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SCHACH-SPHINX/06829: Schwielen im Kopf (SB)


Einer der wichtigsten Lernschritte im Entwicklungsprozeß eines Schachspielers, vielleicht sogar der wichtigste überhaupt, ist die Ernüchterung. In seinen Jugendträumen schwärmte jeder Schachspieler einmal davon, die Partie seines Lebens zu spielen, ja mit glänzenden Opferattacken, genial tiefen Zügen, noch nie Dagewesenes hinzuzaubern. In jeder Partie suchte er nach diesem Wink der Götter, überall sah er das Geheimnis verborgen, und so verlor er viele Jahre auf der Suche nach der Unsterblichen Partie, der Immergrünen, Sphärengleichen. Darüber versäumte er es, das Handwerkliche zu lernen, die ganz stupide, nervtötende Arbeit an der eigenen Unzulänglichkeit. Mancher macht diesen Schritt nie und verharrt im Träumen. Das Studium der Schachkunst bedeutet Schweiß, Schwielen im Kopf und immer wieder das Ausbessern der fehlerhaften Konzepte. Eine Wahrheit gibt es nicht, und auch die Inspiration ist kein Geschenk von außerhalb, sondern wird im Inneren geschaffen. Dies einmal begriffen, und dann ist jede Partie immergrün, unsterblich, ein Stück innerer Sphäre. Im heutigen Rätsel der Sphinx suchte Stefan Kindermann erst gar nicht nach dem weltenerschütternden Zug, sondern fand auf dem harten Boden der Logik schlichtweg den weißen Gewinnweg, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/06829: Schwielen im Kopf (SB)

Kindermann - Yermolinsky
Groningen 1997

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Mit 1.De8-d8! schnitt Peter Swidler dem weltmeisterlichen König den Fluchtweg ab. Garry Kasparow verteidigte sich noch zäh, aber nach 1...Dh3-f5 2.Tf1-e1+ Lf6-e5 3.Dd8-b8 stand er mit dem Rücken zur Wand, und angesichts der Drohung 4.Te1xe5+! Df5xe5 5.Tg2-g6+ Ke6-f5 6.Tg6- g5+! mit Damenfang sah er keinen anderen Ausweg als die Aufgabe der Partie.


Erstveröffentlichung am 6. Februar 2006

5. Februar 2019


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