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MEINUNG/047: Zwischenruf zum Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn (Rolf Geffken)


Zwischenruf zum Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn -

Konterkarierung des Tarifeinheitsgesetzes?

von Dr. Rolf Geffken, 22. Mai 2015


Die herrschenden Medien haben sich offensichtlich vergaloppiert. Da sie es bewußt verabsäumten, die Motive der GdL für ihren Abwehrkampf anzuerkennen und zu vermitteln, betonen sie nach der Zwischeneinigung der Tarifparteien nur, daß der Streik vorerst endet und daß neben Matthias Platzeck nun auch Bodo Ramelow als Schlichter fungieren soll. Etwas ganz anderes und  v i e l  Wichtigeres geht den Protagonisten der Oberflächlichkeit gar nicht in den Blick: Die GdL hat der Schlichtung - höchst konsequent - nur deshalb zugestimmt, weil zuvor von der DB anerkannt wurde, daß die GdL unabhängig von anderen Tarifverträgen ihre eigenen Tarifverträge abschließen kann. Dies war von Anfang das wesentliche Ziel der GdL und nicht irgendein angeblicher "Machtkampf". Sie verteidigte damit die Tarifautonomie und das Koalitionsrecht des Grundgesetzes. Diese sollten aber gerade durch das von der Bundesregierung geplante und am Freitag zur Abstimmung stehende Tarifeinheitsgesetz eingeschränkt werden. Wenn nun die Bahn entgegen allen bisherigen Vermutungen und Annahmen sich nicht länger in die Strategie der Bundesregierung zur Durchsetzung des Gesetzes einspannen läßt und umgekehrt auch  n a c h  Inkraftreten des TEG das Recht zubilligt, eigene Tarifverträge abzuschließen (und nicht etwa - wie das Gesetz es vorsieht - Tarifverträge der EVG "nachzuzeichnen"), dann ist allein  d i e s  ein Riesenerfolg der GdL im Tarifkampf aber auch im Kampf gegen das TEG. Verständlich, daß die auf Diffamierung gepolten Medien das nicht wahrhaben wollen....

Verständlich auch, daß dies der herrschenden Politik mehr als ungelegen kommen dürfte. Natürlich ist es offen, wie es nach Verabschiedung des Gesetzes weitergeht. Wird die DB plötzlich "eine veränderte Rechtslage" geltend machen? Wohl kaum, denn die beiden Schlichter werden in einem Vorschlag genau eine solche Konstellation einplanen. Außerdem würde sie vor aller Welt WORTBRÜCHIG! Wird die EVG dann aber gegen diese Tarifverträge unter Hinweis auf das TEG klagen?  D a s  allerdings wäre denkbar. Ohne Zweifel würde das angerufene Gericht dann dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorlegen, ob das TEG verfassungsgemäß ist. Das würde vermutlich noch schneller als erwartet das Gesetz blockieren und es würde der GdL den "schwarzen Peter" nehmen (die dann gar nicht "klagen" müßte) und der EVG die Initiative zuweisen. Daß ein solches Vorgehen der EVG vermutlich zum baldigen Ende dieser Organisation führen dürfte, liegt auf der Hand. Deshalb bleibt dies nur eine denkbare aber für die EVG sehr riskante Option. Kommt es nach einer Einigung zu keinerlei Gegenschritten,  d a n n  wäre dem TEG von vornherein ein Pflock eingepflanzt, der es konterkarieren würde: Der eigentliche Anlaß des Gesetzes wäre von ihm nicht mehr erfaßt und die Bundesregierung hätte sich über den Umweg über den Vorstand der DB zu sich selbst in massiven Widerspruch gesetzt. "Politik", herrschende Medien und vor allem DGB-Bundesvorstand und Ministerin Nahles wären in höchstem Maße blamiert.

Deshalb: Diese Schlichtung darf nicht scheitern! Dem GdL-Streik wird dann erst recht eine historische Dimension zukommen....

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Mai 2015

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