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ROHSTOFFE/058: Kanada - Kontroverse um Erschließung des "Feuerrings", Erste Nationen wollen mitreden (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. August 2012

Kanada: Kontroverse um Erschließung des 'Feuerrings' - Erste Nationen wollen mitreden

von Fawzia Sheikh



Toronto, Kanada, 1. August (IPS) - Die geplante Erschließung des an wertvollen Mineralien und Metallen reichen 'Feuerrings' im Norden der kanadischen Provinz Ontario hat die betroffenen Ureinwohner auf den Plan gebracht. Sie bestehen auf ihrer Zustimmung zu dem 3,3 Milliarden Dollar-Erschließungsprojekt des internationalen kanadischen Bergbaukonzerns 'Cliff Natural Resources' und wollen, in Sorge um ihren Lebensraum, bis zum Beginn der von ihnen gewünschten Konsultationen ein Moratorium erwirken.

Im sogenannten Feuerring lagern Chromit, Nickel, Kupfer, Platin, Gold und Kimberlit. Ihre Erschließung gilt als die für Ontario lohnendste Entwicklungschance des Jahrhunderts. Die Bodenschätze liegen 540 Kilometer östlich der Stadt Thunder Bay. In der Region am McFaulds Lake, in der etliche Gemeinden der Ersten Nationen zu Hause sind, gibt es mehr als 100 Gewässer und in den James Bay Lowlands im Norden der Provinz vier große Flüsse.

Die Privatwirtschaft schätzt allein den Gesamtwert der unerschlossenen Nickel- und Chromitvorkommen auf 60 Milliarden Dollar. Neben Cliff Natural Resources sind 'Noroni Resources', 'KWG Resources' und andere Bergbauunternehmen an der Erschließung interessiert.

Einheimische Ureinwohnergemeinden wie die Neskantaga, die im Zentrum des Feuerrings am McIntire River, einem Nebenfluss des Attiwapiskat River, leben, fühlen sich bei den einschlägigen Beratungen übergangen. "Wir sind die einzige Gemeinde mit direkter Verbindung zu diesem Wassernetz", sagte Chief Chris Moonias. Vor der Jahreskonferenz der Ersten Nationen, an der 633 Indigenenführer teilgenommen hatten, klagte er: "Jetzt werden wir von einem mächtigen Bergbaukonzern und einer verzweifelten Provinzregierung bedrängt."

Sein Volk hatte Ontarios Bergbau- und Landkommission eine Petition vorgelegt und gefordert, umfassend konsultiert zu werden, bevor mit dem Bau einer 340 Kilometer langen Zufahrt durch das Wassereinzugsgebiet des Attiwapiskat zu den Chromitvorkommen begonnen wird. Die von Cliffs Natural Resources geplante 3,3 Milliarden Dollar-Investition umfasst den Abbau der Chromitvorkommen, den Transport des Gesteins und den Bau einer Schmelzanlage in der Nähe.


Blockadedrohungen zeigen Wirkung

In einem im Juli veröffentlichten Bericht hatte der kanadische Rat der Vorstandsvorsitzenden (CCCE), der 150 Unternehmen vertritt, betont, man müsse die Ureinwohner bei der Erschließung von Bergbau- und Energieprojekten als 'echte Partner' akzeptieren und ihre Besorgnis verstehen. Man müsse mit Unternehmen, die Ureinwohnern gehören, Verträge über die Verteilung der dabei entstehenden Einkommen, über mehr Jobchancen sowie über Fortbildung und Dienstleistungen abschließen.

Zuvor hatten im Norden etliche Gemeinden der Ersten Nationen eine friedliche Blockade der Operationen angekündigt und gedroht, innerhalb von 30 Tagen in der Region alle Camps zu räumen, die mit der Exploration und Entwicklung der Ressourcen zu tun haben.

Doch nicht alle Ureinwohner wollen die lukrativen Bergbauprojekte ausbremsen. Ein Vertreter der Ersten Nation der Marten Falls, auf deren Territorium der größte Teil der Operationen geplant ist, lehnte ein Moratorium ab und berichtete, man verhandele bereits mit Cliffs und der Provinz über die Einrichtung eines Kommunikationsnetzwerks, um alle einschlägigen Angelegenheiten zu besprechen.

"Wir haben keinen Zweifel daran gelassen, dass wir die Unternehmen von unserem Land vertreiben, falls sich herausstellen sollte, dass hier so etwas passiert wie in der Provinz Alberta bei der Teersandförderung in Athabaska und ihrer umweltschädlichen Giftbrühe", betonte der Sprecher der Marten Falls.

Christine Kaszycki, Regierungsbeamtin in dem für das Erschließungsgebiet Feuerring zuständigen Sekretariat des Provinzministeriums für nördliche Entwicklung und Bergbau in Sudbury, erklärte, die Regierung informiere seit Jahren auf lokaler und regionaler Ebene Ureinwohner über Möglichkeiten, sich an dem lukrativen Bergbauprojekt zu beteiligen.

Auch bei der Planung der für die Bergbauprojekte erforderlichen regionalen Infrastrukturen und Umweltstudien werde die Provinz Ontario die Chiefs mit ins Boot nehmen, versprach Kaszycki. Gegenüber IPS versicherte die Regierungsbeamtin, man werde auch mit am 'Feuerring' ansässigen Ureinwohnern, die mit einer Blockade drohen, weiter verhandeln.

Cliffs Natural Resources war zu einer aktuellen Stellungnahme nicht bereit. Der Konzern hatte bereits im Mai in einer Presseerklärung versprochen, seine endgültige Entscheidung über das kontroverse Projekt von der ökologischen Einschätzung der Provinz- und Bundesregierungen abhängig zu machen, von der gemeinsamen Zustimmung der betroffenen Ureinwohnergemeinden, den Verhandlungen mit den Regierungen über die noch fehlende Infrastruktur sowie vom Ergebnis technischer Machbarkeitsstudien. (Ende/IPS/mp/2012)


Links:
http://www.ontarionature.org/
http://www.ipsnews.net/2012/07/native-canadians-fear-mining-boom-in-ring-of-fire/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. August 2012