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MELDUNG/412: Auftakt zur Berufungsverhandlung gegen Jürgen Brähmer (SB)



Weltmeister beteuert vor dem Schweriner Landgericht seine Unschuld

Jürgen Brähmer, der bei der Hamburger Universum Box-Promotion unter Vertrag steht, ist Weltmeister der World Boxing Organization (WBO) im Halbschwergewicht. Am 7. Januar wollte er gegen WBA-Champion Beibut Schumenow antreten, um die Titel der beiden Verbände zusammenzuführen. Da sich der Schweriner jedoch in Kasachstan eine akute Magendarmerkrankung zuzog, mußte er den Kampf kurzfristig absagen und unverrichteter Dinge nach Deutschland zurückkehren. Nun plant der 32jährige am 21. Mai eine Titelverteidigung gegen den walisischen Pflichtherausforderer Nathan Cleverley, die möglicherweise in der Londoner Wembley-Arena ausgetragen wird. Während der wesentlich erfahrenere Weltmeister 38 Profikämpfe gewonnen und zwei verloren hat, stehen für den ungeschlagenen Waliser 21 siegreiche Auftritte zu Buche. Der letzte Auftritt Brähmers liegt fast ein Jahr zurück: Im April 2010 hatte er in Hamburg den Argentinier Mariano Nicolas Plotinsky vorzeitig besiegt.

Beeinträchtigt wird die Vorbereitung des Weltmeisters auf den kommenden Kampf derzeit durch seine Berufungsverhandlung vor dem Schweriner Landgericht. Zum Auftakt hat Jürgen Brähmer gestern seine Unschuld beteuert und in einer von seinem Anwalt verlesenen Erklärung deutlich gemacht, daß er mit einem Freispruch rechnet. Im Januar 2010 war der 32jährige vom Amtsgericht Schwerin wegen Körperverletzung und Beleidigung in erster Instanz zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten ohne Bewährung verurteilt worden.

Das Gericht hatte es nach viermonatigem Prozeß als erwiesen angesehen, daß Brähmer im Mai 2008 den Betreiber einer Bar mit Fausthieben verletzt und im September 2008 in einer Schweriner Diskothek eine Frau beschimpft und ihr mit dem Handrücken ins Gesicht geschlagen habe. Da Brähmer zum Zeitpunkt der gegen ihn erhobenen Vorwürfe unter einer noch laufenden Bewährung stand, setzte der Amtsrichter die Strafe nicht zur Bewährung aus.

Brähmer selbst hatte sich in dem Prozeß, der über zwölf Verhandlungstage ging, nicht geäußert. Die Verteidigung pädierte auf Freispruch, weil sich ihrer Meinung nach die Vorwürfe nicht bestätigt hatten, und focht das Urteil an. Sie begründete den Antrag mit neuem Beweismaterial, das die Hauptbelastungszeugin betrifft, die im laufenden Verfahren Nebenklägerin ist und an einem späteren Prozeßtag vernommen werden soll. Die Gutachten der Mediziner zu den Verletzungen der Frau hatten sich in der ersten Instanz zum Teil widersprochen. Die Verteidigung hat eigenen Angaben zufolge auf Grundlage eigener Ermittlungen bereits im Sommer Anzeige wegen mehrfachen Betruges gegen die Frau erstattet.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Strafe von einem Jahr und sechs Monaten gefordert und das Urteil ihrerseits angefochten, weil dem Gericht bei der Bildung der Gesamtstrafe ein Fehler unterlaufen war. Auch nach Auffassung der Staatsanwaltschaft geht es in dem Verfahren um die Glaubwürdigkeit von Belastungs- und Entlastungszeugen. So sollen im Prozeß unter anderem drei Staatsanwälte, mehrere Polizeibeamte und sachverständige Ärzte gehört werden.

Der Prozeß ist vorerst bis zum 30. März anberaumt, doch geht man von einer längeren Dauer aus. Wegen des geplanten Auftritts des Weltmeisters am 21. Mai in London hatte die Verteidigung angesichts des engen Zeitplans zu Prozeßbeginn beantragt, die Verhandlung auszusetzen und später neu zu terminieren. Darüber will das Gericht bis zum nächsten Verhandlungstag entscheiden. Die Hauptverhandlung wird in der kommenden Woche fortgesetzt. Sollte der Schweriner erneut verurteilt werden, wovon jedoch nicht auszugehen ist, könnte dies das Ende seiner sportlichen Karriere bedeuten. Mit einem Urteil ist nicht vor Ende des Monats zu rechnen.

10. März 2011