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SCHACH-SPHINX/07010: Herrschaft der Androiden (SB)


So erstaunlich neu war die Erfindung des Barons Wolfgang von Kempelen (1734-1804), eines Adligen am Hofe der österreichischen Regentin Maria Theresia, nun nicht. Die Spielzeugmacherkunst stand schon zu Beginn jenes Jahrhunderts in hoher Blüte. Man denke nur an die noch heute im Musée d'Art et d'Histoire in Neuchâtel zu begutachtenden drei Androiden - ein schreibendes und ein hübsch zeichnendes Kind sowie eine klavierspielende Dame -, die vom Schweizer Pierre Jacquet-Droz und seinem Sohn Henri-Louis konstruiert wurden und seinerzeit für viel Aufsehen sorgten. Kempelens schachspielender Türke erregte gewiß das Interesse der Leute, zumal der gebildeten Stände und des Gelehrtentums, weil hier plötzlich die Frage nach dem Denken und seiner mechanischen Vorstellungen neu aufgeworfen und erörtert wurde. Es hat durchaus Professoren gegeben, welche die felsenfeste Überzeugung hegten, daß der Automat echt sei und in Wirklichkeit die Züge ersinne, und kein im Inneren versteckter Mensch. Der Automat vertrug sich eben mit ihren Anschauungen von einer in Mechanik umsetzbaren Denkleistung aufs beste. Schließlich arbeiteten die Maschinen - Denkprodukte des Menschen - nach denselben Gesetzmäßigkeiten. Und heutzutage sieht es im Grunde nicht anders aus. Die Frage nach dem Denken wird oft zum Vorwand genommen, die Ingenieurswissenschaften und deren mechanisches Weltbild zur Grundachse aller Erkenntnisfähigkeit zu erheben. Man mag sich dazu stellen, wie man will, und doch taucht die Frage auf, ob der Schachtürke wohl das heutige Rätsel der Sphinx lösen könnte. Weiß besitzt eine starke Angriffsstellung. Es fehlt nur noch der "geistreiche" Funke, Wanderer.



SCHACH-SPHINX/07010: Herrschaft der Androiden (SB)

Munro - Corlett
Fernpartie 1975

Auflösung des letzten Sphinx-Rätsels:
Mit Blindheit geschlagen war Weiß jedenfalls nicht, und auch die nötige Menge Blutes zirkulierte in seinem Kopfe, so daß er leicht den folgenden Angriff punktgenau inszenieren konnte: 1.Sf4xg6!! h4xg3 2.h2xg3 Lf8-g7 - 2...f7xg6 3.Lg2xd5+ nebst 4.Ld5xb7 - 3.Sg6-f4 Ta8-b8 4.Lg2xd5 Dd8-c7 5.Dc2-a4! b7-b5 6.Tb1xb5 Lc8-d7 7.Da4xa5 Tb8-c8 8.Tb5- b6 Lg7-e5 - 8...Lg7xc3 9.Da5xc3 Dc7xb6 10.Ld5xf7+ - 9.Da5-a6 und Schwarz gab auf.


Erstveröffentlichung am 7. August 2006

27. August 2019


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