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SCHACH-SPHINX/06155: Das Buch Khosri (SB)


Es fällt auf, daß der Anteil jüdischer Schachmeister, die an der Spitze standen und teilweise noch stehen, in den letzten 150 Jahren außerordentlich hoch war. Zu bestimmten Zeiten war er sogar dominant. Die Juden als sehr altes Kulturvolk hatten schon früh den Wert des Schachspiels zur Ausbildung und Stärkung der Geisteskräfte erkannt und pflegten es im Kreise ihrer Glaubensbrüder mit außergewöhnlichem Eifer. Auch hat es keine religiösen Hindernisse gegeben, so daß das Schachspiel bei ihnen auf fruchtbaren Boden fiel. So lesen wir im Buch Khosri, daß ein Rabbi namens Judas Levita im 12. Jahrhundert verfaßt hatte, folgende Zeilen: "Es ist der Fall nicht möglich, daß im Schachspiele, welches die Araber schathrandsch zu nennen pflegen, der Schwächere den Stärkeren überwinde, weil bei diesem Spiele Wechsel des Glücks und Unglücks schlechterdings nicht stattfindet, wie es etwa im Kriege zweier Könige gegeneinander wohl der Fall sein kann. Denn die Triebadern des Schachspielkrieges liegen offen zutage, und man weiß einmal, daß hier bloß der verständige Mann durch seine mit Klugheit vollbrachten Züge siegt, um im geringsten keine Ursache von außen zu fürchten hat." Es verwundert daher nicht, daß sich das Schachspiel unter den Juden über die Jahrhunderte und zumal in Rußland, wo eine zahlenmäßig starke Diaspora lebte, zu einer geschliffenen Denk- und Kunstform entwickelte. Im heutigen Rätsel der Sphinx besiegte der jüdische Ex-Weltmeister Michael Tal seinen polnisch-jüdischen Kontrahenten Miguel Najdorf eben dank dieser kulturgeschichtlichen Überlegenheit. Es scheint, daß die Juden in Rußland ein innigeres Verhältnis zum Königlichen Spiel gehabt hatten. Najdorf hatte zuletzt jedenfalls 1...Sf6-e4 gespielt. Also, Wanderer, was hatte Najdorf, der später die argentinische Staatsangehörigkeit annahm, übersehen?



SCHACH-SPHINX/06155: Das Buch Khosri (SB)

Tal - Najdorf
Leipzig 1960

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Schachfreund Muse ließ sich von 1...d5-d4 nicht beirren und setzte kraftvoll mit 2.Df3-f7! fort. Die hübsche Fesselung erstickte jede Gegenwehr: 2...Db6-d8 3.Td1xd4 Dd8-e7 4.Lh3xe6+ Sc5xe6 5.Df7-f5 - Muse zeigte sich hier als Fesselungskünstler erster Klasse - 5...De7-f8 6.Df5-h3 Df8-c5 7.Td4-e4 Dc5-g1+ 8.Sc3-d1 Te8-d8 - ein verzweifelter Versuch, aber nach 8...Kc8-b8 hätte Weiß den Druck auf die schwarze Stellung ungehindert erhöhen können - 9.Dh3xe6+ Kc8-b8 10.b2-b3 Td8xd1+ 11.Kc1-b2 Td1-b1+ 12.Kb2-c3 Dg1-g3+ 13.Kc3-b4 a7-a5+ 14.Kb4xa5 Dg3-c3+ 15.Ka5-b6 und Schwarz gab auf. Er hatte sich ausgeschacht.


Erstveröffentlichung am 07. April 2004

30. März 2017


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