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ARBEITSRECHT/282: Arbeitsverträge - Nachweisgesetz jetzt nutzen (Rolf Geffken)


Kleiner Fortschritt: Nachweisgesetz jetzt nutzen!

Arbeitsverträge prüfen lassen - Andere Länder gehen weiter

von Dr. Rolf Geffken, 2. August 2022


Schriftliche Arbeitsverträge sind selbst heute noch keine Selbstverständlichkeit. Vor allem nicht bei angeblich "geringfügig Beschäftigten". Den Nutzen ziehen daraus regelmäßig die Arbeitgeber. Die Beschäftigten haben nämlich Schwierigkeiten, ihre Rechte, sei es die Urlaubsdauer, die Lohnhöhe oder die Zusammensetzung des Lohns, nachzuweisen. In Frankreich, Italien, Belgien und anderen Staaten der Europäischen Union ist die Schriftform von Arbeitsverträgen schon lange Gesetz. In der DDR war sie Teil des Arbeitsgesetzbuches. In China verlangt das Arbeitsvertragsgesetz von 2008 den Abschluß schriftlicher Verträge gleich zu Beginn des Arbeitsverhältnisses und verpflichtet den Arbeitgeber, der die Ausstellung "versäumt", zum Schadensersatz an den Beschäftigten in Höhe eines doppelten Monatsgehalts.

2004 kam es mit dem damaligen Nachweisgesetz erstmals zur Umsetzung einer EG-Richtlinie über ein vom Arbeitgeber zu erstellendes schriftliches Protokoll der Arbeitsbedingungen. Tatsächlich war damit allenfalls eine gewisse Beweiserleichterung für den Beschäftigen verbunden. Sanktioniert wurden Verstöße der Arbeitgeber jedoch nicht. Aber selbst dieses Gesetz war keine "Leistung" des bundesdeutschen Gesetzgebers, sondern nur der Vollzug einer Richtlinie, zu dem der Gesetzgeber verpflichtet war.

18 Jahre später erfolgt nun die Umsetzung einer neuen Richtlinie in dem neuen Nachweisgesetz von 2022. Die wesentlichen Änderungen sind nun, dass vom ersten Arbeitstag an die wesentlichen Vertragsbedingungen dem Arbeitnehmer ausgehändigt werden müssen. Auch Beschäftigte, die am 1.8.22 bereits einen schriftlichen Arbeitsvertrag oder ein schriftliches Protokoll hatten, können den Arbeitgeber dazu auffordern. Sind bestehende Arbeitsverträge nicht vollständig, enthalten sie also keine detaillierte Regelung der Arbeitszeit und keine Aufschlüsselung des Arbeitsentgelts oder keine Voraussetzungen für die Anordnung von Überstunden, müssen sie ergänzt werden. Betroffene sollten also schleunigst ihre Arbeitsverträge prüfen lassen.

Zwar kann die "Arbeitsverwaltung" (anders als in China) den Arbeitgeber dazu nicht anhalten, aber sie kann den Verstoß gegen diese Vorschriften mit einem Bußgeld von bis zu 2000 Euro ahnden. Das ist gegenüber dem alten Nachweisgesetz tatsächlich eine wesentliche Änderung, weil damit erstmals eine Sanktionierung von Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Verschriftlichung von Arbeitsverträgen möglich ist.

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Quelle:
© 2022 by Dr. Rolf Geffken
Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg
Kanzlei RAT & TAT, Institut für Arbeit - ICOLAIR
mit freundlicher Genehmigung des Autors

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 5. August 2022

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