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SCHACH-SPHINX/04311: Prophetisch gesprochen (SB)


Michael Botwinnik war sicherlich keiner, der die Kirche ums Dorf trug. Allüren machen, sich romantischen Gefühlen hingeben oder gar eine Verbindlichkeit zu überkommenen Werten empfinden - all das war ihm Lichtjahre fern. Botwinnik sah sich vielmehr als Vorreiter der Wissenschaftlichkeit im Schachspiel. Sein Kunstverständnis kam erst an zweiter Stelle. Eine Partie konnte künstlerisch wirken, wenn sie aber nicht auf rein wissenschaftlich greifbaren, also verstandesmäßigen Füßen stand, war sie kaum mehr als ein Glückswurf für ihn, eine Eintagsfliege, ein Fossil! So schrieb denn auch Alexander Aljechin einst über ihn: "Botwinnik hat alle Chancen, in den nächsten Jahren Weltmeister zu werden." Aljechin sollte es nicht mehr miterleben, aber seine Worte hatten sehr wohl etwas Prophetisches, denn Botwinnik löste ihn tatsächlich auf dem Thron ab. Im heutigen Rätsel der Sphinx verband Botwinnik Talent und Ehrgeiz mit einer unverzichtbaren Prise an Genauigkeit, indem er mit den schwarzen Steinen sehr eindrucksvoll und effektiv einen Bauerndurchbruch auf zwei Flügeln inszenierte, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/04311: Prophetisch gesprochen (SB)

Kotow - Botwinnik
UdSSR 1955

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Erst wenn die Materie ihre Grenzen verliert, erwacht die Freiheit: 1.a7-a8+! Kb7xa8 2.Kd6-c7 Le4-f3 3.g3-g4! und Schwarz kapitulierte, denn nach 3...h5xg4 4.h4-h5 war der weiße h-Bauer nicht aufzuhalten, ohne die Kontrolle des Feldes b7 aufzugeben.


Erstveröffentlichung am 14. Oktober 2000

06. März 2012