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MELDUNG/883: Neuerscheinung - Tätigsein in der Postwachstumsgesellschaft (idw)


Institut für ökologische Wirtschaftsforschung GmbH, gemeinnützig - 01.10.2019

Neuerscheinung: Tätigsein in der Postwachstumsgesellschaft

• Steuer- und Sozialsystem unabhängiger von Erwerbsarbeit machen
• Erwerbsarbeit sowie unbezahlte Arbeit wie Sorgearbeit, Selbstversorgung oder Freiwilligenarbeit neu gewichten


Berlin, 1. Oktober 2019 - Die gegenwärtige Klimadebatte ist auch eine Debatte über das Wirtschaftswachstum. Denn trotz aller Klima-Bekenntnisse halten Politik, Wirtschaft und Gesellschaft weitgehend am Ziel fest, die Wirtschaftsleistung weiter zu steigern - auch wenn dies zulasten des Klimas geht. Begründet wird dies mit dem Mantra, nur Wirtschaftswachstum könne ausreichend Arbeitsplätze bieten. Die Herausgeberinnen Angelika Zahrnt und Irmi Seidl argumentieren in ihrem neuen Buch, dass die Zeit gekommen ist, die Fixierung auf Wirtschaftswachstum und Erwerbsarbeitsplätze aufzugeben. Es müsse darum gehen, Erwerbsarbeit und unbezahlte Arbeit neu zu gewichten und das Steuer- und Sozialsystem so umzubauen, dass dieses weniger von Erwerbsarbeit abhängig wird - so die zentralen Forderungen des Buches "Tätigsein in der Postwachstumsgesellschaft", das jetzt im Metropolis-Verlag erschienen ist.

"Es geht um die Frage, was Priorität hat: Wachstum von Gütern und Dienstleistungen der Arbeitsplätze wegen, verbunden mit weiterer Umweltbelastung - oder die Einhaltung der planetaren Grenzen, auch wenn dies die Wirtschaftsleistung senken könnte und einen Umbau unserer Arbeitswelt verlangt", so Angelika Zahrnt, Fellow am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und Ehrenvorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). "Letztlich ist der Punkt folgender: Was ist uns wichtiger - ein gedeihliches Klima für die Menschen oder für die Wirtschaft?"

Der Band mit Beiträgen von Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft argumentiert, dass Erwerbsarbeit nicht weiter eine so große Bedeutung für Steuereinnahmen, Sozialversicherung und Existenzsicherung haben darf. Die Buchbeiträge zeigen, welche Konzepte es gibt, um verschiedene Tätigkeiten wie Erwerbsarbeit, Sorgearbeit, Selbstversorgung oder Freiwilligenarbeit zu kombinieren.

"Wir stellen grundlegend infrage, ob es weiter sinnvoll ist, sich am Produktivitätsfortschritt zu orientieren, der zunächst Arbeitsplätze vernichtet, die dann durch weiteres Wachstum wieder kompensiert werden sollen", erläutert Irmi Seidl, Ökonomin an der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL). Das Buch beleuchtet die Aufgaben von Unternehmen und Gewerkschaften bei der Transformation der Arbeitsgesellschaft und skizziert Möglichkeiten für ein breiteres Spektrum von Tätigkeiten etwa in der Landwirtschaft und im Freiwilligenbereich. "Als Leitbild für eine Postwachstumsgesellschaft sehen wir vielfältiges Tätigsein", so die Herausgeberinnen Zahrnt und Seidl.

Das Buch macht deutlich: Eine solche Umorientierung von Wirtschaft und Gesellschaft verlangt eine Veränderung grundlegender Werte des Einzelnen und der Gesellschaft. Auch deshalb nimmt das Buch die Lebens- und Arbeitswelt im Globalen Süden sowie die dortigen Entwicklungs- und Wachstumsmöglichkeiten in den Blick. Diese Perspektive unterstreicht die Notwendigkeit radikaler Änderungen im Wirtschafts- und Gesellschaftssystem des Nordens.


Das Buch sowie die Zusammenfassungen einzelner Beiträge werden in einem Spezial auf dem Blog Postwachstum vorgestellt. Der Blog Postwachstum.de ist das größte deutschsprachige Debattenforum zur Wachstumsfrage. An den Diskussionen haben sich bisher über 200 Autor/innen aus Zivilgesellschaft, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft beteiligt. Die Redaktion liegt beim Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW).
www.postwachstum.de

Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) ist ein führendes wissenschaftliches Institut auf dem Gebiet der praxisorientierten Nachhaltigkeitsforschung. Über 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erarbeiten Strategien und Handlungsansätze für ein zukunftsfähiges Wirtschaften - für eine Ökonomie, die ein gutes Leben ermöglicht und die natürlichen Grundlagen erhält. Das Institut arbeitet gemeinnützig und ohne öffentliche Grundförderung.
www.ioew.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution472

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Institut für ökologische Wirtschaftsforschung GmbH, gemeinnützig, 01.10.2019
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Oktober 2019

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