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SCHACH-SPHINX/06476: Besonnenheit erst macht Siege möglich (SB)


Ein Wesensunterschied zwischen den Partien von Laien und gestandenen Meistern betrifft die Bewertung von Abtauschaktionen. Ein weniger geübter Spieler klammert sich an sein Material aus Furcht, mit einer geringeren Anzahl an Figuren keine durchschlagende Kombination mehr finden zu können. Das positionelle Terrain bleibt ihm so weitgehend verschlossen. Daher flüchtet er in die Komplikation, hofft, daß sein Gegner den ersten groben Fehler machen wird. Dies Lauern mag bei entsprechend gleicher Spielauffassung der Kontrahenten Früchte tragen. Gegen einen gewieften Positionskünstler, der dem Abtausch nicht aus dem Wege geht, vielmehr hierin die eigentliche Basis für alle Kombinationen erkennt, sind seine Chancen indes so gering wie die einer Seifenblase inmitten einer Knallgasexplosion. Bereits der für seine taktischen Einfälle berüchtigte Ex-Weltmeister Alexander Aljechin prägte den weisen Satz: "Wer gewinnen will, muß zunächst versuchen, dies durch Vereinfachung der Stellung zu erreichen. Die Stellung zu komplizieren, sollte die äußerste Maßnahme sein, zu der ein Schachspieler greift, wenn er keinen klaren und logischen Plan findet." Auch Aljechins Kampfgefährte, der argentinische Großmeister Miguel Najdorf, pflegte seine Partien mit besonnenem Geschick und Fingerspitzengefühl aus dem Positionellen heraus zu gewinnen. War dieser Partieabschnitt erst einmal abgeschlossen, griff Najdorf zum taktischen Element zurück wie im heutigen Rätsel der Sphinx, wo sein Kontrahent Kramer zuletzt 1.Sd5-b4 gezogen, jedoch die eigentliche Finte der schwarzen Stellung übersehen hatte, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/06476: Besonnenheit erst macht Siege möglich (SB)

Kramer - Najdorf
New York 1948

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Der Essener Haudegen ließ sich nach dem weißen Zug 1.Sc5-d3 die Chance nicht nehmen, mit 1...g6-g5! zum Angriff zu blasen. Sein Kontrahent Wolfgang Unzicker strebte zwar mit 2.Sd3xe5 Lg7xe5 3.Tb1-d1 Le5-c7 Vereinfachungen an, übersah allerdings nach 4.De2-d3 g5-g4 5.f2-f4 g4xh3 6.Tf1-f3? den Zug 6...Lc8-g4 und gab sogleich auf. Schade um das rasche Ende der Partie, denn nach 6.Dd3-d2! hätte Wilhelm Rautenberg sein Angriffstalent unter Beweis stellen können.


Erstveröffentlichung am 19. Februar 2005

14. Februar 2018


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