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SCHACH-SPHINX/06900: Ratschlag eines Scharlatans (SB)


Scharlatane, so nannte man früher Menschen, die rasch wieder weiterziehen mußten, nachdem sie ihre Rezepte und Allheilmittel an den Mann gebracht, also für ein billiges Entgelt verkauft hatten. Mit der Zeit und über die Jahrhunderte wurden die Scharlatane jedoch seßhaft und, wie manche behaupten, gar ehrbar. Gerade unter das Schreibervolk mischten sie sich besonders hartnäckig, und keiner dieser Wurzelschlagenden hatte eine Kunst wie das Schachspiel in größerem Ausmaße geplagt und heimgesucht wie Franz Gutmayer. Aus seinen Publikationen, mit denen er die Leserschaft in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts traktierte, entnehmen wir folgenden ungemein aufschlußreichen Rat: "Mache immer den notwendigen Zug, suche mir diesen in der Stellung, nicht den schönen, den starken, den korrekten Zug, und deine Sache steht gut. Notwendig wozu? - Notwendig, um eine Machtstellung festzuhalten oder zu verstärken, zu erhöhen, auf die höchste Spitze zu treiben. Aber wie diesen a-propos-Zug, diesen rechtzeitigen Zug finden? - Dazu ist vor allem eine klare, tiefe Einsicht nötig in die kausalen Verkettungen und Verknotungen der Dinge am Brette. Diese allein befähigt dazu, die in jeder Stellung verpuppt, verkrochen, verborgen und eingesponnen liegenden Motive zum Handeln schnell und scharf zu sehen." Wann je drehte sich ein Mensch schneller im eigenen Zirkelkreise! Man findet den richtigen Zug also dadurch, daß man befähigt ist, ihn zu finden. Ein hübscher Trost für einen Lernenden! Nun denn, zurück zum heutigen Rätsel der Sphinx und damit zur Frage, wie es Schwarz gelang, den weißen Eckensteher-König zur Aufgabe zu zwingen, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/06900: Ratschlag eines Scharlatans (SB)

Krantz - Kaluchin
Fernpartie 1982

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Es müssen nicht immer Gitterstäbe einen Kerker bilden. Nach 1.Dd3-b5? wechselte Weiß nur die Gefängniszelle, denn sein Kontrahent schloß ihn mit 1...De8-e6! in ein neues Verlies ein. 2.Ld5xe6 hätte eine Figur gekostet, also spielte Weiß 2.g3-g4, in der Hoffnung, seinem König einen Fluchtweg zu öffnen. Der Traum zerstob allerdings nach 2...Sh5xf4! Weiß gab auf, da er nach 3.Ld5xe6 Td7xd1+ 4.Kg1-h2 Td1-h1+ 5.Kh2-g3 Th1xh3+ 6.Kg3xf4 Th3-f3+ 7.Kf4-g5 h7-h6+ 8.Kg5-h4 g6-g5+ 9.Kh4-h5 Tf3-h3# Matt gesetzt worden wäre.


Erstveröffentlichung am 18. April 2006

17. April 2019


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