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SCHACH-SPHINX/05321: Großmeisterliche Lügen (SB)


Der Namenszug Nomen Nescio (N.N.) für den anonymen Schachspieler war zuweilen ein arger Etikettenschwindel. Nicht immer steckte hinter dem N.N. eine lebende Person, manchmal erfand sich ein Meister auch einen Anonymus, lud also die Last der Niederlage auf den Rücken einer fingierten Figur, um ganz schadlos Gewinnpartien vorzugaukeln, die nie auf einem Brett zwischen Meister und Laie gespielt worden waren. Nun wäre nichts dagegen zu sagen, wenn man erdachte Partien als Vorwand nehmen würde, um diesen oder jenen Stellungsfehler zu dokumentieren. Erfundene Partien zu einem Buch gebunden sind allerdings ein paar gestohlene Federn zuviel, um sich zu schmücken. Seltsamerweise schien es ausgerechnet der Ex-Weltmeister Alexander Aljechin nötig zu haben, in seinen Büchern ersonnene Partien aufzunehmen. Nun mußte Aljechin seinem Ruhm mit solchen Finessen eigentlich nicht erst auf die Sprünge helfen, gut möglich jedoch, daß es seinem Schöpfergeist einfach zu wider war, glänzend gefundene Kombinationen wieder ins Dunkel des Vergessens stürzen zu lassen, nur weil diese Stellungen in keiner echten Partie vorkamen. Ein wenig nachgeholfen, und schon waren die Partien für die Ewigkeit gerettet. Einen Sieg wenigstens für den Nachruhm einer halben Ewigkeit konnte Meister Panno mit den weißen Steinen auf der Schacholympiade in München 1958 erzielen. Sein Gegner Aitken hatte dem weißen Königsflügelsturm nichts Rechtes entgegensetzen können, und so fiel sein König einer prunkvollen Kombination zum Opfer. Im heutigen Rätsel der Sphinx ist Phantasie angesagt, Wanderer, was das Auge nicht sieht, ist deswegen noch lange nicht unwirklich!



SCHACH-SPHINX/05321: Großmeisterliche Lügen (SB)

Panno - Aitken
München 1958

Auflösung letztes Sphinx-Rätsel:
Kasparow als auch Short waren nach der Partie der Meinung, daß 1.Te8- e6+ Lb3xe6 2.Sd8xe6 Dd6xd7 3.Se6-f8+ nebst 4.Se6xd7 leicht zum Sieg geführt hätte, zumal die schwarzen Königsflügelbauern problemlos durch die beiden weißen Springer aufgehalten worden wären. Soweit menschlicher Verstand, doch die elektronische Rechengeschwindigkeit der beiden Computer 'Mephisto' und 'Fritz 2' fand einen noch kürzeren Weg zum Gewinn durch 1.Sd8-f7! Auf 1...Dd6xd7 wäre dann 2.Sf7-e5+ und auf 1...Lb3xf7 2.d7-d8D gefolgt.


Erstveröffentlichung am 07. Januar 2002

12. Dezember 2014





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