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BERICHT/058: Ältere türkische Migranten sind in Deutschland mehrheitlich gut integriert (idw)


Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt - 21.10.2009

ZFG-Studie: Ältere türkische Migranten sind in Deutschland mehrheitlich gut integriert


Die soziale Lage und das Wohlbefinden älterer türkischer Migrantinnen und Migranten untersuchte das Zentralinstitut für Ehe und Familie in der Gesellschaft (ZFG) der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt in einer vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung beauftragten Studie. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass türkische Migrantinnen und Migranten über 50 Jahre mehrheitlich gut in Deutschland integriert sind und sich hier wohlfühlen.

Die repräsentativen Ergebnisse basieren auf einer Zusatzbefragung zum "Generations and Gender Survey", einer international vergleichenden Bevölkerungsumfrage, die 2006 in Deutschland von TNS Infratest im Auftrag des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung durchgeführt wurde. Zur besseren Einschätzung und Bewertung der Ergebnisse wurden die Daten vom ZFG mit den entsprechenden Werten von deutschen Befragten ohne Migrationsbiographie aus der Hauptbefragung des GGS verglichen.

In der Phase des Wirtschaftswunders wurde der Arbeitskräftebedarf in erheblichem Umfang durch Arbeitnehmer aus der Türkei gedeckt. Ein Teil von ihnen fand bereits vor vielen Jahren seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland. Diese "erste" Generation türkischer Migrantinnen und Migranten weist Besonderheiten bezüglich der regionalen Herkunft, der Schulbildung sowie der Zuwanderungs- und Erwerbsbiographie auf. Das ZFG schließt mit seiner Untersuchung eine Lücke, denn die soziale Lage und das Wohlbefinden dieser Bevölkerungsgruppe wurden bislang kaum empirisch untersucht. Autoren der Studie sind ZFG-Direktor Prof. Dr. Jörg Althammer sowie die Sozialwissenschaftlerinnen Sandra Hubert und Canan Korucu-Rieger.

"Das familiäre Netzwerk federt die im Vergleich zu Deutschen ohne Migrationshintergrund schlechtere finanzielle Situation der befragten Migrantinnen und Migranten stark ab. Die gegenseitigen Unterstützungsleistungen zwischen den Generationen ist intensiv, was sich z. B. an einer häufigen Betreuung der Enkelkinder durch ihre Großeltern, insbesondere die Großväter, zeigt", erklärt Sandra Hubert.

Fast 40 Prozent der männlichen Migranten seien als bilingual einzustufen, d.h. sie verfügten sowohl über gute oder sehr gute deutsche und türkische Sprachkompetenzen. Unter den weiblichen Migranten seien es nur 30 Prozent.

Die Studie weise allerdings auch auf einige spezifische Problemlagen hin, die sich auf die damalige Anwerbepraxis von Gastarbeitern zurückführen lassen. So verfügten die älteren Migrantinnen und Migranten über eine sehr geringe formale Qualifikation. Sie seien aufgrund dessen häufiger von Erwerbsunterbrechungen und Armut betroffen. "Vor diesem Hintergrund ist es auffallend, dass der eigene Gesundheitszustand von den älteren Migranten subjektiv als nur wenig schlechter eingeschätzt wird als von den älteren Deutschen. Weitergehende Analysen ergaben, dass die Gesundheit durch einen geringen Integrationsgrad, finanzielle Schwierigkeiten und Vereinsamung beeinträchtigt wird", erläutert die Sozialwissenschaftlerin. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang sei die Tatsache, dass Migranten, die keiner Erwerbstätigkeit nachgingen, ihren Gesundheitszustand als etwas schlechter beurteilten als Migranten, die körperlich überwiegend schweren und in vielen Fällen gesundheitsbeeinträchtigenden Tätigkeiten als Arbeiter nachgingen. Dies weise auf eine migrationsspezifische, möglicherweise psychische Belastungskomponente hin.

Das Fazit der Autoren: "Insgesamt zeigt sich, dass die Bevölkerungsgruppe der älteren türkischen Migrantinnen und Migranten nicht homogen ist: Während eine leichte Mehrheit von 57 Prozent die Werte und Normen Deutschlands akzeptiert, eine etwas höhere formale Qualifikation sowie bessere Sprach- und Schreibkompetenzen aufweist, lebt die - häufig weibliche -Minderheit eher separiert. Sie steht den Werten und Normen distanzierter gegenüber und besitzt geringere Kompetenzen." Unter dieser Minderheit seien häufiger Migranten zu finden, die niemals erwerbstätig waren. Damit zeige sich, dass Erwerbstätigkeit und Bildung die Integration erkennbar fördern.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution105


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt,
Dipl.-Journ. Constantin Schulte Strathaus, 21.10.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Oktober 2009