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UNTERNEHMEN/2774: Talanx - Projekte in Polen und Vietnam Belastungstest für neue Klimaschutzregeln (urgewald)


urgewald - Pressemitteilung vom 9. Mai 2019

Talanx: Kohleprojekte in Polen und Vietnam werden zum Belastungstest für neue Klimaschutzregeln


Hannover - Ein neues Briefing zu den Kohleversicherungsgeschäften von Talanx, einer der führenden europäischen Versicherer, zeigt die Schwachstellen seiner kürzlich angekündigten Kohle-Restriktionen. Die heute von den NGOs urgewald, Unfriend Coal, Market Forces und CHANGE Vietnam veröffentlichte Analyse kommt zu dem Schluss, dass Schlupflöcher in der Ankündigung es dem Unternehmen ermöglichen könnten, weiterhin eine Expansion der Kohleindustrie in Polen und Vietnam über seine Tochtergesellschaften zu unterstützen. Am Tag der Konzernhauptversammlung in Hannover lässt dies Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Klimaziele von Talanx aufkommen.

Am 18. April kündigte der Konzern an, er werde "ab sofort grundsätzlich keine Risiken bei neu geplanten Kohlekraftwerken und -minen zeichnen", aber Ausnahmen zulassen für "Staaten, in denen der Anteil von Kohle im Energiemix besonders hoch ist und in denen kein ausreichender Zugang zu alternativen Energien besteht". [1]

Diese Aussage macht Geschäfte von Talanx in Polen und Vietnam zu einem Testfall. Beides sind Länder, in denen viele neue Kohleprojekte in Planung sind. Laut einer Studie von Unfriend Coal ist die Talanx-Tochter Tuir Warta der größte Versicherer auf dem polnischen Kohlemarkt und hat sich seit dem Jahr 2013 an 18 Kohleversicherungsverträgen beteiligt.

Neue Untersuchungen haben außerdem ergeben, dass Talanx eine hohe Verantwortung für die Entwicklung neuer Kohlekraftwerke in Vietnam trägt. Talanx hält eine Minderheitsbeteiligung an dem Unternehmen PetroVietnam Insurance (PVI), das sechs Kohlekraftwerke und Kraftwerkserweiterungen in Vietnam versichert bzw. versichert hat. [2]

Regine Richter, Energie-Campaignerin bei urgewald, kommentiert: "Talanx scheint eine Richtlinie beschlossen zu haben, die es dem Konzern erlaubt, sich dem von anderen Versicherern angeführten Kohleausstieg anzuschließen, ohne dass das Geschäftsinteresse allzu stark davon beeinträchtigt wird. Angesichts der schweren Auswirkungen von Kohle auf das Klima und die Gesundheit von Gemeinden vor Ort ist diese Logik untragbar. Talanx sollte solche schmutzigen Projekte von weiteren Versicherungsdienstleistungen ausschließen. Der Konzern muss aufhören dabei zu helfen, Länder wie Polen und Vietnam in eine kohlenstoffintensive Zukunft zu drängen. Die Tatsache, dass erneuerbare Energien in den meisten Ländern bereits wettbewerbsfähiger geworden sind als Kohle, lässt auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht an den Kohleversicherungsgeschäften zweifeln."

Richter fügt hinzu: "Für die polnischen Kohleaktivitäten von Talanx muss die neue Richtlinie zu einem schnellen Ausschluss von Projekten führen, denn die Klimakrise lässt hier keinen Raum für Schlupflöcher. In Vietnam muss Talanx seine Minderheitsbeteiligung an PVI nutzen, um Kohle zu verbannen oder sich aus dem Unternehmen zurückziehen."

Vietnam ist ein Hotspot für neue Kohlekraftwerke: 16,2 Gigawatt (GW) Kohleleistung sind installiert, weitere 42,9 GW sind in Planung. Damit ist es das Land mit den drittgrößten Kohlekraftwerks-Neubauplänen weltweit. Darüber hinaus hat Vietnam schon jetzt einen deutlichen Anstieg der Luftverschmutzung durch Kohlekraftwerke erlitten, die allein im Jahr 2011 für 4.300 vorzeitige Todesfälle verantwortlich waren. Laut Forschern der Universität Harvard könnte sich diese Zahl bis zum Jahr 2030 fast verfünffachen.

Hong Hoang, Obama-Stipendiatin und Geschäftsführerin der vietnamesischen Klimaschutz-NGO CHANGE, sagt: "Seit vier Jahren gibt es Proteste in Vietnam gegen die Verschmutzung durch das von der PVI versicherte Kohlekraftwerk Vinh Tan. Die Bewohner wünschen sich eine Zukunft auf Basis sauberer Energiequellen anstelle von schmutziger Kohle. Sie wissen, die Versicherung von Kraftwerken wie Vinh Tan 4 oder Hai Duong bedeutet eine Versicherung der Klimakatastrophe und zunehmender Atemwegserkrankungen. Wir fordern Talanx auf, PVI auf ein schnelles Ende der Kohle-Geschäfte vorzubereiten und seinen Einfluss sofort zu nutzen, um den Bau neuer Kohlekraftwerke zu verhindern."


[1] Talanx gibt an, das Unternehmen werde "in Einzelfällen und nach Prüfung der technischen Standards eine limitierte Zahl von Ausnahmen beim Versicherungsschutz zulassen", vgl.:
www.talanx.com/newsroom/unternehmensmeldungen/2019/2019-04-18.aspx?sc_lang=de-de

[2] PVI versichert derzeit die Kohlekraftwerke Nghi Son 2, Duyen Hai 2, Hai Duong, Vinh Tan 4 (Erweiterung), Thai Binh 1 und Thang Long. Die gesamten CO2-Emissionen dieser Projekte lägen bei fast 1 Milliarde Tonnen.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 9. Mai 2019
Herausgeber: urgewald e.V.
Hauptgeschäftsstelle:
Von-Galen-Straße 4, 48336 Sassenberg
Telefon: 02583/1031, Fax: 02583/4220
Internet: www.urgewald.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Mai 2019

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