Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → WIRTSCHAFT

UNTERNEHMEN/2221: Strategische Partnerschaft von Daimler AG und Pekings Staatskonzern BAIC (G. Feldbauer)


Daimler AG will mit Pekings Staatskonzern BAIC strategische Partnerschaft entwickeln

Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit beider Partner in China

von Gerhard Feldbauer, 4. November 2011


Die Daimler AG und ihr chinesischer Partner, der Staatskonzern Beijing Automotive Group Co., Ltd. (BAIC) haben am 2. November vereinbart, ihre umfassende strategische Partnerschaft weiter zu entwickeln und zu vertiefen. Ein Pressekommunique nennt als Schwerpunkte, gemeinsam weitere Projekt-Möglichkeiten und Investitionen auf Unternehmens-Ebene sowie die Analyse von Möglichkeiten zur technologischen Zusammenarbeit, darunter bei Fahrzeugen mit alternativen Antrieben. Ziel sei, die Wettbewerbsfähigkeit beider Partner in China weiter zu stärken.

Die in Form einer Absichtserklärung beschlossene Vereinbarung wurde am Daimler-Standort in Stuttgart unterzeichnet von Xu Heyi, Chairman von BAIC, Han Yonggui, President von BAIC, Prof. Dr. Thomas Weber, Leiter Forschung und Entwicklung Daimler und Mercedes-Benz Cars, sowie Ulrich Walker, Chairman und Chief executive Officer von Daimler Northeast Asia. Zur Teilnahme an dem feierlichen Akt waren Jia Qinglin, Vorsitzender des Nationalkomitees der politischen Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes(1), der das Werk Sindelfingen, den größten Produktionsstandort des Daimler-Konzerns, besuchte, und Ji Lin, stellvertretender Bürgermeister von Peking, nach Stuttgart gekommen. Anwesend waren ferner Dr. Nils Schmid, Wirtschafts- und Finanzminister von Baden-Württemberg, sowie Dr. Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG und Leiter von Mercedes-Benz Cars. Die Anwesenheit hochrangiger Staatsgäste beider Seiten werteten Beobachter als eine Bekundung des großen Interesses, mit der strategischen Zusammenarbeit zweier führender Unternehmen der Automobilindustrie ein generelles Beispiel der Vertiefung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit ihrer Länder zu geben.


China will eine Million Elektroautos herstellen

Als einer der größten Automobilhersteller Chinas hat die BAIC Gruppe letztes Jahr 1,5 Millionen Fahrzeuge verkauft. Grundlage der jetzigen Vereinbarung ist ein bereits im Juni 2011 geschlossenes strategisches Rahmenabkommen, das festlegte, zwei Milliarden Euro in das Joint Venture Beijing Benz Automotive Co, Ltd. (BBAC), mit Standort bei Peking, zu investieren. Welche Bedeutung dem Abkommen beigemessen wurde, demonstrierten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der chinesische Premier Wen Jiabao mit ihrer Anwesenheit.

BBAC produziert derzeit jährlich rund 80.000 Mercedes-Benz C- und E-Klasse-Limousinen in Langversionen. Noch dieses Jahr sollen dort auch der kompakte GLK SUV und drei weitere Modelle aus der neuen Generation der kompakten Premiumfahrzeuge von Mercedes-Benz vom Band laufen. Ab 2013 werden in einem neuen Motorenwerk vor Ort Vierzylinder-Ottomotoren für in China gebaute Mercedes-Benz Pkw und Transporter produziert.

Des weiteren ist geplant, ein neues Forschungs- und Entwicklungs-Zentrum zu errichten, das sich hauptsächlich auf Fahrzeugtests und -anpassungen sowie die Forschungs- und Entwicklungsarbeit mit den Zulieferern konzentrieren wird.

Daimler und BAIC wollen mit der jetzigen Vereinbarung ihre bereits seit Jahren bei Autos mit konventionellen Antrieben bestehende Kooperation fortsetzen und Elektroautos einbeziehen. China setzt wie kein anderes Land auf Elektromobilität. Schon jetzt fahren mehr als 150 Millionen Chinesen mit Elektrorollern. Bis 2015 will das Land eine Million E-Autos herstellen. Bis 2020 werden dafür elf Mrd. Euro investiert. Daimler sichert sich seine Beteiligung. Gemeinsam mit dem chinesischen Batterie- und Autobauer Build Your Dreams (BYD) baut der Stuttgarter ein Elektroauto für China. Das Fahrzeug soll 2013 auf den Markt kommen.


In China entsteht eine große Autoindustrie

Die heutige Beijing Automotive Industry Holding Corporation (BAIC) ist ein Beispiel für die rasante Entwicklung der Automobilindustrie in China. Der Staatskonzern ging über mehrere Etappen aus der 1953 gegründeten staatlichen Beijing Automobile Works (BAW) hervor. BAW ist als Hersteller von Geländefahrzeugen und Lkw noch heute ein Unternehmen von BAIC. Seit 2005 gibt es eine gemeinsame Fabrik von BAW und Daimler, das Joint Venture Beijing-Benz Daimler. In der Volksrepublik bestehen über 100 Autofirmen, soweit bekannt meist Zweigunternehmen (der Begriff Tochtergesellschaft ist in China wenig gebräuchlich) von fünf zentralen Staatskonzernen, zu denen BAIC zählt. Die von chinesischen Konzernen mit ausländischen Unternehmen geschlossenen Joint Ventures belaufen sich auf zirka 40. Daran beteiligt sind: VW, Daimler Benz, BMW, Ford, GM, FIAT, Peugeot-Citroen, Renault, Nissan, Toyota, Hyundai, Suzuki, Honda, Kia, Mazda.


Anmerkung:
(1) Die Politische Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes ist eine "Organisation der breiten patriotischen Einheitsfront des chinesischen Volkes", die als ein wichtiges Organ im System der Mehrparteien-Zusammenarbeit und der Politischen Konsultation unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas gilt.


Siehe auch "Produktionsstart für Mercedes-Benz Sprinter in China", in Schattenblick, 1. November 2011.


*


Quelle:
© 2011 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. November 2011