Überblick über den Umgang mit 'Nutzeigentum' geben, sagte Emilie van der Does de Willebois, die als StAR-Finanzexpertin an der Studie mitgewirkt hat. "In fast allen großen Fällen wurden legale Strukturen von Unternehmen genutzt, um die Identität korrupter Beamter zu verschleiern", erklärte sie IPS.

So hatte die kenianische Regierung, die das Verfahren zur Herstellung von Pässen reformieren sollte, 2002 das Angebot einer französischen Firma für sechs Millionen Euro ausgeschlagen. Stattdessen wurde ein Vertrag im Umfang von 31,89 Millionen Euro mit der Firma 'Anglo Leasing and Finance' abgeschlossen. Die Briefkastenfirma mit Sitz in Großbritannien schlug vor, das französische Unternehmen als Subfirma zu verpflichten, um Gewinne in Millionenhöhe abschöpfen zu können.

Der am 24. Oktober veröffentlichte Bericht rät dazu, derartige Tricks durch größere Transparenz zu verhindern. Politiker müssten dazu gezwungen werden, Rechenschaft über ihr Handeln abzulegen. "Wir schlagen nichts Neues vor, sondern setzen das Thema Transparenz immer wieder neu auf die Agenda", erklärte van der Does.


Illegale Geldflüsse von einer Billion Dollar im Jahr

Laut Robin Hodess von der unabhängigen Organisation 'Transparency International' summieren sich illegale Fonds in Entwicklungsländern mittlerweile auf schätzungsweise eine Billion Dollar jährlich. Sie haben damit enormen Einfluss auf die finanzielle Zukunft dieser Staaten. Der Kampf gegen die Bestechlichkeit sei oftmals beschwerlich, sagte sie IPS. "Die ermittelnden Behörden sind häufig unterbesetzt, insbesondere in Entwicklungsländern."

StAR fordert grundlegende Informationen über eingetragene Firmen. So sollen die Aktionäre, Mitglieder und Direktoren namentlich genannt werden, heißt es in dem Bericht. Diese Angaben müssten im Internet leicht zugänglich sein.

Zivilgesellschaftliche Organisationen appellieren an die Unternehmen, mehr soziale Verantwortung zu zeigen. "Im Finanzsektor müssen wir nicht nur auf Banken und andere Dienstleister schauen, sondern auch die Rolle beachten, die Rechtsanwälte und Buchhalter in den Firmenstrukturen spielen", sagte Hodess. "Es kann eine Menge getan werden, um sie in die Lösungen einzubeziehen und somit zu mehr Transparenz beizutragen." Die Akteure in der Unternehmenswelt zu überprüfen, reiche nicht aus. Zugleich müssten die Fähigkeiten derjenigen gestärkt werden, die in Korruptionsfällen ermittelten.


Internationale Regeln müssen stärker beachtet werden

Auf internationaler Ebene gibt es bereits zahlreiche Gesetze und Abkommen, wie beispielsweise die UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC), die seit ihrer Annahme 2003 von 100 Ländern ratifiziert worden ist. Zudem gibt die zwischenstaatliche 'Financial Action Task Force' (FATF), die einen globalen finanzpolitischen Rahmen schaffen will, einschlägige Empfehlungen.

Van der Does sieht die Einführung neuer Gesetze allerdings nur als einen ersten Schritt. Diese Regelungen dann auch umzusetzen, sei die eigentliche Schwierigkeit. "Briefkastenfirmen und illegale Finanzflüsse gibt es größtenteils deshalb, weil die Einhaltung der Regeln nicht garantiert werden kann." (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www1.worldbank.org/finance/star_site/documents/Puppet%20Masters%20Report.pdf
http://www1.worldbank.org/finance/star_site/
http://www.unodc.org/
http://www.unodc.org/unodc/en/treaties/CAC/
http://www.transparency.org/
http://www.fatf-gafi.org/pages/0,2987,en_32250379_32235720_1_1_1_1_1,00.html
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=105586

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 25. Oktober 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2011