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MELDUNG/552: Slowene Jan Zaveck scheut die Höhle des Löwen nicht (SB)



Weltmeister verteidigt den Gürtel gegen Andre Berto in den USA

Wenn US-amerikanische Boxer vorhalten, man könne in Europa nicht nach Punkten gewinnen, so könnte man dieselbe weit verbreitete Ungleichbehandlung auch im umgekehrten Fall geltend machen. Soweit es sich dabei um ein systemisch zu nennendes Phänomen handelt, hängt diese Dauerfehde mit der traditionell unterschiedlichen Ausrichtung der jeweils favorisierten und entsprechend von den Punktrichtern honorierten Kampfesweise zusammen. Das europäische Profiboxen weist eine engere Verwandtschaft mit der im Amateurbereich gültigen Zählung von Wertungstreffern auf. Hingegen neigen US-amerikanische Kampfgerichte dazu, eine größere Aktivität und den Versuch, eine finale Entscheidung herbeizuführen, positiv in die Punktzettel einfließen zu lassen.

Der Slowene Jan Zaveck, Weltmeister der IBF im Weltergewicht, wagt dennoch die Reise über den Großen Teich, um seinen Titel in den USA zu verteidigen. Er trifft am 3. September in Biloxi im US-Bundesstaat Mississippi auf den früheren Champion Andre Berto, der sich auf diesem Wege nach seiner Niederlage gegen Victor Ortiz umgehend einen anderen Gürtel sichern möchte. Der 35 Jahre Titelverteidiger aus dem Magdeburger Boxstall Promoter Ulf Steinforths (SES) hat bislang 31 Kämpfe gewonnen und nur einen verloren. Er ist seit 2009 Weltmeister und hat seinen Gürtel seither dreimal erfolgreich verteidigt, zuletzt vor 11.000 Zuschauern in der Sportpark Arena von Ljubljana gegen Paul Delgado aus den USA, der sich in der fünften Runde geschlagen geben mußte.

Andre Bertos Bilanz sieht mit 27 Siegen und einer Niederlage ähnlich aus, wobei der US-Amerikaner Anfang des Jahres noch hinter den Superstars Manny Pacquiao von den Philippinen und Floyd Mayweather jun. aus den USA als drittbester Boxer der Gewichtsklasse galt. Er hatte den WBC-Titel zwischen 2008 und 2010 fünfmal erfolgreich verteidigt, doch fand er Mitte April in Victor Ortiz seinen Meister, der ihn in einem ebenso hochklassigen wie turbulenten Kampf besiegte.

Daher gilt Jan Zaveck, obgleich er als Titelverteidiger in den Ring steigt, als Außenseiter gegen Andre Berto, der überdies vom Heimvorteil begünstigt wird. Im Unterschied zu vielen anderen europäischen Weltmeistern ist der Slowene bereit, dieses Wagnis einzugehen. Um die eigenen Grenzen zu überschreiten, müsse man sein Glück und den Erfolg auf die Probe stellen, argumentiert Zaveck. Sollte er nicht gut genug sein, den Titel an jedem Ort zu verteidigen, stehe ihm der Gürtel nicht zu. Obgleich es wesentlich einfacher wäre, den Titel zu Hause zu verteidigen, sei das eben nicht seine Art. Er wolle die Trophäe nicht in Europa verstecken.

Zudem sei ihm auch in der Fremde nicht bange, da ihn einige treue Fans auf der Reise nach Biloxi begleiteten. Darüber freue er sich sehr, zumal er eine tiefe Verbundenheit mit ihnen empfinde, die zu erklären ihm die Worte fehlten. Er brauche sie, sie brauchten ihn, zusammen sei man ein unschlagbares Team. Er nehme sich immer Zeit für die Fans, denn gemeinsam mit ihnen durchlebe er während seiner Kämpfe unvergeßliche Augenblicke.


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Lucian Bute muß sich einen neuen Gegner suchen

Lucian Bute ist auf der Suche nach einem neuen Gegner. Der Champion der IBF im Supermittelgewicht schien sich noch vor kurzem kaum vor hochkarätigen Anwärtern retten zu können, die ihm die Bude einrennen wollten. Nach den Absagen von Mikkel Kessler und Kelly Pavlik stellt sich die Situation jedoch schon erheblich anders dar. Pavlik hatte ursprünglich mit dem Sender Showtime vereinbart, für einen Börse von 50.000 Dollar Anfang August einen Aufbaukampf gegen seinen Landsmann Darryl Cunningham auszutragen, um dann im Herbst für 1,35 Millionen Dollar mit Bute in den Ring zu steigen. Da Pavlik jedoch der Fehlinformation aufsaß, der in Kanada lebende Rumäne habe dem Dänen Mikkel Kessler eine wesentlich höhere Gage von 3,5 Millionen Dollar angeboten, zog er die Zusage für beide Kämpfe zurück.

Damit schnitt er sich jedoch ins eigene Fleisch, denn wie sich herausstellte, sollte Kessler nur 750.000 Dollar zuzüglich einer Prämie von Showtime sowie sämtlichen Einnahmen aus dem dänischen Fernsehen erhalten. Für den Exweltmeister und seinen Promoter Sauerland war die vergleichsweise geringe Garantiebörse das Risiko nicht wert, weshalb man beschloß, einer Herausforderung des WBO-Weltmeisters Robert Stieglitz aus dem SES-Boxstall den Vorzug zu geben.

Diese Entwicklung stellt den in 29 Profikämpfen ungeschlagenen Lucien Bute vor das Problem, für seinen nächsten Auftritt im November namhaften Ersatz zu finden. Als mögliche Herausforderer werden derzeit der Russe Dimitri Pirog, der Jamaikaner Glen Johnson sowie Andre Dirrell aus den USA genannt. Pirog ist WBO-Weltmeister im Mittelgewicht und kann mit einer makellosen Bilanz von 18 Siegen aufwarten. Allerdings plant er für den 24. September eine Titelverteidigung gegen den Pflichtherausforderer Gennadi Martirosian, so daß ihm kaum genug Zeit für eine angemessene Vorbereitung auf einen Kampf gegen Bute im November bliebe.

Das verbessert die Aussichten der beiden anderen Kandidaten, die Gelegenheit zum Titelkampf zu bekommen. Glen Johnson, der mit Bute befreundet ist und ihn schon mehrmals im Trainingslager unterstützt hat, würde gern gegen ihn antreten. Zuletzt nahm der Jamaikaner am Super-Six-Turnier teil, bei dem er im Halbfinale an dem Briten Carl Froch scheiterte. Auch der 27jährige Andre Dirrell hatte am Turnier teilgenommen, nach seinem Sieg durch Disqualifikation gegen Arthur Abraham jedoch einen Rückzieher gemacht, dessen genannte Motive zu Zweifeln Anlaß gaben. Er trifft im September wahrscheinlich auf Sebastian Demers, den zu besiegen ihm nicht so schwerfallen dürfte, daß ein Kampf gegen Bute drei Monate später nicht in Frage käme.

12. August 2011