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ARBEITSRECHT/067: Verhandlungsbegleitende Streiks sind zulässig (DAV)


Deutscher Anwaltverein (DAV) - Berlin, 8. August 2008

Rubrik: Beruf/Recht/Urteile

Verhandlungsbegleitende Streiks zulässig


Passau/Berlin (DAV). Einem Gericht steht es nicht zu, darüber zu urteilen, ob eine Arbeitskampfmaßnahme berechtigt ist oder ob auch ohne ihren Einsatz ein Tarifabschluss zu erzielen wäre. Außerdem verstößt es nicht gegen die Friedenspflicht, wenn eine Tarifpartei sich zum Streik entschließt, obwohl ein nächster Verhandlungstermin vereinbart ist. So das Arbeitsgericht Passau in einem Urteil vom 02. Oktober 2007 (AZ: 1 Ga 20/07), wie die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Zwischen einer mittelständischen Brauerei und einer Gewerkschaft hatte ein Tarifvertrag bestanden, der zum 31. Januar 2007 gekündigt worden war. Ein halbes Jahr später verlangte die Gewerkschaft den erneuten Abschluss eines solchen Tarifvertrages. Im Zuge der Besprechungen zwischen den Parteien schlug die Geschäftsführerin der Brauerei im August einen weiteren Besprechungstermin für Anfang Oktober vor. Rund drei Wochen später erklärte die Gewerkschaft die Verhandlungen für gescheitert und setzte der Brauerei kurze Zeit später schriftlich eine Frist von zwei Tagen, um den Abschluss eines solchen Vertrags zu erklären. Nach Verstreichen dieser Frist ließ sie den Betrieb bestreiken. Dagegen wollte die Brauerei eine einstweilige Verfügung erwirken - ohne Erfolg.

Die Richter argumentierten, dass seit Ende Januar 2007 kein Tarifvertrag zwischen den Parteien mehr bestünde, eine Friedenspflicht aus einem bestehenden Tarifvertrag also nicht vorläge. Die Tarifpartei habe Arbeitskampfmaßnahmen eingeleitet, weil sie die Verhandlungsmöglichkeiten als ausgeschöpft ansah. Dies sei eine freie und nicht nachprüfbare Entscheidung, die zu beurteilen im Ergebnis zu einer unzulässigen "Tarifzensur" führen würde und das Recht auf Koalitionsfreiheit verletze. Der vereinbarte Verhandlungstermin stünde einem Streik nicht entgegen, Verhandlungen während laufender Arbeitskampfmaßnahmen seien üblich.

Auch bei unklaren Rechtsfragen im Rahmen tarifrechtlicher Auseinandersetzungen hilft ein Anwalt. Anwältinnen und Anwälte der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht in der Nähe findet man unter www.ag-arbeitsrecht.de.


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Quelle:
Pressemitteilung ArbR 7/08 vom 8. August 2008
Deutscher Anwaltverein (DAV)
Pressesprecher Swen Walentowski
Tel.: 0 30/72 61 52-1 29, E-mail: walentowski@anwaltverein.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. August 2008