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SCHACH-SPHINX/05537: Neulich am bulgarischen Strand ... (SB)


Individualisten, Naturschwärmer, Zivilisationsmüde, alles tummelt sich an der bulgarischen Schwarzmeerküste, taucht in die warmen Wellen, flaniert am Strand entlang, mit schielenden Augen Ausschau haltend nach hübschen Badenixen. Auf allen Gesichtern dieselbe Hoffnung: das stickige Stubenglück zu Hause vergessen. Kinder, die am Strand Muscheln sammeln, Burgen bauen, daran erkennt man die Deutschen noch unter Hunderten. Auch die Erwachsenen treiben ihren Sport: Faulenzen. Höchstens, daß sie sich alle Stunde einmal auf die andere Seite legen. Schließlich soll der Body gleichmäßig bräunen. Man wandert über Dünen, an Strandkörbern vorbei, schnappt die diversesten Dialekte und Sprachen auf. Der Internationalismus ist hier längst verwirklicht. Aber keine falsche Vorstellung wecken: jeder liegt für sich, ob er nun aus England oder aus dem hitzigen Italien kommt. Die See und der Strand machen alle zwar zu Lustgewinnler an derselben Sache, aber die Intimität eines gemeinsamen Gesprächs, nein, soweit geht der Freigeist wieder nicht. Doch dann bleibt man verwundert stehen und faßt sich an den Kopf. Was ist das? fragt man sich. Da sitzen doch tatsächlich die verschiedenen Nationalitäten beisammen, stecken die Köpfe flüsternd zusammen, beratschlagen, benutzen Hände und Füße, wo nötig, zur Verständigung, weil mitten unter der gemischten Versammelung zwei Schachspieler am Figurenwetzen sind. Eine Stunde geht das so weiter. Kaum einer geht. Dann und wann kommt einer hinzu, erkundigt sich nach dem Stand der Partie und gibt seine geschätzte Meinung ab. Erst als die beiden Brett und Figuren zusammenpacken und nach Hause gehen, löst sich die Mauer der Umstehenden langsam auf. Jeder geht zu seinem Körbchen oder Badetuch und spricht wieder seine eigene Sprache. Man wundert sich, wie gesagt, wenn man an der bulgarischen Schwarzmeerküste entlang geht. Aber nun zurück zum heutigen Rätsel der Sphinx. Man sehe und staune auch hier. Alexander Aljechin hatte, in Karlsbad 1923 war er noch nicht Weltmeister, das sollte er erst ein paar Jahre später werden, mit den weißen Steinen ein sonderbar verwickeltes Damengambit gespielt. Schließlich entstand folgende Diagrammstellung. Die Frage an dich, Wanderer: Kannst du dir vorstellen, daß er schwarze König bereits in einem tödlichen Mattnetz zappelt?



SCHACH-SPHINX/05537: Neulich am bulgarischen Strand ... (SB)

Aljechin - Chajes
Karlsbad 1923

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Der dänische Meister Hoi vollendete seine grandiose Spielstrategie gegen den Großmeister Gulko mit dem Damenopfer 1.Dd3-h7+! und fügte nach 1...Sf8xh7 ein Epaulettenmatt hinzu: 2.Tg1-g6#


Erstveröffentlichung am 05. August 2002

16. Juli 2015


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