Schattenblick →INFOPOOL →SCHACH UND SPIELE → SCHACH

SCHACH-SPHINX/05049: Seines Zeichens ein Pedant (SB)


Der Holländer Max Euwe versetzte 1935 die Schachwelt in Erstaunen, als er den Russen Alexander Aljechin in einem denkwürdigen Weltmeisterschaftskampf förmlich zu Boden rang. Bis dahin hatte Aljechin in jedem Turnier jedem Gegner furchtlos ins Auge blicken können. Fast schien es, als stünde er unter der schützenden Hand der Musen. Sein Stil war berauschend, genial, kompromißlos, und die Kombinationen, die er auf dem Brett fand, erweckten den Neid seiner Zunftkollegen. Mit derselben Verachtung gegen alles Schwache und Unzulängliche im Schach mißachtete er auch das irdische Leben. Was nicht Stärke war, nicht kristallklar wie die Züge auf dem Brett, das verwarf er auch in seinem Leben. Dreimal war er verheiratet, Ehen, die durch Ausbrüche von Jähzorn und Unduldsamkeit gezeichnet waren. Und auch sein eigenes Leben war ihm zuwider. Seine Trinkfreudigkeit war bekannt. Nicht selten erschien er angetrunken zu den Partien. Ein ganz anderer Menschenschlag war dagegen Max Euwe, der nichts so sehr liebte wie pedantische Ordnung. Anders als Aljechin versagte seine Widerstandskraft auch dann nicht, wenn die Dinge nicht so liefen wie geplant. Der deutsche Ex-Weltmeister Emanuel Lasker schrieb über diesen Zweikampf 1935: "Als Euwe sich entschloß, Aljechin zu einem Wettkampf herauszufordern, befand sich der Letztgenannte im Zenit seines Ruhmes. Er hatte sich in Wettkämpfen als unbesiegbar erwiesen, und seine Turnierergebnisse stellten einen niemals dagewesenen Rekord dar. Aljechin kam in die Schachwelt wie Napoleon. Fühlte Euwe, daß er sein Wellington sein würde? Jedenfalls hat Euwe mit Wellington das gemeinsam, daß er einzelne Schlachten verlieren kann, aber nie den Glauben an sich und seine Kraft verliert. So überstand Euwe seine Niederlagen am Anfang und in der Mitte des Wettkampfes, wobei er seine Unternehmungslust und seinen Kampfesdurst nicht verlor und schließlich als Sieger dastand." Auch im heutigen Rätsel der Sphinx aus dem Turnier in Groningen gegen den Russen Boleslawski verhalf ihm diese Hartnäckigkeit zu einem glänzenden Sieg. Boleslawski hatte zuletzt 1.Tf1-b1? gezogen und damit völlig daneben gegriffen. Kannst du den Fehlzug widerlegen, Wanderer?



SCHACH-SPHINX/05049: Seines Zeichens ein Pedant (SB)

Boleslawski - Euwe
Groningen 1946

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Die zerrüttete Rochadestellung des schwarzen Königs fiel unter den kombinatorischen Schlägen des englischen Meisterspielers Michail Adams wie ein Kartenhaus zusammen: 1.Df3-b3+ Kf7-g7 2.Sd4-f5+! g6xf5 3.Db3- g3+ Kg7-f7 4.La4-b3+ Sc7-d5 5.Te5xd5 und Schwarz gab auf.


Erstveröffentlichung am 10. Juni 2001

15. März 2014





Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang