Auch Michael Botwinnik mußte in seiner frühen Karriere manch herzbeklemmende Partie durchstehen. 18 Jahre vor seiner Krönung zum Weltmeister, zu einer Zeit, als er sich mühsam seinen Weg bahnte durch das seinerzeit noch vergleichsweise unerforschte Terrain der Eröffnungstheorie, spielte er mit den weißen Steinen gegen die Nimzoindische Verteidigung. Der Führer der schwarzen Figuren, Miasoedow, mag in einer ähnlichen Lage gewesen sein wie Botwinnik. Heutzutage schüttelt man die Hauptvarianten sozusagen aus dem Ärmel, doch damals lauerte hinter jedem Zug noch ein dichtes Buschwerk mit verborgenen Gefahren. Botwinnik geriet denn auch in einen wüsten Angriff. Sein König wurde über f2 nach e3, dann weiter nach d3 und schließlich nach c2 gescheucht. Sein einziger Trumpf in diesem Durcheinander war die von Schwerfiguren besetzte g-Linie und der grimmig nach g7 dreinschauende Damenläufer auf b2. Kannst du dir vorstellen, Wanderer, daß die Stellung im heutigen Rätsel der Sphinx mit Schwarz am Zuge nach einer Explosion von Donnerschlägen ganz friedlich in einem Remis endete?
Botwinnik - Miasoedow
Leningrad 1930
Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Spasski nahm den weißen König mit 1...Sc6-b4! ins Visier. Da neben dem
Schachmatt auf c2 auch 2...Ld4xc3 drohte, mußte Timman den Springer
nehmen und damit die a-Linie für die schwarzen Türme öffnen: 2.a3xb4
a5xb4 3.Sc3-a4 Tb7-a7 4.Dh3-b3 c5-c4 5.Db3-a2 Tb8-a8 6.e4xf5 Ta8xa4!
und Weiß gab auf.
Erstveröffentlichung am 3. Dezember 2005
2. Dezember 2018
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