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SCHACH-SPHINX/06502: Lob oder giftiger Pfeil? (SB)


Die Gründe, weshalb Laienspieler das Schachbrett aus der Kommode hervorkramen, mögen vielfältig sein. Dem einen drückt Melancholie aufs Gemüt angesichts des Dauerregens, der ihm den Wochenend-Kurzurlaub versaubeutelt hat, ein anderer glaubte endlich ein Mittelchen gefunden zu haben, um einen verhaßten Rivalen blamieren zu können. Der nächste liebt am Schach einfach die akrobatischen Gedankensaltos - entweder man schafft die Drehung oder fällt ganz gehörig auf die Nase. Intelligente Menschen werden natürlich mit gehobenen Argumenten aufwarten. Sie versprechen sich tiefe Einsichten über das Wesen einer Schachpartie, erblicken darin gar einen Spiegel für die ewigen Gesetze der Natur und gar des Weltalls. Für den Denker Jean Paul hingegen war das Schach "ein gutes Treibmittel des Gehirns", das er allerdings ungenutzt in die Schublade warf. Bei einem derart bissigen Wortdrescher weiß man leider nie so genau, ob er damit ein Lob ausgesprochen oder einen ironischen Pfeil auf das Herz der Schachkunst abgeschnellt hatte. Philosophie und Schach, das ging nicht immer ebenbürtig denselben Weg. Man erinnere sich da an die französische Philosophenleuchte Jean Jacques Rousseau, der nach eingehendem Studium der Eröffnungstheorie schlechter spielte als vorher. Unser Schachfreund Stean wiederum hatte seine Schachaufgaben in aller Regel gut erledigt. Im heutigen Rätsel der Sphinx hatte sein Kollege Nunn mit 1.Dg3-h3+? Dc5-f5 2.Dh3-e3+ Df5-e5 nur ein Remis gegen ihn erzielen können. Ein halbes Jahr später hatte Stean, diesmal als Weißer, die Möglichkeit, Nunns Fehlzug zu verbessern. Also, Wanderer, welche Fortsetzung hatte Stean in der Zwischenzeit im Schmelztiegel der Analyse gefunden?



SCHACH-SPHINX/06502: Lob oder giftiger Pfeil? (SB)

Stean - Ungureanu
Natanya 1976

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Mit 1.b2-b4!! lockte Rossolimo eine schwarze Verteidigungsfigur aus der Gefahrenzone um den schwarzen König weg. So wäre nun auf 1...Da5- g5 2.Sd4xe6 f7xe6 - 2...Dg5xf6 3.Se6xc7+ Sc6-e5 4.Sc7-d5+ - 3.Dd1-d7+ Ke7xf6 4.Te1xe6+ Kf6-f5 5.Te6xc6+ mit Vernichtung gefolgt. Prins biß in den sauren Apfel und spielte 1...Sc6xb4, mußte sich freilich nicht minder düpiert geschlagen geben, als er nach 2.Sd4xe6 Ke7xf6 3.Dd1-d4+ Kf6-g6 4.Dd4xh8 Sb4xc2 5.Se6xf8+ Ta8xf8 6.Dh8xf8 Sc2xe1 7.Df8-g8+ Kg6- f6 8.Dg8-d8+ Kf6-g7 9.Dd8-d1 auch noch den Springer verlor.


Erstveröffentlichung am 16. März 2005

12. März 2018


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